Faserverbundwerkstoffe sind per se meist eine sinnvolle Idee für Leichtbau, da sie gute mechanische Eigenschaften mit einer sehr geringen Dichte kombinieren. Bei Antefil beschränkt man sich allerdings aus Gründen des Klimaschutzes auf glasfaserverstärkte Thermoplaste und will mit einer besonderen Technologie eine verbesserte Effizienz in der gesamten Prozesskette bewirken können. Warum dazu in der Verarbeitung des Faserwerkstoffs deutlich weniger Energie aufgewendet werden muss, und was das mit der Vision aller Mitarbeiter des Start-ups zu tun hat, lassen wir uns von Christoph Schneeberger, einem der vier Gründer erklären.
Bild oben: Christoph Schneeberger ist einer der vier Gründer der Antefil Composite Tech AG (Quelle: Lea Ladner)
Die Antefil-Technologie steht für eine effiziente, zirkuläre Produktion von Verbundwerkstoffen – auch in großem Maßstab. Das erst in diesem Jahr gegründete Schweizer Startup war unter den Finalisten des JEC Startup-Boosters und hat bereits verschiedene Preise gewonnen, darunter die Initiative Venture Kick und den Spark Award der ETH Zürich.
Im Leichtbau sind branchen- und werkstoffübergreifende Impulse und neue Inspirationen für kreative, technologische Lösungen äußerst wertvoll. In der Serie „Pioniere der Leichtbauwelt“ kommen deshalb Gründer und Start-ups zu Wort. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre Technologie, ihre Ideen und Visionen vorzustellen. Wenn sich so neue Partnerschaften über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg ergeben, dann haben wir bei Leichtbau(welt) unser Ziel erreicht: Inspiration für ihren Fortschritt.
Leichtbauwelt: Welcher Impuls hat zur Gründung der Antefil Composite Tech AG geführt?
Christoph Schneeberger: Das ist unspektakulär – wir sind ein klassisches Universtitäts-Spin-off. Aus dem Thema unserer Grundlagenforschung an der ETH Zurich entstand eine Idee, der wir das Potenzial zutrauten, zügig in die industrielle Anwendung hineinzuwachsen. Nach den ersten mutmachenden Forschungsergebnissen, haben wir uns recht schnell Gedanken um einen Industrie-Transfer gemacht. Momentan arbeiten wir daran, die berüchtigte Lücke zwischen Forschung und industrieller Anwendung zu überbrücken, und genau dazu haben wir das Unternehmen gegründet. Denn wir wollten in genau dieser Besetzung vom Forschungsteam zum Unternehmerteam werden, um unsere Vision gemeinsam voranzutreiben.
Leichtbauwelt: … und dann gleich in der Rechtsform einer AG? Ist das nicht ungewöhnlich?
Christoph Schneeberger: Nein, gar nicht. Eine AG als Start-up ist in der Schweiz sogar eher typisch. Sobald ein Unternehmen Kapital in Form von Investment benötigt, wird es in der Schweiz praktisch immer in eine AG umgewandelt, um durch diese Rechtsform die Investoren zu schützen. Deshalb gibt es in der Schweiz sehr kleine AGs. Mein Lieblingsbeispiel für eine solche AG ist der Blumenladen bei mir um die Ecke – er hat zwei Angestellte und die Rechtsform einer Aktiengesellschaft.
Leichtbauwelt: Woher kommt der Name für das Unternehmen?
Christoph Schneeberger: Der Name hat mit unserer Technologie zu tun. Ante kommt aus dem Lateinischen für „zuvor“ und Fil steht für Filament. Wir kombinieren Faser und Matrix für den Faserverbund bevor die Filamente gebündelt werden.
Leichtbauwelt: Wer gehört außer Ihnen noch zum Gründerteam?
Christoph Schneeberger: Wir sind vier Gründer – das Kernteam aus dem Forschungsprojekt der ETH Zurich. Prof. Paolo Ermanni als CTO ist unser Visionär und Ideengeber. Nicole Aegerter und ich, wir sind die beiden jungen Techpreneurs. Sie bringt den materialwissenschaftlichen Hintergrund mit und ich habe Maschinenbau und Verfahrenstechnik studiert. Und der Vierte im Bunde, Thomas Billeter, ist unser Ökonom. Er ist gut vernetzt und hat 20 Jahre Erfahrung in der Start-up Szene der Schweiz. Derzeit haben wir einen Mitarbeiter in Festanstellung – und wir suchen weitere Verstärkung für unser Team.
Leichtbauwelt: Vier Gründer sind vier starke Schultern. Wie ergänzen Sie sich im Team? Welche Stärken bringen Sie jeweils mit?

Christoph Schneeberger: Wir sind drei technische Gründer und ein Ökonom. Und wir drei Techniker haben sehr unterschiedliche Stärken und Charaktere. Nicole hat ein Talent dafür, den Gegenpart zu argumentieren und so eine ganzheitliche Diskussion zum Finden neuer Aspekte zu ermöglichen. Paolo Ermanni ist der Visionär. Er schafft es, Technologie und Businesscase immer wieder auf eine neue Ebene zu bringen und spornt das Team durch neue Sichtweisen zu immer neuen Leistungen an. Ich selbst sehe mich eher als Pragmatiker und versuche ein Auge auf die Effizienz zu haben. Mein Handeln orientiert sich mehr am MVP-Ansatz (s. Kasten) der Softwareentwicklung, der durchaus auch in der Technologie funktioniert, wie Tesla das wunderschön gezeigt hat. Manchmal ist der „Lean-Appraoch“ mit Fokus auf den Kundennutzen sinnvoller als ausgefeilte High-Tech.
Auch bezogen auf das Alter ist unser Gründungsteam sehr divers. Zwei von uns sind kurz vor dem Rentenalter. Aber das ist ein klarer Vorteil. Unser Unternehmen profitiert nicht nur von einem umfangreichen Erfahrungsschatz, sondern auch davon, dass die beiden uns mit Erreichen der Rentenaltersgrenze dann vermehrt zur Verfügung stehen.
Ein Minimum Viable Product, wörtlich ein „minimal brauchbares oder existenzfähiges Produkt“, ist die erste minimal funktionsfähige Iteration eines Produkts, die dazu dient, möglichst schnell aus Nutzerfeedback zu lernen und so Fehlentwicklungen zu verhindern, die an den Anforderungen der Nutzer vorbei gehen. (Quelle: Wikipedia)
Leichtbauwelt: Was hat nun die Technologie von Antefil mit Leichtbau zu tun?
Christoph Schneeberger: Das hat mit der Art und Weise zu tun, wie wir unsere Halbzeuge herstellen, die durch einen prozessintegrierenden Ansatz auch selbst sehr zeit- und kosteneffizient ist. Wir stellen den Faserverbund schon beim Spinnen der Faser her. Und weil jede gesponnene Einzelfaser, schon mit der richtigen Menge an Thermoplast ummantelt ist, die sie im finalen Faserverbund benötigt, ist die weitere Verarbeitung zu einer Struktur, einem Vorformling, einem Halbzeug oder zu einem Bauteil ebenfalls sehr effizient. Zusätzliches Matrixmaterial wird nicht mehr benötigt.
„Unser grundlegendes Ziel ist, die Verbreitung von Faserverbundkunststoffen und damit den Leichtbau durch Technologieoptionen zu fördern.“
Leichtbauwelt: Können Sie das an einem konkreten Beispiel erläutern?
Christoph Schneeberger: Beim Stempelumformen erreichen wir Zykluszeiten, die denjenigen vorgeformter Organobleche gleichen, ohne dass unser Material zuvor vorgeformt oder langsam und energieintensiv imprägniert werden muss. Unser Material wird beispielsweise außerhalb der Presse über den Schmelzpunkt erhitzt und dann in der kalten Presse verpresst.
Außerdem ist der niedrige Porengehalt unseres Materials erwähnenswert. Diese gute Qualität zu erzielen, ist mit unserer Technologie einfach, weil zum einen jede Faser durch unseren Spinnprozess zu 100 % komplett mit dem Thermoplast benetzt ist und zum anderen – und das haben wir patentiert – erlaubt die Struktur der Beschichtung beim Konsolidieren eine besonders gute Entlüftung, was vor allem in vakuumassistierten Prozessen ein Vorteil ist.
Leichtbauwelt: Aber benetzte Fasern, die ihre Matrix in die Folgeprozesse „mitbringen“, gibt es doch schon einige – zum Teil als Forschungsprojekt, zum Teil schon markfähig. Was macht das Produkt von Antefil besonders?

Christoph Schneeberger: Das stimmt – und doch wieder nicht. Bei den Mischgarnen spricht man zwar von Hybridfasern – defacto handelt es sich aber um aus verschiedenen Fasern vermischtes Garn und nicht um einzeln beschichtete Filamente.
Vorteil der Hybridgarne ist, dass man sie wunderbar in komplexe Geometrien vorformen kann, Nachteil ist aber, dass es auf mikroskopischer Ebene immer noch Imprägnierungsprozesse benötigt werden, um das Material zu verdichten. Für diese Halbzeuge sind Zykluszeiten von 20 Sekunden, wie sie für vorverdichtete Prepregs oder Organobleche realisierbar sind, leider nicht möglich.
Zu Beginn unserer Forschung fragten wir uns, was die Beschränkungen von Faserverbundwerkstoffen für den Leichtbau sind. Dabei sind uns vor allem zwei Aspekte aufgefallen: Entweder sind die Zykluszeiten zu lang, oder die Materialien sind zu teuer, wenn man sie in kurzen Zykluszeiten verarbeiten kann. Doch beidem zugrundeliegende Herausforderung war, Fasern und Matrix möglichst effizient miteinander zu kombinieren. Bis heute wurde der Zeitpunkt zum Imprägnieren der Fasern nie hinterfragt. Wir haben deshalb das Imprägnieren der Faser ganz an den Beginn der Prozesskette gelegt. Die Glasfaser können wir zum Zeitpunkt ihrer Entstehung direkt beschichten. Und genau dieser frühe Zeitpunkt des Hybridisierens bringt dann die genannten Vorteile mit sich.
Leichtbauwelt: Wie funktioniert dieser kombinierte Spinn- und Beschichtungsprozess?

Christoph Schneeberger: Das geschmolzene Glas wird durch eine Wanne geführt, die am Boden mit Spinndüsen versehen ist. Jede einzelne dieser Spinndüsen erzeugt eine Faser. Durch die Schwerkraft drückt sich die Glasschmelze durch eine Düse, bildet einen Tropfen. Dieser wird abgegriffen und dann die Faser durch Zug des Wicklers erzeugt. Man erhält aus der Wanne heraus eine Art Vorhang aus Einzelfasern – auf die man in diesem Moment auch Zugriff zum Beschichten hat – bevor die Filamente zum Garn aus Einzelfasern zusammenlaufen. Das Geheimnis des genauen Beschichtungsprozesses behalten wir aber für uns 😉.
Leichtbauwelt: Lassen Sie uns die Verarbeitung dieser so früh imprägnierten Fasern nochmals betrachten. Welche Vorteile hätte ich als Anwender davon und wie kann man die Faser verarbeiten?
Christoph Schneeberger: Bisher haben wir uns vor allem den Heißpressprozess sehr genau angesehen. Es funktioniert sowohl eine variotherme Prozessführung – dabei wird das Halbzeug in der Presse erwärmt und wieder gekühlt – als auch eine Prozessführung mit Vorwärmen und dem sogenannten Stempelumformen in einer Presse. Kombinierbar sind die Halbzeuge auch mit Spritzgießprozessen, wie beim Hinterspitzen von Organoblechen. In einem solchen bestehenden Prozess kann unser Material als Plug-in-Variante eingesetzt werden.
Ein großer technischer Vorteil ist, dass unsere Halbzeuge bereits bei Raumtemperatur vorgeformt und drapiert werden können. Dadurch entstehen Freiheiten in der Prozessführung, die für diese Fasern einzigartig sind.
Ebenso untersucht haben wir den Vakuumsackprozess, der für thermoplastische Faserverbundkunststoffe eher atypisch ist. Denn Thermoplaste haben hohe Schmelzviskositäten und benötigten daher auch hohe Drücke, um verdichtet zu werden. Die Mikrostruktur unserer hybriden Fasern erlaubt hingegen eine sehr gute Entlüftung. Das heißt, dass sich unsere Halbzeuge in einer beheizten Form auf ein Porengehalt von weniger als 0,5 Vol% verdichten lassen – alleine durch den Differenzdruck zwischen Vakuum und Atmosphärendruck. Das ist für die Verarbeitung thermoplastischer Glasfaserkunststoffe tatsächlich ein großer Vorteil, insbesondere wenn das zu fertigende Bauteil zu groß für eine Presse ist.
Außerdem sind unsere Fasern auch für die Pultrusion geeignet. Das Faserbündel wird in der Düse aufgeschmolzen, verdichtet und geformt. Im Vergleich zu Hybridgarnen erreichen wir hier eine höhere Durchsatzgeschwindigkeit bei gleicher Qualität.
Fazit über alle diese Prozessführungen ist, dass wir entweder unsere Halbzeuge günstiger herstellen können als Halbzeuge die in gleicher Zykluszeit verarbeitbar sind oder aber Zykluszeit und Prozessschritte einsparen können und so die Produktivität erhöhen und Produktqualität verbessern. Mit Produktqualität sind dabei Parameter wie ein niedriger Porenvolumengehalt, komplett benetzte Fasern und eine homogene Faser-Matrix-Verteilung gemeint.
Leichtbauwelt: Welche weiteren Entwicklungen planen Sie?
Christoph Schneeberger: Beim Produkt konzentrieren wir uns tatsächlich auf die Glasfaser. In Bezug auf die Matrix fokussieren wir uns aktuell auf Polyamide und PMMA, weil die Anwendungsmöglichkeiten hier sehr vielfältig sind. PMMA ist vor allem für den Vakuumsackprozess interessant – zum Beispiel für die Marine und die Windenergie.
Leichtbauwelt: Wo sehen Sie Ihre Technologie oder Ihr Unternehmen mittelfristig?
Christoph Schneeberger: Ein interessantes Thema ist das Funktionalisieren der Fasern, hier haben wir einige Ideen, die wir aber noch nicht verraten wollen.
Leichtbauwelt: Welchen Beitrag können Sie mit Ihrer Technologie zum Klimaschutz leisten?
Christoph Schneeberger: Unser grundlegendes Ziel ist die Verbreitung von Faserverbundkunststoffen und damit den Leichtbau durch Technologieoptionen zu fördern. Wir wollen in den Branchen Grüne Energie und Mobilität unsere Kunden darin unterstützen, ihre Produkte günstiger herzustellen und damit Märkte zu bedienen, die sich diese Art von Produkten heute noch nicht leisten können.
Wir tun das aber explizit mit Materialien, von denen wir überzeugt sind, dass wir es auf nachhaltige Weise tun können. Glasfasern haben einen signifikant kleineren CO2-Fußabdruck als Carbonfasern. Sie sind chemisch inert und daher leichter zu recyceln. Thermoplaste als Matrix haben beim Trennen der beiden Stoffströme für das sortenreine Recycling deutliche Vorteile gegenüber Duroplasten. Sie sind mit weniger Energie und damit wirtschaftlich lohnender zu trennen und zu recyceln.
Und auch alle technologischen Vorteile, die wir mit unseren Halbzeugen bieten, gehen einher mit dem Thema Nachhaltigkeit: Kürzere Zykluszeiten, geringere Temperaturen, weniger Prozessschritte, niedrigere Drücke – all das verbraucht im Endeffekt weniger Energie zum Herstellen der Bauteile, die damit einen geringeren CO2-Fussabrduck verursachen.
Leichtbau ist für uns persönlich …
~… immer eine holistische Betrachtung von Funktion, Struktur, Anwendung, Material, Topologie und Prozess. Richtiger Leichtbau ist immer Revolution und nicht nur Evolution.
Die größte Herausforderung im Leichtbau ist, …
~… Zykluszeiten und Produktionskosten zu reduzieren, um den Leichtbau für globale Anwendungen zur Verfügung stellen zu können, die die gesamte Menschheit voranbringt.
Der wichtigste Trend im Leichtbau ist aktuell …
~… Nachhaltigkeit nicht nur in Bezug auf die Anwendung, sondern auch in der Produktion und am End of Life.
Leichtbauwelt: Wie nachhaltig agiert ihr eigenes Unternehmen?
Christoph Schneeberger: Nachhaltigkeit ist tatsächlich Kern unserer Unternehmensphilosophie. Wir berechnen intern für unsere Prozesse nicht nur die Kosten, sondern auch den CO2-Fussabrduck. Wir führen umfassende Lebenszyklus-Analysen (Life Cycle Analysen), die sich nicht nur auf Energieverbrauch und CO2-Emissionen beschränken, sondern unter anderem auch die Auswirkungen auf Mensch, Fauna und Flora betrachten. Doch unser Engagement beschränkt sich nicht nur auf das Unternehmen, sondern es sind die kleinen Dinge: wir fliegen so wenig wie möglich, die Hälfte des Teams kommt mit dem Fahrrad zur Arbeit und wir versuchen alle auch privat unseren CO2-Fußabdruck zu minimieren.
Leichtbauwelt: Für welche Bauteile und Branchen könnte die Technologie über das bisherige hinaus nützlich sein?
Christoph Schneeberger: Unser Fokus liegt momentan auf der Mobilität, vor allem der Automobilbranche. Interessant ist unsere Technologie aber auch in der Luftfahrt für sekundär tragende Strukturen und Interieur sowie längerfristig sicher auch für die Windenergie. Auch Drucktanks erhalten oft eine Schicht GFK, um die CFK-Hülle vor Schlägen zu schützen. Das Material könnte sich auch wegen der relativ hohen Gasdichtigkeit für linerlose Wasserstofftanks eignen.
Rein technologisch gesehen, könnte unsere Idee auch auf Basaltfasern transferiert werden.
Leichtbauwelt: Gab es besondere oder außergewöhnlich spannende Herausforderungen bei bisherigen Projekten?

Christoph Schneeberger: Für Nicole und mich ist es immer wieder interessant, welche Herausforderungen wir heute als „Problem“ wahrnehmen und uns dann vor Augen führen, womit wir in der Forschung angefangen haben: Wir haben Glasfaserstränge gekauft, die Filamente einzeln separiert und von Hand beschichtet – und waren froh, wenn wir wenige Mikrometer lange Fasern unter dem Rasterelektronenmikroskop anschauen konnten – mit Beschichtung. Spannend ist, wie wenig Zeit seither bis zum Hochskalieren des Verfahrens vergangen ist.
Leichtbauwelt: An welchen Hindernissen sind Sie in den letzten Jahren gewachsen? ?
Christoph Schneeberger: Das ist eher ein stetiger Prozess: Unser gesamtes Team geht mit Fehlern und Rückschlägen konstruktiv um. Wir analysieren, warum etwas nicht funktioniert hat. Solche „Failures“ treiben uns eher an, weil wir im Kern Wissenschaftler sind. Für uns ist es mindestens so wichtig zu verstehen, warum etwas nicht funktioniert, wie zu verstehen, warum ein System, ein Prozess funktioniert. Denn es sind die Fehler, die Misserfolge, die uns neue Wege eröffnen und Entwicklungen vorantreiben.
Leichtbau und Mobilität, …
~… gehen Hand in Hand. Strukturen die bewegt werden, sind nur effizient, wenn sie leicht sind.
Leichtbau im Bauwesen …
~… findet man im globalen Süden an Orten, wo man keinen Leichtbau erwartet. Prinzipien, die man an der Universität gelernt hat, werden an überraschenden Orten so kreativ umgesetzt, wie man selbst es nicht für möglich halten würde.
Leichtbau ist eine Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz, weil …
~… es ohne nicht geht.
Die Informationsplattform Leichtbauwelt bietet Inspiration, weil …
~… sie thematisch so breit aufgestellt ist. Leichtbau ist immer holistisch und gerade darum bietet Leichtbauwelt wichtige Inspiration, weil man sich auch über angrenzende und komplementäre Themen informieren kann.
Das Interview für Leichtbauwelt ist uns wichtig, …
~… weil ich gelernt habe, dass die Leichtbauwelt dasselbe Ziel hat wie wir.
Leichtbauwelt: Welche drei wichtigsten Tipps würden Sie all denjenigen mitgeben, die gründen wollen?
Christoph Schneeberger:
1. Blende nie externe Meinungen pauschal aus, sondern höre zu. Hole Dir mehr Meinungen, als du brauchst und suche aktiv nach Hilfe – in allen Bereichen. Man ist nie der einzige Experte. Und selbt der Diskurs mit der Konkurrenz hilft oft mehr als man glaubt.
2. Finde so früh wie möglich den Startpunkt. Das benötigt signifikantes persönliches Comittment. Doch Sicherheit gibt es nicht – weder im universitären Umfeld noch in der Industrie. In unseren First-World-Countries müssen wir trotz Risiko um unsere Existenz keine Angst haben. Vom Mut und der Motivation vieler Unternehmer im globalen Süden dagegen kann man sich eine große Scheibe abschneiden.
3. Sei nicht geizig. Ein größeres Team erreicht so viel mehr und verbraucht nicht so viel mehr Ressourcen. Teamwork makes the dream work.
Leichtbauwelt: Welche Leichtbau-Innovation, welches Projekt oder Forschungsergebnis hat Sie in der letzten Zeit besonders fasziniert?
Christoph Schneeberger: Die Kreativität des Start-ups bcomp mit der das Team das Powerribs-Gelege auf den Markt gebracht hat. Dieses grobmaschige Nahtgitter verleiht dem Material eine signifikant erhöhte Biegesteifigkeit, das den naturfaserverstärkten Kunststoff befähigt, das teurere CFK im Automobilsport mit einem Material zu ersetzen, das zudem noch einen wesentlich geringeren CO2-Fussabdruck mitbringt.
„Manchmal ist der „Lean-Appraoch“ mit Fokus auf den Kundennutzen sinnvoller als ausgefeilte High-Tech.“
Leichtbauwelt: Hatte die Corona-Pandemie Auswirkungen auf Ihren Start als Unternehmen? Und wie stark beeinflusst Sie der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen?
Christoph Schneeberger: Die aktuellen Lieferzeiten von allem sind momentan unmöglich. Man kann keine Produktionsketten mehr planen, keine Projekte mehr mit Sicherheit voraussagen. Das ist eine enorme Herausforderung für uns, weil wir Prozesse aufskalieren und ganze Produktionsanlagen planen. Für jede noch so kleine Komponente müssen wir eine Alternative parat haben. In diesen interessanten Zeiten bin ich extrem froh, dass unser Team die notwendige Kreativität mitbringt, um Workarounds zu finden.
Leichtbauwelt: Lassen Sie uns ein bisschen träumen: Wenn Sie einen Wunsch für den Leichtbau und / oder ihr Unternehmen frei hätten, was würden Sie sich wünschen??
Christoph Schneeberger: Meine persönliche Motivation für die Forschung war, Leichtbaulösungen zu entwickeln, die in der breiten Anwendung einen merklichen Beitrag zum Klimaschutz durch Energieeffizienz leisten können. Dazu ist es aber notwendig, aus dem heutigen Hightech-Leichtbau, von dem nur wenige profitieren, energieeffiziente und nachhaltige Lösungen abzuleiten, die sich zum Beispiel in Form eines günstigen Leichtbaufahrzeugs viele Menschen – auch im globalen Süden – leisten können. Damit Leichtbautechnologien auch tatsächlich weltweit ihren positiven Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit erbringen können.
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