Werkstoffe, Strukturen, Simulationen und Konzepte: Der 3. Anwendertreff Leichtbau der Fachzeitschrift Konstruktionspraxis in Würzburg zeigte deutlich, dass Leichtbau viele Aspekte hat. Und dass die richtigen Lösungen häufig dann zu finden sind, wenn Experten ganz neue Wege einschlagen – sei es beim Fügen oder in der Konzeption.

Bild oben: Antworten auf viele Fragen des Leichtbaus gab der diesjährige Anwendertreff Leichtbau in Würzburg. (Quelle: S. Bader / Leichtbauwelt)

Ressourcen zu sparen ist eine Kernanforderung an den Leichtbau. Da deren Erfüllung viele Aspekte hat, sind interdisziplinäre Teams ein Erfolgsfaktor für die integrierte Produktentwickung, wie sie der Leichtbau fordert. Unterschiedliche Fachrichtungen, die zu verschiedenen Projektstufen ein Produkt betrachten, können gemeinsam wichtige Impulse liefern und neue Ideen in den Leichtbau übertragen.

„Wer über Werkstoffalternativen nachdenkt, hinterfragt auch die Konstruktion“,
Dr.-Ing. Ulrike Lange, VDI-Zentrum Ressourceneffizienz

Wird eine Leichtbauweise bereits in der Produktentwicklung berücksichtigt, ist einem ressourceneffizienter Umgang mit den Rohstoffen der Weg geebnet.

Die Leichtbaukonstruktion der Golden Gate Bridge musste überarbeitet werden, als sie Schwingungen nicht wie erwartet standhielt. (Quelle: Pixabay / jingoo10200)

Bereits in der Frühzeit der Technik existierten Überlegungen, Konstruktionen leicht zu gestalten. Manuelle Berechnung und viel Erfahrung waren nötig, um entsprechende Bauwerke zu konstruieren.

Auch wenn den Konstrukteuren heute CAD-Modelle zur Verfügung stehen –  eine Konstruktion muss mit unterschiedlichen Methoden und in verschiedenen Abteilungen auf Strukturmechanik oder Herstellbarkeit untersucht und geprüft werden. Abhilfe schaffen moderne Softwareplattformen wie etwa Altair Inspire. Diese ermöglichen den Zugriff auf die Simulation bereits in der Gestaltungs- und Konzeptphase. Zudem hält die Plattform neue Entwürfe bereit, die bereits auf Funktionen und Herstellbarkeit überprüft sind. Die Entwicklung von Bauteilen kann so viel zielgerichteter und schneller erfolgen.

„Kostspielige Designänderungen lassen sich so vermeiden“,
Felix Radisch, Altair Engineering

Doch wie kann man diese so verbinden, dass die Konstruktion leicht und dennoch haltbar verbunden ist?

„Leichtbau ist vor allem eine Konstruktionsphilosophie“,
Dr.-Ing. Jens Standfuß, Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS

Mit der richtigen Fügetechnologie kann auch Stahl Leichtbau sein. Am Beispiel von Überlappverbindungen von Metallen zeigte er, wie verschiedenste Stahlträger effizient und leichter als bisher verbunden werden können. So wurden in einem Projekt des Fraunhofer IWS Profile an Straßenbahnwagen per Laserschweißen verbunden. Damit entstand eine sehr stabile Seitenwand, zugleich wurden sowohl das Gewicht des Bauteils als auch auch seine Fertigungskosten verringert.

Für komplette Flugzeugaußenhäute sei es inzwischen denkbar, diese per Rührreibschweißen zu verbinden. So könnten bei einem großen Flugzeughersteller in Zukunft 63 Flugzeuge pro Monat gefertigt werden statt bisher zwei bis drei. Für Mischbauweisen, etwa Metall-Thermoplaste bietet sich dagegen das thermische Direktfügen an. Dazu werden Oberflächen physisch beziehungsweise mechanisch aufbereitet und durch Erwärmen oder Pressen verbunden. Hier kommt die Bionik ins Spiel denn „Vorbild dafür ist die Reibhaftung, wie wir sie auch vom Geckofuß kennen“, berichtet Standfuß.

Eine bisher noch eher selten angewandte Technik ist das elektromagnetische Pulsfügen (EMPT). Hier kommt es beim Aufprall des Bauteils auf elektromagnetische Felder zu einer Verschweißung. Die Torsionssteifigkeit sei bei diesem Verfahren sehr hoch.

Circa 80% aller Kunststoffteile können durch Schäumen leichter gestaltet werden. Nur ist die Verbindung dieser Teile oft schwierig, denn normalerweise halten Schrauben in der Schaumstruktur nicht fest genug. Wie sich geschäumte Thermoplaste dennoch verschrauben lassen, zeigte Ejot.

Das Unternehmen hat eine Schraube entwickelt, die die Kompaktschicht am Rande des Bauteils in die innen liegende Schaumschicht hineindrückt. Sie muss mit einer bestimmten Drehzahl eingeschraubt werden, damit genügend Wärme für eine haltbare Verbindung entsteht. Dann legt sich der Kunststoff gleichmäßig um die Schraube herum und schmilzt sozusagen an sie an. Eine solche Ejot-Schraube kann bis zu 4 kN halten. Kunststoffteile können so zuverlässig verbunden werden, Korrosion ist kein Problem mehr.

„Der Leichtbau ist eindeutig Treiber für die Fügetechnologie des Rührreibschweißens. Deshalb ist das Verfahren vor allem in der Elektromobilität auf dem Vormarsch“,
Dr. Thomas Weinberger, Stirtec

Mit diesem Verfahren können vor allem Leichtmetalle verbunden werden, indem sie gegeneinander bewegt werden. Friktion verbindet die Bauteile. Vorteile dieser Fügetechnologie sind:

  • hohe Schweißnahtfestigkeiten,
  • ein deutlich niedrigeres Risiko von Riss- und Porenbildung an der Schweißnaht,
  • geringerer Verzug und
  • niedrigere Eigenspannungen als bei herkömmlichen Schweißverbindungen.

Der Prozess ist zudem einfach zu automatisieren und zu überwachen, weist eine sehr hohe Reproduzierbarkeit auf und ist umweltfreundlich, weil keine Emissionen auftreten. Das Verfahren habe hohes Potenzial für die Verbindung von Leichtmetallen, so Weinberger. Jedoch weist auch er darauf hin, wie wichtig die Planung für den Einsatz des Verfahrens ist: Bereits in der Konstruktion sollte das Team berücksichtigen, ob das Rührreibschweißen bei der Herstellung zum Einsatz kommen soll.


Susanne Bader, Redakteurin und freie Autorin

Autorin: Susanne Bader, Redakteurin, Fachjournalistin

Susanne Bader ist seit 1997 Fachredakteurin. Online und in Print hat sie unter anderem berichtet für: Handwerk Magazin, die Hubert Burda Media GmbH, Computerwoche und Produktion (UB Fachinformationen der Südwestdeutschen Medienholding). Dort war sie seit 2002 für die Themen Werkstoffe und Oberflächentechnik sowie Forschung und Wirtschaft zuständig. Zuletzt führte sie ein Team von acht freien Mitarbeitern und begleitete als Kongressredakteurin „Die Fabrik des Jahres„, „Maschinenbau vorausgedacht“ und weitere Veranstaltungen des Verlags Moderne Industrie. Seit Sommer 2018 arbeitet Susanne Bader für Leichtbauwelt.de und als freie Autorin. Mehr zu ihr auf Xing oder LinkedIn.

„Leichtbau umgibt uns überall – in der Natur ebenso wie in technischen Lösungen. Leichtbauwelt.de zeigt auf einen Blick, wie vielfältig und faszinierend die moderne Welt des Leichtbaus ist.“

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