Die Konstruktion des „ILO 1“ ist ein Paradebeispiel für Top-down-Konzeptleichtbau und der ThinKing Januar 2018 des Leichtbau BW (Quelle: Leichtbau BW)

„Ökologisch nachhaltig und trotzdem Rendite – das geht wohl nur mit Leichtbau“

Ökologie und Rendite sind über den Leichtbau sehr wohl miteinander vereinbar – das zumindest behauptet Dr. Wolfgang Seeliger im Gespräch mit Christine Koblmiller für die Leichtbauwelt. Es geht um Orientierung, um Lernfähigkeit und die Tatsache, dass ein Auto kein Auto sein muss, um uns von A nach B zu bringen.

Leichtbauwelt: Auf dem Würzburger Leichtbaugipfel im März fiel der Satz: „Der Leichtbau muss sich neu orientieren“. Woran?

Dr. Wolfgang Seeliger, Geschäftsführer der Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg. (Quelle: Leichtbau-BW)

Dr. Wolfgang Seeliger: Ziel des Leichtbaus ist, das richtige Material an der richtigen Stelle einzusetzen – und dabei nur so viel zu verwenden, wie nötig. So kann man im Leichtbau ganze Optimierungsspiralen in Gang setzen.

Wenn etwa die Masse an bewegten Teilen in einer Maschine reduziert werden kann, dann können auch Antriebe kleiner dimensioniert werden – das spart dann im Betrieb auch noch zusätzlich Energie.

Oder nehmen wir die Architektur: Wenn man beispielsweise das Gewicht einer Decke verringert, dann können Stützen und Wände anders gestaltet werden, weil sie weniger Gewicht tragen müssen.

Leichtbauwelt: Ihre Antwort zeigt einmal mehr: Leichtbau ist eine branchenübergreifende Denkweise, für die es den Boden zu bereiten gilt. Welche Branchen können im Leichtbau besonders gut voneinander lernen?

Dr. Seeliger: Alle Branchen können von der Luft- und Raumfahrt aber auch der Architektur lernen; und der Maschinenbau kann vom Automobilbereich lernen, der in den vergangenen Jahren einer der Treiber für den Leichtbau war.

Leichtbauwelt: Nächste Woche steigen nacheinander zwei hochkarätige Events mit dem Focus Leichtbau. Die MatX in Nürnberg und der 5. Technologietag Hybrider Leichtbau in Stuttgart. Die Branche spricht gar schon von der Süddeutschen Leichtbauwoche. Warum lohnt es sich, am 25. Juni nach Stuttgart zu kommen?

Dr. Seeliger: Weil die Teilnehmer dort ihre Kunden finden: Sei es beim organisierten B2B-Matching, im Gespräch mit den Referenten oder beim Streifzug durch die begleitende Fachausstellung, bei der Unternehmen ihre Leichtbaulösungen präsentieren. Beim Technologietag können sie neue Kontakte knüpfen. Experten und Anwender aus Industrie und Forschung stellen konkrete Lösungsansätze aus dem Leichtbau vor.

Leichtbauwelt: Ein Schwerpunkt des Technologietags wird der Konzept-Leichtbau sein. Hier geht es darum, Produkte komplett neu zu denken. Warum?

Dr. Seeliger: Der Konzept-Leichtbau ist meiner Ansicht nach der Leichtbau der nächsten Generation. Wir sind hier erst ganz am Anfang. Mit Hilfe des Konzept-Leichtbau werden die Produktmassen in den kommenden Jahren nicht nur um vielleicht 10 oder 15 Prozent des Gesamtprodukts verringert werden können, sondern zum Beispiel um die Hälfte.

Leichtbauwelt: Wie habe ich mir das konkret vorzustellen, wenn sich Entwickler Produkte neu denken, Gewohntes abstreifen und bei Null anfangen?

Dr. Seeliger: Beim Konzept-Leichtbau müssen Entwickler zuerst methodisch hinterfragen, welche Funktionalität das Produkt genau erfüllen muss. Das Design und die Konstruktion werden dann genau auf die Erfüllung dieser identifizierten Funktionen zugeschnitten.

Wenn man beispielsweise weg von einem „klassischen” Auto mit schwerem Motor und einem großem Kühler vorne und einem Tank hinten im Fahrzeug geht, dann haben wir dank Konzept-Leichtbau in Kombination mit E-Mobilität ganz andere Möglichkeiten, ein Auto zu denken.

Leichtbauwelt: Der Leichtbau ist ein spannendes Thema, weil er voller Zukunftsmöglichkeiten und Hoffnung steckt. Was fasziniert Sie persönlich daran?

Dr. Seeliger: Ökologisch nachhaltig und trotzdem Rendite – das geht wohl nur mit Leichtbau. Denn mit Leichtbau kann man ein Bauteil oder Produkt nicht nur leichter machen, dabei Material einsparen und die Herstellungskosten senken, sondern es gleichzeitig auch noch in seiner Funktion verbessern.

Baden-Württemberg ist im Leichtbau ein international führender Standort, denn hier im Land ist die gesamte Wertschöpfungskette von Forschung über Konstruktion und Simulation bis hin zur Fertigung vertreten. Wir können hier richtig etwas bewegen und die Unternehmen voranbringen.

Titelbild: Die Konstruktion des „ILO 1“ ist ein Paradebeispiel für Top-down-Konzeptleichtbau und der ThinKing Januar 2018 des Leichtbau BW (Quelle: Leichtbau BW)


Dipl.-Ing. (FH) Christine Koblmiller

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft

Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de hat sie 2018 den Schritt in die Selbständigkeit gewagt und mit Leichtbauwelt ein neues Medienformat geschaffen, das sie zum Erfolg führen wird.
Christine Koblmiller ist seit 1995 Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften (Chemie Technik, Plastverarbeiter, neue verpackung). Für diese Fachmagazine des Hüthig-Verlages sowie Objekte des Verlags moderne industrie hat sie als eBusiness-Projektmanager den Online-Bereich maßgeblich mitgestaltet und schon im Jahr 2001 crossmediale Angebote eingeführt. Mehr über Christine Koblmiller unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.

„Leichtbau fasziniert und begeistert Techniker. Ich bin überzeugt davon, dass der Markt für ein Angebot wie Leichtbauwelt.de reif ist.“

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