Das war der 5. Lightweighting Summit

Der 5. Lightweighting Summit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf der Hannover Messe widmete sich dem Thema „Leichtbau als Transformationstechnologie für die Ressourcenwende“ und war damit ganz nah dran am Motto der Hannover Messe „Energizing Sustainability“. Anders als in den Jahren zuvor gewichtete der Summit Politik, Technologie und Marktdaten etwa gleichwertig, was ihn für die Teilnehmer zu einem wirklich interessanten Event machte.

Bild oben: Der fast voll besetzte Saal New Yourk in Halle 19 war sichtbares Zeichen eines hohen Interesses am Leichtbau. Auch eine etwa 20 Personen umfassende Delegation aus Südkorea war angereist. (Quelle: BMWK | Carsten Herwig)

Udo Philipp mit Moderatorin Dr. Isa Hofmann (Quelle: BMWK | Carsten Herwig)

Knapp 170 Teilnehmer waren der Einladung des BMWK am Dienstag den 23. April zum 5. Lightweighting Summit gefolgt. Etwa 80 Teilnehmer verfolgten den Live-Stream der Veranstaltung, die durch politischen Keynotes von Dr. Jochen Köckler, Deutsche Messe AG und Staatssekretär Udo Philipp, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK eröffnet wurde. Dr. Köckler betonte die Bedeutung des Leichtbau für eine nachhaltige Wirtschaft. Eine Botschaft, die auch Udo Philipp nochmals aufnahm und die Bedeutung der Ressourcenschonung heraushob, welche durch den Leichtbau in unterschiedlichen Branchen – er nannte als Beispiel das Bauwesen – ermöglicht werde.

Mit der Keynote von Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka begann dann der Schwenk zu den technologischen Themen, wobei sein kurzweiliger Vortrag diese für jeden greifbar werden ließ. Seinem Verständnis nach sind die aktuell schwierigen Rahmenbedingungen als Chancen und Potenziale zu verstehen, für den Leichtbau, aber auch für die gesamte Industrie. Diese gelte es zu nutzen. Der Leichtbau biete dazu ein ganzen Instrumentarium, das sich eigne, um die Zukunft zu gestalten. Dabei wurde er durchaus konkret.

„Die Potentziale der Zukunft mit dem Leichtbau liegen in der Materialentwicklung und der Konstruktion.“
Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka

Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka (Quelle: BMWK | Carsten Herwig)

Auch zum „Wie“ gab er in seiner Keynote umsetzbare Anregungen. So seien in die Wertschöpfungsketten vermehrt alle Stakeholder einzubeinden, vom KMU über die Wissenschaft bis hin zu den großen Unternehmen integriert werden, um eine geschlossene Kreislaufwirtschaft auch im Leichtbau zu erreichen. Denn hier, so der Präsident der Fraunhofer Gesellschaft lohne es, für den Leichtbau aus ökonomischer und ökologischer Sicht einzutreten.

Dass das Technologie-Transferprogramm Leichtbau als Förderinstrumentarium für neue Projekte nicht mehr zur Verfügung stehe, sei nicht „der Untergang des Abendlandes“, denn Wissenschaft und Industrie könnten sich aus einer Position der Stärke heraus selbst helfen. Wichtig sei, dass die Leichtbau-Community zusammenhalte und sich – ihrer ganzen Stärke und Bedeutung bewusst – immer wieder zu Wort melde.

Das Panel (v. l.) Bosse Rothe, Alla Kasakewitsch, Maximilian Schnippering, Rolf Buschmann; verdeckt Frank Schladitz und Christine Koblmiller als Moderatorin (Quelle: BMWK | Carsten Herwig)

In einer vielseitig besetzten Paneldiskussion wurde anschließend kontrovers über das Thema Leichtbau und Kreislaufwirtschaft diskutiert. Bosse Rothe (Holy Technologies), Alla Kasakewitsch (Soluterials), Maximilian Schnippering (Siemens Gamesa New Energy) Frank Schladitz (C3 – Carbon Concrete Composite) und Rolf Buschmann (BUND, Netzwerk Ressourcenwende).

Dabei wurden Themen angesprochen wie die Herausforderungen der Mengen- und Wertstoffströme, deren Sortenreinheit sowie die technologischen Möglichkeiten eines werterhaltenden Recyclings, das bei Faserverbundkunststoffen mit der Faserlänge post Recycling korreliert. Um den Leichtbau weiter in die Umsetzung zu bringen, fehle es sowohl an Pioniergeist, als auch an Anreizen bei der Projektvergabe, so die Runde. Ebenso wurde der Lebenszyklus von Leichtbauteilen besprochen mit den Implikationen bei Redesign für Prozess und Produkt, Repair, Reuse, Remanufacture, Recycle und Reduce. Insbesondere letzteres gab Anlass zur Schlussfrage, die sich mit den Grenzen des Wachstums beschäftigte und dem Potenzial des Leichtbaus in diesem Zusammenhang.

Prof. Dr.-Ing. Markus Milwich (Quelle: BMWK | Carsten Herwig)

In der zweiten eher technischen Keynote fasste Prof. Dr.-Ing. Markus Milwich, Sprecher der neugegründeten Leichtbau Allianz Baden-Württemberg, die Herausforderungen für den Leichtbau in einem Vortrag zusammen. Leichtbau sei kein Selbstläufer, sondern müsse im Kontext eines staatlich gesteuerten globalen Wettbewerbs gesehen werden. Aber Leichtbau könne dazu beitragen, Energiekosten zu senken, ressourcenschonende Technologien umzusetzen, Lieferketten zu entspannen und die Materialverfügbarkeit zu erhöhen. Herausforderungen für den Leichtbau seien lange Entwicklungszeiten und Zulassungsverfahren, die Notwendigkeit kreislauffähiger Konstruktionen oder die LCA-Berechnung. Einen wichtigen Trend sieht Prof. Milwich im hybriden Leichtbau mit nachhaltigem Material wie Basaltfasern, Naturfasern (Lignin) sowie langlebigen Faserverbundkunststoffen aus Biomaterial als CO2-Senke.

Im Anschluss wurde es so technisch wie innovativ: Fünf Projektpitches zeigten die gesamte Bandbreite und das ganze Potential des Leichtbaus:

  • angefangen von optimierten Behältern für die Logistik (Sven Wüstenhagen, Fraunhofer IMWS, Projekt LightLog),
  • über einen kaskadierten, branchenübergreifenden Monomaterialeinsatz, der Material länger im Kreislauf halten soll Prof. Dr.-Ing. Stefan Tremmel, Universität Bayreuth, Projekt MonoMat),
  • und die Material- und Prozessoptimierung am Beispiel eines Getriebedeckels (für die E-Mobilität) im Druckguss Dr.-Ing. Jelena Pavlovic-Krstic, Robert Bosch, Projekt IndruTec),
  • sowie das Design vorgespannter Carbonbetondecken, die nur noch etwa 1/3 des Materialeinsatzes benötigen, und deren Bewertung im Hinblick auf Brandschutz, Herstellung, Tragfähigkeit, Fertigung und Transport sowie Akustik (Dr. Franziska Reich, Ed.Züblin, Projekt Caprefloor)
  • bis hin zu alternativen Konstruktionslösungen aus der Natur zur nachhaltigen Integration in die Produktentwicklung, wobei beispielsweise Algorithmen mit Anlehnung an die Bionik Verrippungen gestalten, um die Steifigkeit eines Bauteils zu erhöhe (Dr. Christian Hamm, Alfred Wegener Institut, Projekt Bikini).
Dr. Anna Kleissner (Quelle: BMWK | Carsten Herwig)

Die ersten Ergebnisse der Marktstudie Leichtbau, die mit der Methodik eines Satellitenkontos erstellt wird, gab Frau Dr. Anna Kleissner, econmove, bekannt.

Die Zahlen zeigten, welche Bedeutung der Leichtbau für die Wirtschaft in Deutschland hat. Bemerkenswert war auch, das Deutschland bei der Patendichte seit Jahren stabil auf Platz drei hinter Japan und Korea rangiert. Daher ist es um so wichtiger, alle Potenziale zu nutzen, die das Denken in Leichtbau mit sich bringt.

Satellitenkonten liefern einen mit der zentralen (nationalen oder regionalen) Rechnungsführung verknüpften Rahmen, mit denen der Schwerpunkt auf einen bestimmten Bereich oder Aspekt des wirtschaftlichen und sozialen Lebens gelegt werden kann. Gängige Beispiele sind Satellitenkonten für die Umwelt, den Tourismus oder unbezahlte Hausarbeit. (Quelle)
Susanne Szech-Koundouros (Quelle: BMWK | Carsten Herwig)

Am Ende des Summits fasste Frau Susanne Szech-Koundouros, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), den Tag für alle noch einmal in kurzen Worten zusammen – und leitete zum Get-Together über, das ebenso wie die Infostände der Aussteller Raum und viel Anlass für intensive Gespräche bot.

Kritik? Ja, auch die gibt es. Die Dauer des Summit ist mit knapp drei Stunden sehr lang. Vielleicht lässt sich am Format noch das eine oder andere optimieren, aber insgesamt ist die Mischung der Themen mittlerweile sehr gut.

Im nächsten Jahr sollte aber meiner Ansicht nach das Thema Kreislaufwirtschaft außen vor bleiben. Selbstbewusste Themen wie „Wie kann lässt sich Leichtbau in Rahmen der industriellen Transformation um- und durchsetzen“ oder „Leichtbau im europäischen Kontext“ wären als Überschrift durchaus spannend und nicht ganz so überstrapaziert wir das Thema Circular Economy respektive Ressourceneffizienz.

Anmerkung: Als Moderatorin der Panel-Diskussion war ich diesmal zusammen mit Hauptmoderatorin Dr. Isa Hofmann in die Vorbereitung des Lightweighting Summit involviert. Das BMWK hat dem Moderatorinnen-Team jedoch keine Vorgaben zu den Themen oder den Inhalten der Moderation gemacht. Der vorliegende Nachbericht wäre exakt genauso ausgefallen, wenn ich nicht einen Teil der Veranstaltung moderiert hätte. Und: Dieser Nachbericht wird NICHT durch das BMWK gesponsored.


Christine Koblmiller

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft und überzeugter Leichtbau-Fan.

Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de habe ich 2018 ein neues Medienformat im B2B-Umfeld geschaffen. Leichtbauwelt ist Inspiration für Ihren Fortschritt und Wissen, wie’s leicht wird. Leichtbauwelt verlinkt, vernetzt und ordnet ein, verlagsunabhängig und transparent. Partei ergreife ich nur für den Leichtbau, von dessen Nutzen ich überzeugt bin.

Seit etwa 25 Jahren bin ich Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften. Für verschiedene führende Fachmagazine habe ich als eBusiness-Projektmanager Industrie schon 2001 crossmediale Angebote eingeführt, denn die Digitalisierung aller Lebensbereiche hat Einfluss auf unser Informationsverhalten. Deshalb bin ich mir sicher, dass sich die Medienbranche wandeln muss. Mehr über mich finden Sie unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.

„Leichtbau fasziniert und begeistert. Die Entwicklung von Leichtbauwelt über die letzten Jahre zeigt, dass der Markt unser Angebot braucht und gerne annimmt.“

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