Demonstrator: Ronde mit mittig flach geschweißter FSW-Naht.

Ingenieure des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden haben in Kooperation mit Industriepartnern ein innovatives Verfahren weiterentwickelt, um moderne Leichtbau-Teile für Flugzeuge zu schweißen und zu formen.

Um komplex geformte und großformatige Bauteile aus besonders leichten Aluminiumlegierungen herzustellen, kombinieren die IWS-Experten zwei Verfahren: das Rührreibschweißen (englisch: friction stir welding = FSW), bei dem ein rotierendes Werkzeug durch seine Reibung am Werkstoff für die nötige Hitze beim Schweißen sorgt, und das sogenannte Kriechformverfahren.

„Diese Entwicklung ebnet den Weg zu leichteren Flugzeugen, die weniger Kerosin verbrauchen beziehungsweise mehr Passagiere und Nutzlast transportieren können und zudem kostengünstig gefertigt werden können“
Dr. Jens Standfuß (Projektkoordinator und Leiter des Geschäftsfeld Fügen am IWS)

In der Luftfahrt ist geringes Gewicht ein direkter Wettbewerbsvorteil. So können mit weniger Kerosin (Kosten / Umwelt) mehr Passagiere oder Nutzlast (Umsatz) befördert werden. Abstriche an der Sicherheit dürfen dabei nicht in Kauf genommen werden – Stichwort Schadenstoleranz.

Ansätze zum Leichtbau im Flugzeugbau sind Carbon oder Faserverbundstoffe, Metalllegierungen für die Außenhaut. Wichtig ist auch hier die mögliche industrielle Fertigung in großen Stückzahlen.

Druckkammer muss Passagiere zuverlässig schützen

Die Kabine ist letztlich ein großer beheizter Druckbehälter zum Schutz der Passagiere: In der dünnen, kalten Luft in zehn Kilometern Höhe muss ein künstlicher Überdruck erzeugt werden, damit Menschen diese Reise überhaupt überstehen. Nur ausgewählte Materialien sind dafür geeignet.

Zu diesen Werkstoffen gehört eine spezielle metallische Verbindung aus Aluminium, Magnesium und Scandium. Diese in der Fachwelt „AA5024 AlMgSc“ genannte Legierung wollen Flugzeugbauer in naher Zukunft für die Rumpfstrukturen von Passagiermaschinen verwenden. Denn „AA5024“ ist ähnlich fest wie bisher in der Luftfahrt eingesetzte Aluminium-Legierungen, aber etwa fünf Prozent leichter und korrosionsbeständiger.

Das Problem ist nur: Mit herkömmlichen Verfahren lässt sich dieser Werkstoff nicht fehlerfrei in die – in zwei Dimensionen gebogene – sphärische Form bringen, die benötigt wird, um aus ebenen Blechen große Strukturen für zukünftige Flugzeuge zusammenzusetzen.

Kriechformverfahren statt Streckziehen

AA5024 lässt sich jedoch nicht streckziehen, das bisher gebräuchliche Herstellungsverfahren für die großflächigen Bauteile. Auf der Suche nach alternativen unterstützte das Bundeswirtschaftsministerium deshalb im „Luftfahrtforschungsprogramms“ (LuFo) die Ingenieure von Airbus und Fraunhofer.

Das IWS-Team entwickelte ein Kriechformverfahren. Dabei wird das geschweißte Blech auf eine Musterform gelegt und an den Rändern luftdicht arretiert. Dann erwärmen die Ingenieure die Alu-Legierung mit Heizmatten und erzeugen gleichzeitig einen Unterdruck in der Musterform. Dieser Unterdruck zieht das Blech in die Tiefe, die Hitze garantiert die Verformbarkeit. Nach einer gewissen Zeit „kriecht“ der Werkstoff, wie der Fachmann sagt: „Die Spannungen bauen sich ab und das Blech ‚relaxiert‘, das heißt, es ‚gewöhnt’ sich gewissermaßen an seine neue Form“, erklärt Standfuß. „Aus der zunächst nur elastischen Verformung wird eine plastische.“ Auf diese Art und Weise lassen sich perspektivisch sphärische Strukturen kostengünstig fertigen.

Nach den ersten Experimenten mit Probe-Blechen wollen die Fraunhofer-Ingenieure das Verfahren im nächsten Schritt mit „Realbauteilen“ testen: also Segmenten, wie sie tatsächlich im Flugzeug verbaut werden. Bis die ersten Flugzeuge aus dem neuen Leichtbaumaterial abheben, wird allerdings noch etwas Zeit vergehen.


Quelle und weitere Infos: Fraunhofer IWS, idw-online, bbr

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