Die JEC World startet heute in Paris. Wer noch ein wenig Zeit hat, sollte möglicherweise bei folgenden Ausstellern genauer hinschauen und einen Blick über den eigenen Tellerrand riskieren – oder sich in unerwartetem Fachgespräch inspirieren zu lassen. Wir haben Ihnen die interessanten Ideen in thematische Gruppen vorsortiert.

Dieser Beitrag wird laufend ergänzt, so dass es sich auch später noch lohnt reinzuschauen. So mancher persönliche Kontakt lässt sich auch nach der Messe noch initiieren …

Rohstoffe und Halbzeuge

Enka Spacer (Quelle: Freudenberg Performance Materials)

Freudenberg Performance Materials zeigt in Halle 6 / Q71 Vliesstoffe aus Glas, PAN und PET sowie Kernmaterialien für die Herstellung von Leichtbaukonstruktionen. Die Materialien eignen sich beispielsweise für eine Korrosionsschutzschicht im Rohr- und Behälterbau über das Erzeugen glatter, UV-beständiger Oberflächen bei Fassadenplatten bis hin zu speziellen Einsatzzwecken. Die Produkte von Enka Solutions, das seit 3 Jahren zu Freudenberg gehört, eignen sich bei der Herstellung von Composites als Fließmedien und Abstandhalter. Sie ermöglichen schnelle Harz- oder Schaumströme durch das gesamte Verbundbauteil.

Das Wabenmaterial basiert auf Aramidpapier. (Quelle: Schütz)

Schütz Composites stellt in Halle 6 /D50 unterschiedliche Anwendungsbereiche für sein Leichtbaumaterialien, unter anderem das Hightech-Material Cormaster vor, das durch seine Wabenform mechanische Festigkeit und Widerstandsfähigkeit mit einem niedrigen Eigengewicht verbindet. So zeigt das Unternehmen eine gemeinsam mit Airbus und Satair neu entwickelte Lösung für Bodenplatten im Flugzeugbau.

Leichtbau für H2-Technologien: Spezielle Carbonfaser für Drucktanks (Quelle: SGL Carbon)

SGL Carbon wird am Stand Halle 6 / D43 eine neue 50k-Carbonfaser präsentieren. Die Sigrafil C T50-4.9/235 erfüllt noch besser die hohen Festigkeitsanforderungen für gängige Drucktank-Konstruktionen und weist außerdem ein hohes Dehnungsvermögen auf. Auch weitere Anwendungen in Marktsegmenten, die eine hohe Festigkeit und Dehnung voraussetzen, werden damit ermöglicht.

Prozesse und Verfahren

Wickert Maschinenbau stellt die nach eigenen Angaben schnellste Heiz-Kühl-Presse der Welt in Halle 5 / M64 vor. Die Composite-Presse mit einer Heizplatte von 600 x 600 mm und einer Presskraft von 25 t erreicht Heiz- und Kühlraten bis 50 K/min. Bei der dort ausgestellten Heiz-Kühl-Presse handelt es sich um eine Laboranlage für die Forschung. Es sind Pressen für Temperaturen bis 450º C verfügbar. Mit ihrer Hilfe werden vor allem Hochleistungsthermoplaste in der Luft- und Raumfahrt verarbeitet, aber auch Membran-Elektroden-Einheiten (MEA) für Brennstoffzellen gefertigt.

Progressive Nesting ist eine Funktion der Software (Quelle: Jetcam)

Jetcam zeigt Softwarelösungen auf dem Composites UK-Pavillon in Halle 6 / S52. Die Software dient in der Verarbeitung von Composites zum Berechnen von Verschachtelung, Verfolgung von Materialposition, Lebensdauer und Verbrauch sowie Automatisierung, beispielsweise die Software mit dem Namen Expert – eine Verschachtelungs- und Automatisierungssoftware. Die neueste Option umfasst Ultra Performance Nesting: eine Funktion, die eine progressive Verschachtelung von Mustermengen und Materialeffizienz ermöglicht.

(Quelle: Alan Harper Composites)

Alan Harper Composites (AHC) stellt die wiederverwendbare Silikontechnologie fiRST (Fiber Infusion Reusable Silicone Technology) vor. Das Unternehmen ist zusammen mit seinen französischen Partnern CMS und Nord Composites in Halle 5 / T39 zu finden. Mit der Technologie hat AHC einen Ersatz für Einweg-Vakuumbeutel entwickelt, die bei der Vakuuminfusion als Produktionsabfälle entstehen.

Mit einem Automationskonzept für den zuverlässigen Faserwechsel sowie der neuen Spezial-Wickelsoftware „µRoWin“ stellt sich Roth Composite Machinery den Fragen den Fachbesucher in Halle 5 / K6. Besonderer Blickfang ist dabei wohl die neue Spleißeinheit, die sich in der Erprobungsphase als sehr leistungsstark erweist. Mit Hilfe von Druckluft werden die einzelnen Fasern für alle Faserstränge parallel zu einer sicheren Verbindung mit den Wechselfasern verwirbelt. Das automatisierte Verfahren mitsamt der entsprechenden Maschine kann den Vorgang des Faserwechsels schnell und sicher abbilden.

Während der Messe produziert Engel die Revisionsklappen für Passagierflugzeuge im Organomelt Verfahren. (Quelle: ENGEL)

Der Maschinenbauer Engel demonstriert auf seinem Stand Halle 5 / N79, wie sich sowohl für die Luftfahrt– als auch die Automobilindustrie hohe Produktionseffizienz und Wirtschaftlichkeit mit Nachhaltigkeit vereinen lassen. Im Organomelt Verfahren werden in einem einzigen integrierten Prozessschritt thermoplastische Faserverbund-Halbzeuge – zum Beispiel Organobleche und UD-Tapes – umgeformt und funktionalisiert. Versteifungsrippen oder Montageelemente werden unmittelbar nach dem Umformen im selben Werkzeug mit einem Thermoplast aus der Gruppe des Matrixmaterials des Organoblechs angespritzt. Dies leistet außerdem einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Der konsequent thermoplastische Monomaterialansatz vereinfacht das spätere Recycling der Bauteile. Um das breite Einsatzspektrum sowohl im Bereich Flugzeugbau als auch Automobil zu präsentieren, werden während der drei Messetage im Wechsel zwei unterschiedliche Materialsysteme verarbeitet. Zum einen werden Organobleche mit PEEK-Matrix mit einem PEEK umspritzt und zum anderen werden PPA-basierte Organobleche in Kombination mit PPA verarbeitet.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft

CompPair hat ein System entwickelt, das mit dem Liquid Composites Moulding (LCM)-Verfahren kompatibel ist. In Zusammenarbeit mit anderen Schweizer Unternehmen wurde ein Teil einer Windturbine hergestellt, um das „Heilungs“-Potenzial bei LCM
Verfahren zu demonstrieren. Das neue Infusionssortiment des Unternehmens soll neue Märkte zu erschließen, darunter die Schifffahrt und die Windenergiebranche. Der Wind-Demonstrator wird auf dem Stand des Unternehmens Halle 5 / D29 ausgestellt.

Strukturbauteil für die Luftfahrt aus Recycling-Carbon (Quelle: STFI)

Das STFI fokussiert am Stand Halle 5 / D79 auf erfolgreiche Beispiele aus Industriekooperationen, die zur Nachhaltigkeit des Herstellungsprozesses beitragen. Im Forschungsvorhaben optiformTEX wurde eine neue Technologie für flächige Naturfaser (NF)-Halbzeuge mit be-lastungsgerechter topologischen Fasermasseverteilung entwickelt. Diese lässt eine Gewichtsreduzierung bis 30 % bei Leichtbauteilen vor allem im Automobil-Interieur zu. Im Ergebnis des Vorhabens „HiPeR – Orientierte Carbonfaserstrukturen aus Luftfahrt-Produktionsabfällen zum Wiedereinsatz im Flugzeug“ entstand ein Strukturbauteil für die Luftfahrt aus Recycling-Carbon. Dafür wurden die dem Fachpublikum präsentierten rCF-Tapes sowohl aus recoverten, mechanisch aufbereiteten Abfällen als auch aus pyrolysierten Fasern entwickelt. Das Bauteil selbst wird am CU-Messestand/CTC präsentiert.

Am gleichen Stand (Halle 5 / D79) zeigt das Institut für Strukturleichtbau der Technischen Universität Chemnitz seine Expertise in der Entwicklung multifunktionaler Leichtbau- und weiterer Kunststoffbauteile, die energieeffiziente, wirtschaftliche und seriennahe Fertigungsprozesse ermöglichen. Viele dieser Komponenten werden bereits im Flugzeug-, Automobil- und Maschinenbau angewendet. Zu sehen sind ein modulares Schalungssystem für Betonfertigteile auf Basis nachwachsender und recycelbarer Rohstoffe oder die Technologie des 3D-Betondrucks, mit der kraftflussgerechte Leichtbaudesigns realisiert und ein erheblicher Beitrag zur Ressourceneinsparung und Dekarbonisierung im Bauwesen geleistet werden kann. Mit dabei in Paris sind außerdem die Leichtbaufelge eines
innovativen Arbeits- und Lastenfahrrades der Münchner Marke mocci sowie eine neuartige Fahrzeugtürstruktur in thermoplastischer Composite-Bauweise auf Basis der sogenannten Effiload-Technologie.

Bild oben: (Quelle: Depositphotos)


Christine Koblmiller

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft und überzeugter Leichtbau-Fan.

Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de habe ich 2018 ein neues Medienformat im B2B-Umfeld geschaffen. Leichtbauwelt ist Inspiration für Ihren Fortschritt und Wissen, wie’s leicht wird. Leichtbauwelt verlinkt, vernetzt und ordnet ein, verlagsunabhängig und transparent. Partei ergreife ich nur für den Leichtbau, von dessen Nutzen ich überzeugt bin.

Seit etwa 25 Jahren bin ich Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften. Für verschiedene führende Fachmagazine habe ich als eBusiness-Projektmanager Industrie schon 2001 crossmediale Angebote eingeführt, denn die Digitalisierung aller Lebensbereiche hat Einfluss auf unser Informationsverhalten. Deshalb bin ich mir sicher, dass sich die Medienbranche wandeln muss. Mehr über mich finden Sie unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.

„Leichtbau fasziniert und begeistert Techniker. Die Entwicklung von Leichtbauwelt zeigt, dass der Markt ein solches Angebot braucht.“

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