Ein schöner Beitrag zum Leichtbau im Automobilbau ist auf der Seite der IAA 2019 zu finden. Es geht hier um die Entwicklung der Automobil-Werkstoffe in den letzten 130 Jahren und der Autor wagt einen Blick in eine materialtechnisch spannende Zukunft.
Der Materialmix der letzten 130 Jahre ist äußerst bunt: Stahl, Aluminium, Carbon, Kunsttoff, Holz, Legierungen und Hybridwerkstoffe kamen bisher für Karosserie und Rahmen zum Einsatz, Naturfaser wie Leinen und Hanf oder Kunststoffe bereichern heute das Interieur. Doch wie auch in anderen Branchen wird an intelligenten Werkstoffen intensiv geforscht.
Smarte Materialien
Ähnlich Piezomaterialien existieren Werkstoffkombinationen, die durch äußere Einflüsse ihre Form verändern und reagieren, ohne Software und Elektronik. Diese Verformung kann durch verschiedene äußere Reize induziert werden: Strom, magnetische Kräfte, Wärme und Licht, Druckluft oder chemische Reaktionen. Eine Anwendung dafür könnte – auch im Sinne des Leichtbau – der Sitz sein. Kabelstränge und Elektronik für adaptive Autositze wären dann überflüssig.
„Elektroaktive Kunststoffe erzeugen unter mechanischen Kräften elektrischen Strom und umgekehrt – sozusagen Motor und Hydraulik in einem. Ein Fraunhofer-Projekt demonstrierte anhand einer Schuhsohle, wie das Material dabei zum Minikraftwerk avanciert: Beim Laufen produziert der Träger ausreichend Strom für seine portablen Geräte wie das Smartphone oder Wearables. Womöglich könnten eines Tages auch Räder das Material integrieren, um während der Fahrt die Autobatterie zu laden.“ (IAA2019)
Leichte Werkstoffe fürs Automobil
Holz feiert derzeit ein Comeback in der Kleinserie. Denn der Naturstoff ist äußerst biegefest, stabil wie Aluminium, vielfach leichter als seine metallischen und synthetischen Pendants. Holz eignet sich deshalb für tragende Teile, Verkleidungen im Innenraum oder als Seitenaufprallschutz für Türen. Auch andere nachwachsende Rohstoffe – Hanf, Baumwolle, Leinen oder Flachs – werden genutzt. Meist stecken die Naturfasern in Ladeböden, Verkleidungsteilen oder Bodenbelägen.
Carbon wiegt nur halb so viel wie Stahl und rund ein Drittel weniger als Aluminium. Doch das Material ist kostspielig und nicht gut zu Recyceln. Neben dem aufwendigen Produktionsverfahren kann der Werkstoff bei einem Unfall zersplittern und ist dann nicht mehr reparabel. Neben Holz sind daher verbesserte Aluminiumlegierungen und Sandwich-Stähle Alternativen, um das Gewicht zu reduzieren. Oftmals setzen konventionelle Fertigungstechniken dem Leichtbau enge Grenzen.
Bild oben: Die Fahrgastzelle des BMW i8 ist aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (Quelle: BMW)
3D-Druck befreit
Additiven Fertigungsverfahren sprengen diese Grenzen und so können neue Ansätze realisiert werden. Dazu zählen Waben- oder Gitterstrukturen, die wesentlich materialeffizienter sind. Die Fahrzeugstudien „Light Cocoon“ und „Soulmate“ von EDAG beispielsweise bestehen komplett aus einer skelettartigen, bionisch optimierten Fahrzeugstruktur. Überzogen ist der Sportwagen mit einer wetterbeständigen Außenhaut aus einem dreilagigen Polyester-Jersey-Stoff von Outdoor-Spezialist Jack Wolfskin. Neben dem hohen Leichtbaupotenzial lassen sich auch bewegliche Bauteile damit umhüllen, wie der Spoiler. Das Textil macht alle Bewegungen mit. So könnte ein Fahrzeug irgendwann auf Knopfdruck seine Größe verändern oder den Windverhältnissen anpassen.
Unter dem Motto „Driving Tomorrow“ legen die IAA Expo und die IAA Conference 2019 den Fokus in diesem Jahr auf smarte Materialien und Leichtbaukomponenten. Live sind Fahrzeuge und Werkstoffe der Zukunft ab 12. September in Frankfurt zu bewundern.
Quelle und weitere Infos: IAA
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