Kaltumformen: Optische Inline-Prüfung im freien Fall

CO2-Emissionen lassen sich nicht nur durch die Produktentwicklung, sondern auch im Herstellungsprozess durch das Ziel einer Null-Fehler-Produktion erreichen. Denn je weniger Ausschuss oder Rückrufe produziert werden, desto besser ist die CO2-Bilanz – und desto günstiger sind die Stückkosten. Um nun mit diesem Ziel für Umformteile im Leichtbau das vergleichsweise energiesparende Verfahren der Kaltumformung breiter einsetzen zu können, wurde das Projekt Gumprodig (Ganzheitliche Umform-Prozess-Digitalisierung) gestartet.

Gegenüber den zerspanenden Fertigungsverfahren bietet die Kaltumformung einige Vorteile, so die Forschenden am Fraunhofer IPM:

  • Das Verfahren spart mehr als die Hälfte an CO2 ein.
  • Kaltumgeformte Bauteile besitzen sehr gute mechanische Eigenschaften und sind unter dynamischer Beanspruchung deutlich widerstandsfähiger, sodass kleinere Bauformen möglich sind, was Gewicht und Bauraum spart.

Allerdings sind inline-fähige Messverfahren notwendig, um die Maßhaltigkeit und Oberflächenqualität der kaltumgeformten Bauteile zu erfassen. Für eine hohe Produktionsqualität ist es außerdem wichtig, die Daten jedem einzelnen Bauteil zuordnen zu können. Nur so lassen sich die hohen Standards für Fertigungstoleranzen bis zur Genauigkeitsklasse IT-7 auch für die Massivumformung entwickeln und einhalten, die vor allem für sicherheitsrelevante Teile gelten.

Ziel des Forschungsteams ist deshalb ein Freifall-Inspektionssystem zur produktionsbegleitenden Prüfung jedes einzelnen Bauteils. Dieses Inspektionssystem muss viele verschiedene Qualitätsparameter im Produktionsprozess präzise erfassen und eindeutig zuordnen. Dazu werden die Bauteile als Schüttgut über ein Förderband vereinzelt in eine Messkugel befördert und im freien Fall mithilfe mehrerer Kameras aus allen Raumrichtungen aufgenommen.

Masse und Temperatur der Bauteile werden vor der Prüfung ermittelt und vervollständigen den Parametersatz. Die Bauteilgeometrie wird durch eine schnelle, konturbasierte Bildverarbeitung bis auf wenige Mikrometer genau geprüft. Auch Oberflächenanomalien können so detektiert werden.

Zusätzlich wird die individuelle Oberflächenstruktur der Teile an einer definierten Stelle als Fingerabdruck für die spätere Bauteilrückverfolgung genutzt. Für das Auswerten der Bilddaten, die Analyse des Prozesses und das Erarbeiten einer Regelstrategie zur selbstlernenden Optimierung von Produktionsanlagen werden Methoden des Maschinellen Lernens eingesetzt. So ermöglicht das optische Prüfen zusammen mit der durchgehenden Digitalisierung nicht nur eine 100-Prozent-Kontrolle, sondern auch das Optimieren der Prozesskette.

Das Projekt GUmProDig (Ganzheitliche Umform-Prozess-Digitalisierung)

Das Projekt wird im Rahmen des »Technologietransfer-Programms Leichtbau« vom Bundesministerium für Wirtschaft BMWi gefördert. Projektpartner Fraunhofer IPM (Koordinator), IFU Universität Stuttgart, Räuchle, VisometrySotec Software Entwicklungs GmbH & Co. Mikrocomputertechnik KG und Marposs Monitoring Solutions (assoziierter Partner). Projekt-Laufzeit 2021 bis 2024.

Bild oben: Die Daten aus der optischen Einzelprüfung der kaltgeformten Leichtbau-Teile dienen der Prozessoptimierung mit dem Ziel einer Null-Fehler-Produktion. (Quelle: Pixabay | geralt)


Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung, idw

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