Das um 0,6 kg leichtere Nockenwellenmodul zeigt die positiven Effekte des Multi-Material-Leichtbau. Gefertigt aus faserverstärkten Duromeren reduziert es das Gewicht des Verbrennungsmotors, ist klimaschonender in der Herstellung und senkt die Montagekosten durch eine veränderte Bauweise. Gelungen ist dieses Leichtbauteil den Ingenieuren des Mahle Konzerns gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT und weiteren Partnern.
Das Nockenwellenmodul lässt sich, so die Wissenschaftler vom Fraunhofer ICT, deutlich leichter fertigen als das Pendant aus Leichtmetall. Bei der Wahl des Kunststoffs setzen die Projektpartner auf hochfeste, faserverstärkte Duromere, da sie hohen Temperaturen, mechanischen und chemischen Belastungen, wie sie etwa durch synthetische Motoröle und Kühlmittel verursacht werden, sehr gut standhalten. Das Nockenwellenmodul aus faserverstärktem Duromer mit Aluminiuminserts befindet sich im oberen Bauraum des Antriebsstrangs eines Verbrennungsmotor, so dass durch den Leichtbau nicht nur der CO2-Ausstoß reduziert, sondern auch der Schwerpunkt des Fahrzeugs gesenkt wird.
Multimaterial-Leichtbau schont das Klima
Klimaschonend ist das Bauteil schon bei der Herstellung, denn Kunststoffe mit hohem Faseranteil wiesen einen geringeren CO2-Footprint auf als Aluminium. Ganz ohne Aluminium kommt das Nockenwellenmodul allerdings nicht aus und ist deshalb ein gutes Beispiel für Multi-Material-Leichtbau. Weil die Steifigkeit der verwendeten Duromere nur ein Viertel des Werkstoffs Aluminium beträgt, wurden die Lagerböcke für die Nockenwelle kräftiger ausgelegt. Zusätzlich läuft die stählerne Nockenwelle nicht direkt in den Lagerböcken, sondern in Inserts aus Aluminium. Diese nehmen an den hochbelasteten Stellen der Nockenwellenlager die direkten Kräfte auf.
Weitere Vorteile durch den Leichtbau
Die Aluminium-Inserts werden beim Spritzgussprozess direkt eingelegt, so dass das monolithische Bauteil in einem Schritt ohne zusätzliche Montage und weitgehend endkonturnah gefertigt werden kann. Die Zykluszeit liegt bei 120 bis 140 Sekunden. Eine aufwendige Nachbearbeitung, wie beim Aluminiumdruckguss notwendig, entfällt. Ebenso ist der Montageaufwand im Motorenwerk deutlich geringer.
Kunststoffe weisen ein gutes Dämpfungsverhalten auf. Das akustische Verhalten des Nockenwellenmoduls lässt sich deshalb gut optimieren. Dies ist ein wichtiger Vorteil für die Automobilhersteller, denn beste NVH-Eigenschaften (Noise, Vibration, Harshness) sind ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil.
Die Funktionalität des Demonstrators erwies sich nach 600 Stunden sogenannter geschleppter Versuche am Motorenprüfstand in einem hochmodernen Otto-Verbrennungsmotor als einwandfrei. Mithilfe der anstehenden befeuerten Versuche – also unter den realen Bedingungen eines mit Brennstoff laufenden Motors – sollen nun Funktionalität und das NVH-Verhalten unter Berücksichtigung der Gaskräfte des Verbrennungsprozesses getestet werden.
Der Projektpartner Mahle und die assoziierten Partner Daimler AG, SBHPP/Vyncolit N.V. und Georges Pernoud, sind mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden. Eine Übernahme in die Serienfertigung nach erfolgreichen weiteren Tests erscheint daher möglich. Das Projekt wurde vom BMWi gefördert.
Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg wählte das Nockenwellenmodul zum ThinKing im Juli 2020.
Update 17.07.20: Eine Nachfrage bei LinkedIn zum Thema Recyclingfähigkeit und Trennen der Materialien am Ende des Lebenszyklusses beantwortete die Firma Mahle: „Untersuchungen des Potenzials zur Vermeidung der Treibhausgase sind notwendig, um die Umwelteinwirkungen im Vergleich zum Stand der Technik nicht nur während der Nutzung des Fahrzeugs zu analysieren, sondern über den gesamten Lebenszyklus. Potenziale auf diesem Gebiet konnten bei internen Analysen des Materialherstellers identifiziert werden.“
Quelle und weitere Infos: Leichtbau BW, Fraunhofer ICT, Springer Professional, Kunststoffweb, KEM
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