Die Sieger des AVK-Innovationspreises für Faserverbundkunststoffe, der jährlich von der AVK– Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe vergeben wird, wurden in diesem Jahr in Salzburg verliehen. Der Preis geht an Unternehmen, Institute und deren Partner in den drei Kategorien:
- Produkte und Anwendungen
- Prozesse und Verfahren sowie
- Forschung und Wissenschaft.
für herausragende Innovationen mit faserverstärkten Kunststoffen. Bewertet werden Kriterien wie Innovationshöhe, Realisierungsgrad und Nachhaltigkeit. Es liegt in der Natur des Werkstoffs, der im Leichtbau mit Erfolg eingesetzt wird, dass einige der Preisträger innovative Lösungen gefunden haben, die hervorragend zum Leichtbaugedanken passen.
Die Verleihung des AVK Innovationspreises nutzte den Rahmen des JEC Forum DACH, das bereits zum dritten Mal in der DACH-Region stattfand. Unter den fünf jungen Unternehmen, die sich mit einem Pitch als Finalisten der Jury vorstellen durften, ging der Sieg an das Unternehmen Carbocon, ein unabhängiges Dienstleistungsunternehmen für den Baustoff Carbonbeton: das Portfolio reicht von Tiefbauleistungen bis zur Markteinführung neuer Produkte und Verfahren.
Die Sieger in der Kategorie Produkte und Anwendungen

Platz 1: Leichtbauzentrum Sachsen (LZS) mit ihrem Partner KWD Kupplungswerk Dresden – Isolierende Kupplungswelle für Schienenfahrzeuge
Zahnkupplungen sind klassische Elemente des Maschinenbaus und wurden wahrscheinlich unmittelbar nach dem Zahnrad erfunden. Sie sind drehsteif und ermöglichen den Ausgleich eines Winkelversatzes bei kleinem Bauraum. Aufgrund der ausgereiften Technologien sind generelle Weiterentwicklungen in diesem Segment kaum zu erwarten. Spezielle Anforderungen, wie beispielsweise dann, wenn die Anwendung eine elektrische Isolation zwischen den Wellen erfordert, zeigen aber, dass es noch Raum für innovative Entwicklungen gibt.
Gemeinsam wurde deshalb die traditionelle Zahnkupplung zu einer elektrisch isolierenden Zwischenwelle weiterentwickelt. Funktionales Kernelement ist dabei ein Rohr aus glasfaserverstärktem Kunstharz. Dieses überträgt in der entwickelten Variante Drehmomente bis 300 Nm bei maximal 13.000 min-1. Gleichzeitig verbessert die dem Faserverbundwerkstoff eigene hohe Werkstoffdämpfung das Schwingungsverhalten der Kupplung.
Besondere Aufmerksamkeit wurde auf die Entwicklung des Fügeprinzips zwischen Glasfaserrohr und den metallischen Endstücken gelegt. Genutzt wird eine spezielle am LZS entwickelte, gestützte Pressverbindung. Diese Art der Verbindung ist robust, überlastsicher, preiswert und schnell zu fügen. Die isolierende Zwischenwelle ermöglicht es den Anwendern neuartige leichte und vor allem kompakte Antriebsaggregate zu entwickeln. Die Welle ist erfolgreich im Serieneinsatz und kann auf andere Spezifikationen angepasst werden.

Platz 2: SGL Carbon – Elektroauto-Batteriegehäuse-Komponenten auf Basis innovativer endlosfaserverstärkter Phenolharz-Verbundwerkstoffe
Besonders leichte, crash- und brandbeständige Verbundwerkstoffe werden für Batteriegehäuse in Elektrofahrzeugen eingesetzt. Sie sind in der Lage, selbst „Thermal Runaways“ – unkontrollierte Überhitzungen der Batterie – sicher einzuschließen. Bisher bestanden diese Komponenten aus glasfaserverstärktem Epoxidharz mit Brandschutzadditiven.
SGL Carbon hat nun ein erstes Bauteil in Serie gebracht, das stattdessen in einer innovativen Prozesskette Phenolharze verarbeitet und mit Endlos-Glasfasern verbindet. Dieser Ansatz reduziert die Wandstärke der Gehäuseteile gegenüber den Lösungen mit Epoxidharz-Matrix um bis zu 25 Prozent – bei besserer Performance. Das ist wichtig, denn für Elektrofahrzeuge zählt jedes Gramm Mindergewicht. Durch eine verbesserte Prozessführung wird zudem in der Fertigung Material eingespart und schont so wertvolle Ressourcen.

Platz 3: Composites Technology Center (CTC) mit den Partnern Faserinstitut Bremen, Sächsisches Textilforschungsinstitut, C.A.R. FiberTec und aus Japan: CFRI Carbon Fiber Recycle Industry, IHI Logistics and Machinery Corporation, ICC Kanazawa Institute of Technology – HiPeR High Performance Recycled Carbon Fiber
Die wertvollen Fasern aus Produktionsabfällen oder End-of-life Bauteilen aus carbonfaserverstärkten Kunststoffen können in großem Maße mittels Pyrolyse zurückgewonnen werden. Diese Recyclate sind bis heute jedoch aufgrund des Preis-Performance-Verhältnisses nicht gefragt: Der Aufwand zur Rückgewinnung der Kohlenstofffasern führt zu einem unattraktiven Preis. Aufgrund der relativ geringen Leistung der längenreduzierten Fasern im Vergleich zu endlosen, neuwertigen Kohlenstofffasern, liegt die erreichbare Leistung in einem Bereich, der für Hochleistungsanwendungen unattraktiv ist.
Das Ziel des Projektes aus deutschen und japanischen Projektpartnern, geleitet von der CTC, bestand darin, das Preis-Performance-Verhältnis von recycelten Kohlenstofffaserhalbzeugen durch einen hohen Ausrichtungsgrad der Fasern zu verbessern. Mit überaus vielversprechenden mechanischen Kennwerten und mehreren Demobauteilen für die Luftfahrt in Originalgröße konnte die grundsätzliche Machbarkeit überzeugend dargelegt werden.
Die Sieger in der Kategorie Prozesse und Verfahren

Platz 1: KraussMaffei Technologies mit Wirthwein als Partner – Chopped Fiber Direkt-Verfahren (CFP)
Das Verfahren zur Faserdirektverarbeitung, der CFP-Prozess, transformiert die Faserverarbeitung auf Spritzgussmaschinen. Effizient und simpel spart es Material- und Energiekosten – etwa 46 Prozent Materialkosten und ungefähr 0,8 kWh/kg verarbeiteter Werkstoff, da vorcompoundierte Stoffe entfallen.
Das Verfahren kann auf einer Standard-Spritzgussmaschine – allerdings mit einer besonderen, patentierten Schnecke – gefahren werden und senkt die Produktionskosten erheblich. Der CFP-Prozess hat TRL 8 erreicht und ist erfolgreich in der Automobil-Spritzgussanwendung erprobt. Dank des neuen Schneckendesign können Bestandsmaschinen kosteneffizienz nachgerüstet werden. Endlosfaserverarbeitende Prozesse können – so der Maschinenhersteller – ersetzt werden.
Die patentierte Schneckengeometrie ermöglicht auch die direkte Verarbeitung von Abfallmaterialien aus anderen Produktionsverfahren, beispielsweise PA-CF-Abfälle aus der Luft- und Raumfahrtindustrie, ohne dass eine Trennung von Fasern und Polymeren erforderlich ist.
Platz 2: Fraunhofer IPA mit den Partnern Schindler Handhabetechnik und Vision & Control – CIRC – Complete Inhouse Recycling of Thermoplastic Compounds
Mit dem vollständigen Inhouse-Recycling von thermoplastischen Verbundkunststoffen Dabei wurde ein innovatives Verfahren entwickelt, um anfallende Verschnittreste aus der Verarbeitung von thermoplastischen Organoblechen effizient zu nutzen.
Aktuelle Recycling-Verfahren führen bisher zum Verlust der Faserverbundstruktur und der damit verbundenen hohen mechanischen Festigkeit. Das neue Verfahren erfasst die Geometrie- und Materialdaten von Verschnittteilen, kombiniert diese effizient und konsolidiert sie in einem Thermopressverfahren zu einem neuen Organoblech.
Dadurch wird neben einer hohen Recyclingrate auch der weitgehende Erhalt der mechanischen Eigenschaften gewährleistet. Das Verfahren verspricht somit eine nachhaltigere und kosteneffizientere Nutzung von Organoblechen durch die Minimierung des Verschnittanteils und ist auf verschiedene Anwendungs- und Materialtypen skalierbar.

Platz 3: CarboScreen zusammen mit dem Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen – CarboScreen – sensorgestützte Überwachung der Carbonfaserproduktion
Carbonfasern werden durch die thermische Konvertierung einer PAN-Faser hergestellt. Derzeit wird der hochkomplexe Prozess in der Industrie nur optisch durch angelernte MitarbeiterInnen überwacht. Eine unzureichende Prozessführung, die zu Faserbeschädigungen oder im Extremfall zu Anlagenbränden führen kann, wird deshalb häufig nicht frühzeitig erkannt. Um eine ausreichende Produktqualität zu gewährleisten, ist die maximale Produktionsgeschwindigkeit auf max. 15 m/min begrenzt. Die Produktionskapazität der Anlagen wird dadurch deutlich reduziert.
Für das Realisieren eines verbesserten und beschleunigten Herstellungsprozesses bietet die im Rahmen einer EXIST-Förderung gegründete CarboScreen ein sensorbasiertes Überwachungssystem für die Carbonfaserherstellung an. Mittels der Technologie werden die Fasern während der Herstellung kontinuierlich überwacht und Abweichungen automatisiert ermittelt.
Die Sieger in der Kategorie Forschung und Wissenschaft
Platz 1: Faserinstitut Bremen – Entwicklung eines Stereokomplex-PLA-Blends im Technikumsmaßstab
Im AiF-Forschungsprojekt PLA² ist es erstmals gelungen, ein Blend mit Stereokomplex-Kristallstruktur mit einer Schmelztemperatur von 235 °C aus dem Biopolymer Polylactid (PLA) im Technikumsmaßstab mit einer neuartigen Prozessführung herzustellen. Die einfache Überführung in den Industriemaßstab erlaubt eine ausreichende Materialverfügbarkeit, wodurch das Potenzial geschaffen wurde, selbstverstärkte PLA-Faserverbundwerkstoffe zu entwickeln und folglich das Anwendungsfeld massiv zu erweitern. Somit können herkömmliche Kunststoffe, beispielsweise Polypropylen (PP), substituiert und Ressourcen und Umwelt entsprechend geschont werden.
Platz 2: Lehrstuhl für Carbon Composites der Technischen Universität München mit den Partnern Appex und Haas Metallguss – Faserverstärktes Salz als robustes, verlorenes Kernmaterial
Faserverstärktes Salz (beispielsweise NaCl – Kochsalz) dient als verlorenes Kernmaterial mit hoher Festigkeit und Dichtigkeit, das mit Wasser ausgewaschen und recycelt werden kann. Es eignet sich für Prozesse, die hohe thermomechanische Anforderungen an ein wasserlösliches Kernmaterial stellen, wie zum Beispiel Spritzguss, RTM oder Leichtmetalldruckguss.
Platz 3: Sächsisches Textilforschungsinstitut (STFI) zusammen mit Fraunhofer ICT – VliesSMC – rezyklierte Carbonfasern mit zweitem Leben im SMC-Prozess
Mit VliesSMC ist es den Forschenden gelungen, rezyklierte Carbonfasern in Form von Vliesstoffen beziehungsweise unverfestigten Vlieslagen in einem SMC-Halbzeug einzubetten und anschließend eine Verarbeitung im Fließpressprozess zu ermöglichen. Somit können vliesbasierte SMC-Halbzeuge für die Herstellung komplexer Bauteile mit hohen Umformgraden und Versteifungselementen genutzt werden.
Die Forschungspartner konnten gemeinsam mit einem projektbegleitenden Ausschuss aus 25 Industriepartnern aufzeigen, dass die entwickelten SMC-Halbzeuge gegenüber am Markt verfügbaren Produkten aus Primärmaterial sowohl kostengünstiger herstellbar sind als auch gleichwertige oder sogar verbesserte Performance bringen. Die Ergebnisse wurden dabei nicht im Labormaßstab erarbeitet, sondern bereits im Technikumsmaßstab validiert und bereits ein großer Schritt in Richtung Umsetzbarkeit getan.
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