Das Start-up Holy Technologies will den Leichtbau dekarbonisieren. Das ist ein hehres Ziel, ist das Recycling von Composites doch eine der größeren Herausforderungen im Leichtbau. Die Gründer haben eine Technologie für das Auslegen und Herstellen von CFK-Bauteilen entwickelt, bei der die Verstärkungsfasern als kontinuierliche Fasern im Bauteil integriert sind. So lassen sich Leichtbauteile entwickeln und fertigen, die später recyclingfähig sind, ohne die Fasern zu kürzen. Die Technologie von Holy Technologies erschließt damit eine neue Kategorie von Bauteilen, die das Potenzial haben, umweltfreundlicher, leichter und kostengünstiger zu sein. Wie das genau funktioniert, haben wir einen der Gründer, Bosse Rothe, gefragt.
Bild oben: Das Team von links: Bosse Rothe, Dario Fiumarella, Moritz Reiners, Moritz Möker (Quelle: Holy Technologies)
Im Leichtbau sind branchen- und werkstoffübergreifende Impulse und neue Inspirationen für kreative, technologische Lösungen äußerst wertvoll. In der Serie „Pioniere der Leichtbauwelt“ kommen deshalb Gründer und Start-ups zu Wort. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre Technologie, ihre Ideen und Visionen vorzustellen. Wenn sich so neue Partnerschaften über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg ergeben, dann haben wir bei Leichtbau(welt) unser Ziel erreicht: Inspiration für ihren Fortschritt.
Der Name des Start-ups Holy Technologies ist inspiriert von der Vision der Gründer einer effizienten und nachhaltigen Materialnutzung – dem Holy-Grail (heiligen Gral) der Nachhaltigkeit. Außerdem lehnt er als Wortspiel an einen „holistischen“ Manufacturing Ansatz an. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Hamburg und baut derzeit an einem interdisziplinären Team von sowohl Composite- als auch Software-Ingenieuren.
Leichtbauwelt: Was hat ihre Idee, ihre Technologie mit Leichtbau zu tun?
Bosse Rothe: Wir lösen die Kernprobleme im Leichtbau: Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz. Mit unserer Technologie ermöglichen wir eine nahezu vollständige Recyclingfähigkeit der Fasern – bis zu 99 Prozent, was eine mehrfache Verwendung der Fasern innerhalb von strukturrelevanten Applikationen ermöglicht. Gleichzeitig haben wir die Ambition, mit unserem Verfahren die Produktionskosten im Vergleich zu aktuellen Methoden, um bis zu 50 Prozent zu reduzieren. Unser Ziel ist es, die Herstellung von Faserverbund-Bauteilen deutlich effizienter zu gestalten, um so auch neue Märkte für den Faserverbund dazu gewinnen zu können. Nur so kann der Leichtbau zukünftig noch viel leichter sein – eine Herausforderung, der wir uns im Rahmen des Klimawandels dringend stellen müssen.
Leichtbauwelt: Was ist daran technologisch besonders interessant?
Bosse Rothe: Das technologisch Besondere an unserer Innovation ist der ganzheitliche Ansatz, der Herstellungs- und Recyclingdaten in die Faserpfadauslegung der Bauteile integriert, um so mit einer langen, unabgeschnittenen Faser, fertige Bauteile zu schaffen. Dies ermöglicht eine echte Kreislauffähigkeit und maximale Materialeffizienz. Wir sind die ersten weltweit, die ein solches System entwickelt haben, und haben dazu die ersten Patente bereits angemeldet. Unsere Technologie ermöglicht nicht nur eine verbesserte Nachhaltigkeit, sondern hebt auch die Leistungsfähigkeit der Bauteile auf ein neues Level.
Leichtbauwelt: Können Sie für uns ihre Innovation in wenigen Sätzen erklären?
Bosse Rothe: Unsere Technologie ist nicht nur für Kreislauffähigkeit entwickelt, sondern auch für bahnbrechende Effizienz. Wir berücksichtigen den Ansatz „Design for Recycling“ in einem kompromisslos nachhaltigen Design: Wir sammeln große Mengen an Daten aus Herstellung und Recycling, um einzigartige Faserpfade zu berechnen, die sowohl effizient als auch kreislauffähig sind. Besonders wichtig dabei ist die einzelne durchgehende Faser: Unsere Verwendung einer kontinuierlichen Faser, die wir zu keinem Zeitpunkt abschneiden, ermöglicht einen minimalen Qualitätsverlust der Fasern am Lebensende und die Wiederverwendung in Hochleistungsanwendungen über mehrere Leben hinweg.
Dabei nutzen wir Anregungen aus der Bionik: Durch Ausrichtung der Fasern entlang der Lastpfade erzielen wir äußerst präzise Verstärkungen und eine extreme Materialeffizienz – das Prinzip der bionischen Verstärkung.
Leichtbauwelt: Erzählen Sie uns, wie die Idee dazu entstanden ist?
Bosse Rothe: Unsere Technologie entstand aus dem Bedarf heraus, Faserverbundbauteile vollkommen kreislauffähig zu machen. Leider erlauben derzeitige Herstellungsverfahren kein wirkungsvolles Recycling der Fasern, ohne diese zu zerkleinern und damit signifikant mechanisch abzuwerten. Wir schaffen nun eine ganzheitliche Technologie, die es für den industriellen Bedarf ermöglichen soll, Fasern über mehrere Produktlebenszyklen hinweg nahezu ohne Qualitätsverlust wiederzuverwenden.
Ein weiterer entscheidender Impuls kam durch die jüngsten Entwicklungen im Bereich recyclingfähiger Harze, wie zum Beispiel Recyclamine von Aditya Birla. Die Möglichkeit, Harz energieeffizient und minimal invasiv von den Fasern zu trennen, war für uns der Startschuss, eine umfassende Lösung für Fasermaterialien zu entwickeln. Moritz Reiners, mein Mitgründer und CTO, bringt mit seinen langjährigen Erfahrungen vom Composite Technology Center tiefgreifende Fachkenntnisse mit. Ich selbst habe zuletzt ein Venture-Capital-finanziertes Software-Unternehmen im Recycling-Bereich in Berlin aufgebaut. Nach Jahren der Diskussion von vielen möglichen Ansätzen fiel Anfang letzten Jahres auf einem Segeltörn die Entscheidung. Moritz und ich sahen das Potenzial, das sich aus der Verschmelzung unserer Fachgebiete ergibt, und entschlossen uns, unsere gesamte Energie auf die Verwirklichung dieser Technologie zu konzentrieren.
„Der größte Nutzen liegt in der signifikanten Reduzierung des Bauteilgewichts und des CO2-Fußabdrucks.“
Leichtbauwelt: Worin sehen Sie den größten Nutzen für Ihre potenziellen Kunden?
Bosse Rothe: Beim jetzigen Stand der Technologie, liegt der größte Nutzen für Kunden in der signifikanten Reduzierung des Bauteilgewichts und des CO2-Fußabdrucks. Unsere Lösung ermöglicht eine Gewichtsreduktion der Bauteile und kann den CO2-Fußabdruck der Fasern durch eine mehrfache Verwendung signifikant senken. Diese Vorteile sind vor allem im High-Performance-Segment der Automobil- und maritimen Industrien sehr gefragt. Unsere Technologie bietet nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche und leistungstechnische Vorteile, die in diesen Industrien entscheidend sind. Darüber hinaus nutzen wir die Kleinserien unserer Kunden, um die erheblichen Kosteneinsparungen zu validieren, die besonders bei Großserien von entscheidender Bedeutung sind.
Leichtbauwelt: Welchen Beitrag können Sie mit Ihrer Technologie zum Klimaschutz leisten?
Bosse Rothe: Unsere Technologie trägt zum Klimaschutz in mehrfacher Hinsicht bei. Die Materialeffizienz ist dabei der wichtigste Punkt. Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten 5 Jahren technisch in der Lage sein werden, Kohlefasern bis zu 7-mal wiederzuverwenden. Mit jedem weiteren Leben sind wir somit in der Lage das Co2-intensive Virgin Material zu ersetzen. Außerdem erreichen wir durch die Gewichtsreduzierung der Bauteile eine höhere Materialeffizienz, wodurch weniger Rohstoffe benötigt werden und die CO2-Emissionen pro Bauteil signifikant sinken. In der Produktion ermöglicht unsere Technologie eine 100-prozentige Nutzung der Fasern, das heißt wir haben keinerlei Verschnitt. Dies minimiert den Ressourcenverbrauch und reduziert den CO2-Fußabdruck des Produktionsprozesses. Und letztendlich durch die erhebliche Reduzierung der Herstellungskosten: Wir erhoffen uns, völlig neue Anwendungsmöglichkeiten für Faserverbundmaterialien eröffnen zu können. Dies erlaubt den Ersatz schwererer Materialien wie Aluminium oder Stahl und kann somit in signifikanten Verbesserungen für beispielsweise Batterielaufzeiten als auch höhere Nutzlasten für Fahrzeuge wie Flugzeuge, Drohnen oder Lastwagen resultieren.
„Wir sind davon überzeugt, dass kreislauffähige Mobilität die nächste Evolutionsstufe des Mobilitätssektors darstellt.“
Leichtbauwelt: Wird dieser Beitrag von den Anwendern gesehen oder gar geschätzt?
Bosse Rothe: Ja, unsere Kunden erkennen und schätzen den Mehrwert unserer Technologie sehr. Insbesondere die Fähigkeit, mit einem nachhaltigeren Produkt bei gleichbleibender Leistungsfähigkeit das Gewicht zu reduzieren, wird als etwas komplett Neues angesehen.
Leichtbauwelt: Welche weiteren Entwicklungen planen Sie?
Bosse Rothe: Ein Fokus auf unsere derzeitigen Märkte ist entscheidend, besonders in der Frühphase, wo Ressourcen begrenzt und Möglichkeiten zahlreich sind. Trotzdem haben wir auch Zukunftspläne: Wir beabsichtigen, unsere Technologie aus dem High-Performance-Segment auf breitere Anwendungsfelder auszuweiten. Zudem sehen wir großes Potenzial darin, unsere Technologie auf andere Materialien wie Naturfasern, Aramid- oder Glasfasern zu adaptieren.
Leichtbauwelt: Wo sehen Sie Ihre Technologie oder Ihr Unternehmen mittelfristig?
Bosse Rothe: Mittelfristig sehen wir unsere Technologie als einen wesentlichen Treiber für die Dekarbonisierung im Leichtbau. Unser Ziel ist es, als Innovationsmotor der Branche anerkannt zu werden, indem wir wirtschaftliche und nachhaltige Lösungen bieten. Dabei planen wir, unsere Reichweite sowohl innerhalb als auch außerhalb des High-Performance-Segments zu erweitern. In dieser Position wollen wir den Übergang zu einer nachhaltigeren, effizienteren Produktion in verschiedenen Industrien maßgeblich beeinflussen.
Leichtbauwelt: Für welche Branchen könnte ihre Idee über die bisherigen Anwendungen hinaus nützlich sein?
Bosse Rothe: Unsere Technologie hat das Potenzial, über die Automobil- und maritimen Industrien hinaus auch in der Luft- und Raumfahrt, im Advanced Air Mobility sowie im Energiebereich Anwendung zu finden. Ihre besonderen Eigenschaften, wie die Kreislauffähigkeit der Fasern und die enorme Materialeffizienz, machen sie ideal für Sektoren, die nachhaltige, leichte und dennoch robuste Materialien benötigen. Wir adressieren damit sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Herausforderungen, die für viele Branchen von entscheidender Bedeutung sind.
Leichtbauwelt: Für welche Anwendungen lässt sich Ihre Idee (noch) nicht einsetzen?
Bosse Rothe: Wir fokussieren die Entwicklung unserer Technologie derzeit besonders auf Kohlefaser-Strukturbauteile zwischen 20 cm und 3 m. Obwohl die Technologie prinzipiell auch für größere Bauteile sehr gut geeignet wäre, ist dies in unserem aktuellen Unternehmensstatus aus
praktischen Gründen noch nicht umgesetzt.
„Vor allem zwei aufstrebende Sektoren verdienen im Leichtbau besondere Aufmerksamkeit: Wasserstoff-Druckbehälter und die Advanced Air Mobility.“
Leichtbauwelt: Kennen Sie den CO2-Footprint ihres eigenen Unternehmens?
Bosse Rothe: Wir sind uns des CO2-Fußabdrucks unseres Unternehmens sehr bewusst und arbeiten konstant an seiner Reduzierung. Unsere interne Nachhaltigkeitsstrategie beinhaltet sowohl umweltfreundliche Betriebsführung, durch beispielsweise den Verzicht auf Kurzstreckenflüge, als auch die Minimierung des Energiebedarfs im Rahmen der technischen Auslegung unserer Produktionslinie. Darüber hinaus setzen wir primär Chemikalien ein, die aus natürlichen Rohstoffen gewonnen werden und mit geringem energetischem Aufwand zu recyceln sind.
Leichtbauwelt: Wo war der „Point of no return“ auf dem Weg von der Idee zur Unternehmensgründung?
Bosse Rothe: Der „Point of no return“ war für uns der Moment, als wir die technische Machbarkeit unserer Innovation in einem Pilotprojekt bestätigen konnten. Das gab uns die Zuversicht, dass unsere Idee großes Potential hat.
Leichtbauwelt: Wie ergänzen Sie sich im Team?
Bosse Rothe: Moritz und ich sind bereits ein eingespieltes Team. Wir haben früher zusammen gerudert, und seither viele Meilen miteinander gesegelt. Wir ergänzen uns Ideal: Ich fokussiere mich auf die unternehmerischen Aspekte und den Vertrieb, während Moritz die technologische Vision in konkrete Produkte und Lösungen umsetzt.
Die größte Herausforderung im Leichtbau ist, …
~… die Vereinbarkeit von Nachhaltigkeit, High-Performance und Kosteneffizienz.
Leichtbauwelt: Gab es besondere, spannende Herausforderungen bei bisherigen Projekten? Erzählen Sie uns bitte davon!
Bosse Rothe: Wir hatten den Auftrag, ein bereits hochoptimiertes Bauteil für einen Motorsportkunden, sowohl komplett recyclingfähig, als auch signifikant leichter zu machen. Es war der Anspruch, dass auch das recycelte Bauteil im zweiten Leben immer noch den ursprünglichen Spezifikationen entspricht. Es war ein Balanceakt – aber schlussendlich ein Erfolg!
Leichtbauwelt: Welchen Besonderheiten begegnen Sie im „Leichtbau-Alltag“?
Bosse Rothe: Da unsere Technologie neu und disruptiv ist, suchen wir Kunden, die offen für echte Innovationen sind. Dass gewisse technologische Risiken damit einhergehen, sollte keine Überraschung sein. Ein spannender Moment war, als wir einen großen Kunden im Automobilbereich gewinnen konnten, der bereit war, diese „Reise“ mit uns anzutreten. Dies war ein Meilenstein für unser Unternehmen und hat uns gezeigt, dass der Markt bereit ist für disruptive Veränderungen im Leichtbau.
Leichtbauwelt: An welchen Hindernissen sind Sie in den letzten Jahren gewachsen? Gab es dabei ein besonderes Ereignis, eine wichtige Phase?
Bosse Rothe: Die größte Herausforderung, an der wir in den letzten Jahren gewachsen sind, ist sicherlich die Reise zum Produkt-Markt-Fit. Wir sind erst am Anfang dieser Reise, aber schon jetzt ist es eine emotionale Achterbahn. Es ist eine Sache, eine innovative Technologie zu entwickeln, aber eine ganz andere, sie so zu gestalten, dass sie die spezifischen Bedürfnisse unserer Kunden erfüllt. Diese Phase kann sehr emotional sein, da sie von vielen Hochs und Tiefs, Kehrtwenden und intensiven Lernmomenten geprägt ist. Ich kenne diese Phase bereits von den vorherigen Unternehmen, die ich aufgebaut habe, und weiß mittlerweile, je mehr Bewegung in dieser Phase ist, desto schneller kommt man zum Ziel.
Leichtbauwelt: Welche drei wichtigsten Tipps würden Sie all denjenigen mitgeben, die gründen wollen?
Bosse Rothe:
- Keep a long-term view: Unternehmertum ist ein Marathon, kein Sprint. Wenn du an deine Vision glaubst, dann ist es entscheidend, nicht aufzugeben, selbst wenn die Dinge schwierig werden oder anders laufen als geplant.
- Be unstoppable: Oftmals ist es nicht das Talent oder die Ressourcen, die den Unterschied ausmachen, sondern die Hartnäckigkeit und die Entschlossenheit, mit der man seine Ziele verfolgt. Wer unaufhaltbar seinem Ziel entgegentritt, hat die besten Chancen auf Erfolg.
- Learn faster: Die Fähigkeit, sich schnell anzupassen und kontinuierlich zu lernen, ist entscheidend für den Erfolg. Jede Herausforderung ist auch eine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Leichtbauwelt: Setzen Sie in der Produktion Ihrer Produkte selbst auf Leichtbau-Lösungen? Welche sind das – und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Bosse Rothe: Um unsere Formen als auch Endeffektoren sowohl leicht als auch schnell anpassbar zu gestalten, setzen wir für die Prototypenfertigung viel auf 3D-gedruckte Werkzeuge. Diese lassen sich deutlich freier gestalten als konventionell gefertigte Werkzeuge.
Leichtbauwelt: In welcher Branche entfaltet Ihrer Ansicht nach Leichtbau den größten Nutzen?
Bosse Rothe: Aus unserer Sicht entfaltet Leichtbau den größten zukünftigen Nutzen in Branchen, die eng mit der „Future of Mobility“ verbunden sind. Die effiziente Gestaltung von bewegten Massen ist nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein ökologischer Imperativ, besonders wenn wir das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens erreichen wollen.
Neben den bereits etablierten Märkten mit hohen Produktionsvolumen, wie der Automobil-, Luftfahrt- und Windenergieindustrie, verdienen vor allem zwei aufstrebende Sektoren besondere Aufmerksamkeit: Wasserstoff-Druckbehälter und die Advanced Air Mobility. Für die erfolgreiche Skalierung dieser aufstrebenden Märkte ist die Entwicklung neuer Fertigungs-Technologien unerlässlich. Ziel ist es, zukünftige Großserienproduktionen sowohl maximal effizient als auch nachhaltig zu gestalten. Um damit anzufangen, gibt es keinen besseren Zeitpunkt als heute.
Leichtbauwelt: Welche Branchen oder Trends treiben Ihrer Erfahrung nach die Entwicklungen im Leichtbau voran?
Bosse Rothe: Es sind drei Trends. Da ist zum einen der Übergang zu Elektromobilität in der Automobil- und Luftfahrtbranche. Dadurch steigt der Bedarf an leichten, aber robusten Materialien, um die Effizienz der Batterien zu maximieren. Zum anderen entstehen durch Fortschritte in unterschiedlichen Branchen neue Anforderungen. In der Windblatttechnologie beispielsweise sind Materialien und Konzepte erforderlich, die bisher als unmöglich galten. Diese neuen Anwendungen verlangen nach immer leistungsfähigeren und dabei leichten Materialien. Und selbstverständlich beeinflussen auch gesetzliche Vorgaben und Standards, insbesondere im Bereich der Umwelt und Nachhaltigkeit, zunehmend die Auswahl der Materialien und die Gestaltung von Leichtbaukomponenten.
„High-Performance Leichtbau und Nachhaltigkeit sollten sich nicht länger gegenüberstehen, sondern als Eins gesehen werden.“
Leichtbauwelt: Sehen Sie eine Konkurrenz der Werkstoffklassen um das „Beste Leichtbaumaterial“? Oder ist der Trend beim Thema Werkstoff ein ganz anderer?
Bosse Rothe: Ich sehe vielmehr die Notwendigkeit für spezialisierte Lösungen, die auf bestimmte Anwendungen und Herausforderungen zugeschnitten sind. Faserverbundmaterialien sind sicherlich die Zukunft, jedoch nur dann, wenn sie die Kriterien von Nachhaltigkeit, High-Performance und Kosteneffizienz erfüllen können. Disruptive Technologien bieten die Möglichkeit, diese Materialien neu zu denken und ihre Potenziale voll auszuschöpfen. Entscheidend wird sein, wie gut es gelingt, die Transition in diese neuen Technologien zu meistern.
Leichtbauwelt: Lassen Sie uns ein bisschen träumen: Wenn Sie einen Wunsch für den Leichtbau und / oder ihr Unternehmen frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Bosse Rothe: Nachhaltige Fertigung und Kreislauffähigkeit sind Themen, die nach wie vor meist noch oberflächlich behandelt werden. Insbesondere im Composite-Bereich ist hier noch viel Potential, Prozesse und Bauteile neu zu denken und bestehende Denkmuster zu hinterfragen, um sowohl weniger Material oder weniger umweltschädliche Chemikalien zu verwenden als auch um energiesparende Prozesse und ganzheitliche Recyclingkonzepte zu entwickeln. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, sollten High-Performance Leichtbau und Nachhaltigkeit sich nicht länger gegenüberstehen, sondern als Eins gesehen werden.
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