Geschwungen und federleicht – der Biomat-Pavillon der Arbeitsgruppe BioMat der Universität Stuttgart zeigt, wie elegant Leichtbau mit Naturfasern sein kann.
Kernstück des Pavillons, der auf dem Campus Stadtmitte der Universität Stuttgart errichtet wurde, ist eine aktive Biege-Struktur aus Naturfasern, die an Bambus erinnert. Entwickelt wurde sie im Rahmen des Forschungsprojekts „LeichtPRO“ der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR).
Rund 15 Jahre Forschungsarbeit an biobasierten Materialien der Arbeitsgruppe um Jun. Prof. Hanaa Dahy sind in das Bauprojekt eingeflossen. Im Vordergrund stand das Kombinieren zweier Systeme, die auf Zug und Druck basieren. Eine biegeaktive Gitterschale aus Naturfaser-Biocomposite-Profilen wird mit einer gespannten Membran ergänzt. Das daraus resultierende System ist eine Einheit aus zwei doppelt gekrümmten Flächen, die eine kontinuierliche Trägerkontur teilen. Die Kontur besteht aus zwei miteinander verbundenen Profilen, die wie Balken wirken und die Kräfte aus beiden Systemen auf drei Verankerungspunkte übertragen, die an einem Oberflächenfundament befestigt sind.
Bild oben: Pavillon 2021 Lightpro Shell (Quelle: Biomat/ITKE- Universität Stuttgart)
Die bambusähnlichen Biocomposite-Hohlprofile auf Basis von Flachs- und Hanffasern werden per Pultrusion hergestellt. Sie werden dann durch traditionelle Diagonalzurrmethoden mit Stahlseilen zu einem Raster verbunden. Das Raster ist über ein maßgeschneidertes Verbindungssystem mit der Trägerkontur verbunden. Die Membrane wird an den drei Fundamenten befestigt und entlang des Umfangs mit Seilschnüren gespannt.
„Diese innovative Struktur demonstriert einen nachhaltigen Ansatz für die Architektur der Zukunft.“
Jun. Prof. Hanaa Dahy, Universität Stuttgart

Zenvision)
Update Juni 23: Naturfasern sind in der Verarbeitung anspruchsvoll, wenn das Ergebnis industrietauglich sein soll. Sie sind dicker, ungleichmäßiger, feuchter und auch empfindlicher sind als Hochleistungsfasern aus Glas, Carbon oder Aramid. Bisherige Lösungen mit erdölbasierten Harzen oder Harzen mit einem sehr geringen Bioanteil erreichten keine ausreichende Faser- Matrixhaftung und damit auch nicht die notwendigen mechanischen Eigenschaften. Die Forschenden an den DITF erkannten, dass vorgetrocknete Naturfaser-Rovings in der Pultrusion zu besseren Ergebnissen führten, ein entscheidender Baustein auf dem Weg zur Lösung. Und die Ergebnisse ließen sich auch in den Industriemaßstab umsetzen.
Für den Lightpro Shell Pavillon, den Buckyball und für die Biennale-Ausstellung produzierte der Projektpartner CG TEC insgesamt 800 Meter Rohrprofil, die als Stützelement verwendet wurden. Für den Knoten, der die Stützprofile verbindet, haben die Projektpartner ein Design entworfen, nach dessen Vorlage ein passendes Formwerkzeug für das Heißpressverfahren gefertigt wurde. Zum Projektende wurden an den DITF mit diesem Formwerkzeug über 60 Verbindungsknoten für den Buckyball hergestellt, von dem man einen Ausschnitt auf der Biennale in Venedig besichtigen kann.
Quelle und weitere Infos: Hanaadahy, Pressemitteilung, Reserachgate.net, Bioökonomie BW, Raumprobe.com, architectonic.com, German Architects.com, Pressemitteilung (22.05.23)
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