Wie kommt man – besonders als KMU – an die Fördergelder aus dem Förderprogramm TTP-LB, das 2020 gestartet ist? Welche Unterlagen müssen wo und wie eingereicht werden? Bis wann sind die Unterlagen einzureichen? Welche Kriterien entscheiden über die Vergabe? Wie hoch sind die Förderquoten? Wir bringen Licht ins „Förderdunkel“…
Im Januar hat das BMWi seine „Leichtbaustrategie für Deutschland“ als Rahmen für das Förderprogramm TTP-LB vorgestellt. Diese Strategie ist das Ergebnis eines seit zwei Jahren andauernden Prozesses, den wir für Leichtbauwelt zum Teil sogar selbst begleiten konnten. Viele Experten unterschiedlicher Branchen haben in einem strukturierten Prozess Bedürfnisse und Bedarfe zusammengetragen, kurz- und langfristige Herausforderungen skizziert und konkrete Anforderungen an die Politik formuliert.
Über das TTP-LB, das Technologietransfer-Programm Leichtbau haben wir hier auf Leichtbauwelt schon einiges berichtet. Der Leichtbau wird von der Politik eindeutig als Game-Changer-Technologie für die anstehenden Herausforderungen des Klimaschutzes identifiziert.
„Für die deutsche und die europäische Wirtschaft muss es das Ziel sein, für neue und insbesondere Game-Changer-Technologien nicht nur Leitmarkt, sondern auch Leitanbieter zu sein.“
Industriestrategie 2030 des BMWi
Dazu braucht das Land die Innovationskraft der kleinen und mittleren Unternehmen, ja selbst der Start-ups und Kleinstunternehmen, durch deren Kreativität die Leichtbau-Technologien entscheidend mitgeprägt werden. Aus diesem Grund wurde das Förderprogramm Leichtbau niederschwellig aufgelegt und die Gelder werden nach Bekundes des BMWi auch effizient und schnell ausgezahlt.
„Nach unserem Anspruch ist dieses Förderprogramm ein Schnellboot unter den Förderprogrammen für die Industrie.“
Werner Loscheider, BMWi
Das TTP-LB stellt eine Fördersumme von etwa 70 Mio. € pro Jahr mindestens bis einschließlich 2023 bereit. Stichtage für die Anträge sind jeweils der 01.04. und der 01.10. eines Jahres. Beim TTP LB handelt es sich um ein langfristig angelegtes Förderprogramm, das auf eine nachhaltige und vermarktbare Technologieentwicklung zielt. Ansprechpartner für das Förderprogramm ist der Projektträger Jülich.
Ratsam ist vor der Einreichung bei Fragen zunächst den telefonischen Kontakt zu suchen, beim Projektträger beantwortet man diese gerne: Tel. 030/20199-3622 oder per Mail
Anmerkung der Redaktion: Die Antworten im Folgenden sind nach bestem Wissen zusammengestellt – eine Gewährleistung jedweder Art schließe ich jedoch aus. Bei Unklarheiten wenden Sie sich bitte direkt an den Projektträger oder das Bundeswirtschaftsministerium.
1. Wer wird gefördert?
Das Förderprogramm selbst steht Unternehmen aus der Industrie – nach OECD-Definition von klein bis groß – sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen, ja selbst Freiberuflern offen, jedoch liegt der Fokus klar auf der industriellen Förderung von Technologien. Eine Betriebsstätte oder Niederlassung in Deutschland ist Pflicht.
2. Was wird gefördert?
Das TTP-LB umfasst fünf Förderlinien.
- Die Technologieentwicklung zur Stärkung der deutschen Wirtschaft im Leichtbau
- CO2-Einsparung und -Bindung durch den Einsatz neuer Konstruktionstechniken
- CO2-Einsparung durch Ressourceneffizienz und -substitution im Leichtbau
- Demonstrationsvorhaben
- Standardisierung
Wichtig dabei ist, dass sich Projekte für die Förderlinien 4 und 5 einer der Förderlinien 1 bis 3 thematisch zuordnen lassen müssen. Das klingt nun erstmal ziemlich theoretisch. Doch im Grunde stecken hinter diesen Förderlinien viele praxisrelevante Entwicklungen. Projekte, die eine Förderung aus der ersten Förderlinie beantragen wollen, sollten sich in den folgenden Themen wiederfinden.
Förderlinie 1: Die Technologieentwicklung zur Stärkung der deutschen Wirtschaft im Leichtbau
Digitalisierung und Automatisierung
Hierunter fallen beispielsweise die simulationsgestützte Entwicklung, durchgängig digitalisierte und automatisierte Prozessketten sowie systematische Anästze zur Bewertung der Technologie.
DAS ZIEL: vollständig digitalisierte und automatisierte Prozessketten zu schaffen
Nachhaltigkeit und Recycling
Hierunter fallen beispielsweise Ansätze zur Integration der LCA in die Produktentwicklung sowie die Entwicklung effizienterer Verfahren für hochwertiges Recycling
DAS ZIEL: LCA-Methoden und -Daten zu entwickeln und zu standardisieren; Ganzheitliche Bilanzierungsansätze zu finden und neue Recyclingkonzepte und -technologien zu entwickeln
Innovative Konstruktionsprinzipien
Hierunter fallen beispielsweise neue Konstruktionsprinzipien oder funktionsintegrierender Leichtbau und Systemlösungen
DAS ZIEL: Bauteiloptimierung, Serientauglichkeit, Optimierung des Fertigungsaufwands
Förderline 2: CO2-Einsparung und -Bindung durch den Einsatz neuer Konstruktionstechniken
In dieser Förderlinie geht es um Konstruktion und Werkstoffe, die helfen sollen, CO2 einzusparen oder gar vor ihrer Verarbeitung zu binden. Förderungsfähig sind beispielsweise neue Konstruktionstechniken und -verfahren sowie neue Materialien.
Förderline 3: CO2-Einsparung durch Ressourceneffizienz und -substitution
Hier befinden wir uns mitten im Kernthema des Leichtbaus. Als Themen werden hier akzeptiert:
- Verfahren zur Einsparung von Ressourcen (Design)
- Verfahren zur vermehrten Nutzung bionischer Strukturen
- das mehrmalige Verwenden von Ressourcen und die Substitution von treibhausgas-intensiven Ressourcen.
Projekte aus dieser Föderlinie sollten dazu beitragen, Treibhausgas-Emissionen zu vermindern und entsprechend Treibhausgas-emittierende Ressourcen zu vermeiden.
Förderline 4 und 5: Demonstrationsvorhaben und Standardisierung
Unter der Rubrik Demonstrationsvorhaben sind Einzel- und Verbundprojekte, die eine Technologie im industrieorientierten Umfeld testen ebenso förderfähig wie Pilotanlagen, die den realen Einsatz eines System-Prototyps demonstrieren (Up-Scaling). Ziel der Projekte sollte sein, Akzeptanz und Vertrauen zu schaffen, um eine Umsetzung in anderen Unternehmen anzustoßen und regulatorisches Lernen zu ermöglichen.
Der Bereich Standardisierung ist etwas weiter gefasst. Hier sind im Detail förderfähig
- Projekte zur Standardisierung von (hybriden) Materialien und Technologien
- Entwicklung von standardisierten Mess- und Prüfmethoden für Materialien und für die Automatisierung von Prozessen
- Datenerhebung, -prüfung, -bereitstellung in den entsprechenden Datenbanken und
- vorbereitende Aktivitäten für Normen, Standardisierung und Konformitätsbewertungsverfahren
Ziel der Projekte, für die Förderung beantragt wird, sollte ein qualitätsgesicherter Einsatz oder Transfer von Leichtbau sein.
3. Wie muss ein förderfähiges Projekt strukturiert sein?
Gefördert werden Einzel- und Verbundprojekte. Bei letzteren ist eine Beteiligung ausländischer Unternehmen ohne Betriebsstätte möglich, am besten als assoziierter Partner. Eine Beteiligung von KMU im Verbund ist nicht Pflicht, aber ausdrücklich erwünscht. Der KMU-Status wird nach EU-Kriterien definiert.
4. Welche Kosten sind förderfähig?
Grundlage der Förderung ist wie bei vielen Förderprogrammen die AGVO, die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung. Sie regelt, welche Beihilfen an Unternehmen wann gezahlt werden dürfen, ohne eigens bei der EU-Komission angmeldet werden zu müssen. Hintergrund ist das generelle Subventionsverbot in der EU.
Im TTP-LB sind die förderfähigen Kosten in den Artikeln 25 bis 29 enthalten (siehe Bildergalerie). Nicht berücksichtigt werden Kosten aus Art. 25 a (Grundlagenforschung) sowie Art. 28c.
5. Wie hoch ist die mögliche Förderquote?
Diese wird, so der Projektträger, partnerspezifisch ermittelt. Das bedeutet, dass es keine Verbundförderquote gibt. Festgelegt wird die Förderquote auf Basis des Antrags. Projektträger und BMWi berücksichtigen dabei die Wirtschaftskraft des Unternehmens, das wissenschaftlich -technische Risiko, die Marktnähe und die Verwertungsmöglichkeiten der Ergebnisse.
Das TTP-LB zielt auf Projekte mit einem Reifegrad zwischen TRL 5 und 8. Die Förderhöchstsätze liegen deshalb für
- große Unternehmen bei 25%
- mittlere Unternehmen bei 35%
- kleine Unternehmen bei 45%
Ist im Verbund mindestens ein KMU beteiligt, erhöhen sich diese Sätze auf maximal 50%, denn nach BMWi-Grundsätzen wird von beantragenden Unternehmen grundsätzlich eine Eigenbeteiligung von mindestens 50% an den förderfähigen Kosten vorausgesetzt.
Andere Sätze gelten für Forschungseinrichtungen:
- außeruniversitäre Forschungseinrichtungen auf Kostenbasis: bis 80% der Kosten, aber im Antrag ist eine Darstellung der Finanzierung notwendig.
- Für Hochschulen und andere Einrichtungen im nichtwirtschaftlichen Bereich sind 100% der Ausgaben förderfähig
6. Wie beantragt man die Fördergelder?
Grundsätzlich handelt es sich um ein sogenanntes zweistufiges Verfahren. Die erste Stufe ist eine sogenannte Projektskizze. Diese kann jährlich zu den Stichtagen 01.04. und 01.10. vom Projektkoordinator online eingereicht werden.
Nach dem Bestätigen der Formalien ist der erste Schritt, eine der oben beschriebenen Förderlinien auszuwählen. Danach wird das Formular erstellt und kann ausgefüllt werden. Wichtig: nach Beendigung einer Sitzung oder nach Ablauf von 60 Minuten ohne Aktivität werden alle temporären Daten gelöscht. Der Einreichende ist, so das BMWi, daher selbst für die lokale Speicherung und Sicherung seiner Daten verantwortlich.
Eine Vorlage für eine Projektskizze stellt das BMWi als pdf-Download bereit. Der Umfang derselben ist überschaubar, erwartet werden maximal 15 Seiten inklusive Titelblatt. Die blau gesetzten Textteile sind Empfehlungen aber nicht bindend. Sinnvoll ist, die Formatvorgaben nicht wesentlich zu verändern. Gern gesehen sind nachvollziehbare prägnante Aussagen in Form von Tabellen, Abbildungen und Aufzählungen. Die Anlagen sollten lediglich ein Literaturverzeichnis, einen Letter of Intent oder ähnliches enthalten. Als pdf kann die Projektskizze dann mit dem Formular hochgeladen werden.
7. Welche Bewertungskriterien sind entscheidend?
Bewertet wird die Förderfähigkeit eines Projekts nach den veröffentlichten Kriterien:
- Beitrag zu den übergeordneten förderpolitischen Zielen des TTP LB
- Beitrag zu den speziellen Zielen der Programmlinie
- fachlicher Bezug zu der Förderbekanntmachung
- Arbeitsziel und Realisierungschancen
- Qualifikation und Expertise der Skizzeneinreicher/Antragsteller
- Arbeitsplan
- Verwertungsplan
- Zuwendungsfähigkeit und Angemessenheit der Förderung

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft, überzeugter Leichtbau-Fan.
Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de habe ich 2018 den Schritt in die Selbständigkeit gewagt und mit Leichtbauwelt ein neues Medienformat im B2B-Umfeld geschaffen. Seit etwa 25 Jahren bin ich Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften. Für verschiedene führende Fachmagazine habe ich als eBusiness-Projektmanager Industrie schon 2001 crossmediale Angebote eingeführt, denn die Digitalisierung aller Lebensbereiche hat Einfluss auf unser Informationsverhalten. Deshalb bin ich mir sicher, dass sich die Medienbranche wandeln muss. Mehr über mich finden Sie unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.
„Leichtbau fasziniert und begeistert Techniker. Er ist für die Herausforderungen der Zukunft unabdingbar. Deshalb bin ich sicher, dass der Markt für ein Angebot wie Leichtbauwelt.de reif ist.“
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