„Die Leichtbaustrategie hat zu recht die Wettbewerbsfähigkeit des Leichtbaus im Blick.“
Anemon Strohmeyer ist Sprecherin des Strategiebeirats der Initiative Leichtbau. Ihre Kompetenzsschwerpunkte sind Holz (Bau, Möbel, Verpackung), Automotive, (Umwelt)Recht / Abfallrecht und Kreislaufwirtschaft.
Sie ist außerdem Geschäftsführerin des Verbandes der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V. sowie der Gütegemeinschaft Innentüren aus Holz und Holzwerkstoffen e.V.
Ende Juli wurde die Leichtbaustrategie der Bundesregierung beschlossen. Die Maßnahmen sollen den Ausbau von Leichtbau-Technologien unterstützen und damit die Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität unterstützen. Wir haben bei den Sprecherinnen und Sprechern des Strategiebeirats der Initiative Leichtbau nachgefragt, was sich für Sie und ihre Branche seit der Veröffentlichung der Leichtbaustrategie des BMWK Anfang 2021 so alles bewegt hat.
Leichtbauwelt: Die Ziele der Leichtbaustrategie der Bundesregierung adressieren die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft. Wie werden diese in Ihrer Branche heute berücksichtigt und wie trägt Leichtbau zu nachhaltigem Wirtschaften bei?
Anemon Strohmeyer: Nachhaltigkeit ist die DNA der Holzwirtschaft. Der nachwachsende Rohstoff ist aber noch nicht die ganze Geschichte: Das Bauen mit Holz zahlt nicht nur auf die Materialwende, sondern auch auf die Wohnbauziele ein. Denn durch leichte, nachhaltige Baumaterialien und materialeffiziente Hybridbauweise kann in relativ kurzer Zeit durch Aufstockung in dicht besiedelten Gebieten Wohnraum geschaffen werden.
Basierend auf einem nationalen, nachhaltigen Rohstoff und mit verlässlichen politischen Leitplanken kann so auch wirtschaftliche Resilienz erreicht werden. Leichtbau ist kein Selbstzweck, sondern dient der Erreichung gesamtgesellschaftlicher Ziele in allen drei Bereichen der Nachhaltigkeit. Wir freuen uns sehr, dass die Leichtbauinitiative diesen Potentialen des Leichtbaus durch eine verfeinerte Wirkungskommunikation mehr Sichtbarkeit geben wird.
Leichtbauwelt: Macht die neue Leichtbaustrategie der Bundesregierung das Thema Leichtbau jetzt attraktiver für Ihre Branche?
Anemon Strohmeyer: Absolut! In einer Zeit der Rohstoff-, Energie- und Absatzkrisen gibt die Leichtbaustrategie der deutschen Industrie und dem Handwerk eine Perspektive. Die Leichtbaustrategie ist aktive politische Unterstützung und gibt den innovativen Unternehmen des Leichtbaus Rückenwind.
Leichtbauwelt: Welche Vorhaben in der Leichtbaustrategie der Bundesregierung halten Sie konkret für besonders relevant und innovativ – vielleicht auch mit Blick auf die bisherige Leichtbaustrategie?
Anemon Strohmeyer: Die Lebenszyklusorientierung und die Betonung der Kreislauffähigkeit sind aus unserer Sicht die wesentlichsten neue Facetten der erfolgreichen Leichtbauaktivitäten des BMWK. Denn Leichtbau ist mehr – und muss mehr sein – als nur eine möglichst effiziente Materialverwendung. Wir müssen die Krisen zusammendenken – und damit auch die Lösungen. Natürlich bringt das Herausforderungen für die Leichtbaubranche mit sich, aber die Leichtbauinitiative ist derart innovativ und nach vorne orientiert, dass sie mit dem Rückenwind der neuen Leichtbaustrategie diese Herausforderungen meistern wird. Denn an dieser Stelle setzt die Leichtbaustrategie wie bereits der Vorläufer 2021 zu recht an: Der Wissenstransfer zwischen den Leichtbaumaterialien, der intensive Austausch von Wissenschaft und Wirtschaft ist ein wesentlicher Schlüssel, um diese Herausforderungen materialübergreifend zu bewältigen.
Leichtbauwelt: Welche Aspekte der Leichtbaustrategie der Bundesregierung stellen für Ihre Branche in der Praxis eine Herausforderung dar? Und aus welchen Aspekten ergeben sich neue Wettbewerbschancen?
Anemon Strohmeyer: Sich in schwächelnden Märkten mit unsicheren Zukunftsaussichten mit so spezifischen Produkten wie denen des Leichtbaus technisch und wirtschaftlich zu behaupten, ist für die deutsche Wirtschaft nicht leicht. Gerade die Bauwirtschaft ist eher von nationalen Absatzmärkten geprägt. Sie wird sich angesichts der Baukrise daher relativ kurzfristig auch in neue Märkte entwickeln müssen. Dafür sind nicht nur technische Anpassungen etwa an abweichende Bauvorschriften erforderlich – jeder Markteintritt ist ein Risiko.
Die Förderung des BMWK – nicht nur im Bereich Forschung und Entwicklung, sondern auch die Investitionsförderung – können hier maßgebliche Enabler sein. Die Leichtbaustrategie hat daher zu recht die Wettbewerbsfähigkeit des Leichtbaus im Blick.
Leichtbauwelt: Reisen wir ins Jahr 2030, in das Jahr, in dem Deutschland nicht mehr als 440 Mio Tonnen Klimagas emittieren will. Die Leichtbaustrategie der Bundesregierung soll die Potenziale des Leichtbaus aktivieren. Welchen Beitrag wird der Leichtbau für den Klimaschutz in Ihrer Branche leisten und wie unterstützt Sie dabei die neue Leichtbaustrategie der Bundesregierung?
Anemon Strohmeyer: Die Leichtbaustrategie hat das Potential, den Leichtbau zu befähigen, eine relevante Stütze der gesamtgesellschaftlichen Transformation zu sein. Alle Akteure sind daher nun aufgerufen, die Leichtbaustrategie umzusetzen, damit wir 2030 sagen können: Die multiplen Vorteile des Leichtbaus in der Transformation wurden nicht nur erkannt, sondern die Potentiale des Leichtbaus mit Blick auf Klima- und Ressourcenschutz wurden gehoben. Wir hoffen sagen zu können: Der Bund ist dabei seiner Vorbildfunktion gerecht geworden und hat den erhofften Schub in Richtung Leichtbau gebracht und der Leichtbau wiederum hat die Herausforderungen, wie die des Recyclings, proaktiv angenommen und ist Teil des zirkulären Wirtschaftens geworden. Im Ergebnis ist Leichtbau 2040 dann hoffentlich nicht mehr Leuchtturm, sondern Benchmark!
Bild oben: Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin des Verbandes der Deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V., Gütegemeinschaft Innentüren aus Holz und Holzwerkstoffen e.V. (Quelle: Die Hoffotografen GmbH)
Autor: Christine Koblmiller
unterstützt durch die Geschäftsstelle Leichtbau des BMWK
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.