Das Niederdruck-Verfahren von Centrotherm arbeitet in definierter Prozessatmosphäre, unter niedrigem Druck sowie mit quasi digitalen Heizzonen. So entstehen kostengünstige, biobasierte Carbonfasern mit deutlich reduziertem CO2-Footprint.
Carbonfasern sind im Leichtbau mit derzeit etwa 14 bis 20 €/kg ein vergleichsweise teurer Werkstoff. Begründet liegt dies zum einen im Einkaufspreis des Ausgangsmaterials PAN begründet, zum anderen im energieintensiven Herstellungsprozess der Hochleistungsfasern.
„Wir haben uns den Prozessschritt der Stabilisierung genauer angeschaut. Das bisherige Herstellungsverfahren für Carbonfasern im Umluftofen hat deutliches Ver-besserungspotenzial.“
(Andreas Keller, Senior Manager New Technologies, Centrotherm international)
Wichtigster Unterschied ist, dass der Prozess unter Niederdruck gefahren wird und die Faser definierte Heizzonen durchläuft. Das Anlagenmodul fügt sich nahtlos in den Gesamtprozess ein und kann den bisherigen Umluftofen ersetzen.
Niedriger Druck und genaue Temperatursteuerung
Der Prozess der Stabilisierung ist eine gebremste exotherme Reaktion. Ungebremst würden die Fasern mit dem Sauerstoffgehalt aus der Umgebungsluft verbrennen. Im Prozessraum des Niederdruckverfahrens herrscht deshalb Unterdruck, das Sauerstoffangebot ist geringer. Ein kostenintensives Schutzgas wie im Umluftofen ist daher nicht mehr notwendig. Der Unterdruck im Prozessraum entzieht außerdem den Präkursoren schon bei vergleichsweise niedriger Temperatur Wasser und Sauerstoff, was sich positiv auf die Faser und auch auf die Abgasqualität auswirkt. Nach dieser ersten Heizstufe wird die Faser abgestimmt auf den Fortschritt der Carbonisierung rasch weiter aufgeheizt, um die optimierte Stabilisierung innerhalb einer um etwas mehr als ein Drittel verkürzten Prozesszeit zu erreichen.
Zum Heizen setzt das Unternehmen die Strahlungswärme einer Heizquelle ein, die sich direkt im Prozessraum befindet. Die Faser wird im quasi luftleeren Raum auf die erforderliche Temperatur gebracht. Luftströmungen wie im Umluftofen, die qualitätsminderndes Schwingen der durchhängenden Fasern zur Folge haben, werden so vermieden.
Um etwa ein Viertel günstigere Hochleistungsfasern
Positiv auf den Faserpreis wirkt sich nicht nur die verkürzte Prozesszeit aus. Der deutlich verkleinerte Prozessraum und die optimierte Isolierung verbessern die Energieeffizienz des Prozesses deutlich. Die Betriebskosten konnten so um etwa ein Drittel reduziert werden.
Wenn das vergleichsweise teure Ausgangsmaterial PAN (Polyacrylnitril) nun noch durch einen nachwachsenden Rohstoff, wie beispielsweise Cellulose, ersetzt wird, reduzieren sich der Präkursorpreis und die Betriebskosten zur Faserherstellung noch weiter. Im Vergleich zu Hochleistungsfasern auf PAN-Basis lässt sich der Faserpreis um circa 25 Prozent senken.
„Wir gehen derzeit von einem Endpreis in Höhe von etwas mehr als 10 bis 12 €/kg für Carbonfasern aus Cellulose aus. Bauteile aus Carbon werden daher neue Marktbereiche erschließen können, die bisher aus Kostengründen nicht erreichbar waren.“
(Andreas Keller, Senior Manager New Technologies, Centrotherm international)
Bei den Festigkeitskennwerten müssen dabei keinerlei Abstriche gemacht werden. Zugfestigkeit und Zug-E-Modul sind gleich.
„Grüne“ Hochleistungsfasern hinterlassen deutlich kleineren CO2-Footprint
Carbonfasern aus nachwachsenden Rohstoffen in Verbindung mit der neuen Niederdrucktechnologie führen zu einem um etwa 30 Prozent reduzierten CO2-Footprint im Vergleich zu PAN-basierten Carbonfasern. Dieser Wert basiert auf einer Berechnung des DITF im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit Centrotherm unter Leitung von Dr. rer. nat. Frank Hermanutz. Für den Leichtbau eröffnet der verminderte CO2-Footprint neue Perspektiven in unterschiedlichen Branchen, etwa durch Carbonbeton oder carbonfaserarmierten Granit in der Architektur, im Bereich Automotive oder der Luftfahrt.
Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im Mai 2020. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.
Bild oben: Bei den Festigkeitskennwerten müssen, so Andreas Keller, keinerlei Abstriche gemacht werden. Zugfestigkeit und Zug-E-Modul sind gleich. (Quelle: Centrotherm)
Quelle und weitere Infos: Autocad-Magazin
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