Die Kernkompetenz des jungen Unternehmens Alformet GmbH sind rohrförmige Bauteile aus faserverstärktem Kunststoff, die sehr leicht sind und einen geringeren CO2-Fußabdruck verursachen. Alformet ist – wie viele Unternehmensnamen – eine Abkürzung und steht für „Alternative for Metal“. Geschäftsführer Lucas Ciccarelli erzählt im Interview als Pionier der Leichtbauwelt, warum sein Unternehmen auf TP-FVK setzt und welche Visionen das Unternehmen antreiben.
Bild oben: Lucas Ciccarelli (Quelle: Alformet)
Im Leichtbau sind branchen- und werkstoffübergreifende Impulse und neue Inspirationen für kreative, technologische Lösungen äußerst wertvoll. In der Serie „Pioniere der Leichtbauwelt“ kommen deshalb Gründer und Start-ups zu Wort. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre Technologie, ihre Ideen und Visionen vorzustellen. Wenn sich so neue Partnerschaften über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg ergeben, dann haben wir bei Leichtbau(welt) unser Ziel erreicht: Inspiration für ihren Fortschritt.
Die Alformet GmbH ist kein typisches Start-up, aber dennoch ein junges Unternehmen. Die AFPT GmbH (Dörth, Deutschland), Anbieter von Fertigungsanlagen für faserverstärkte thermoplastische Verbundwerkstoffe, hat den Auftragsfertigers Alformet BV (Drunen, Niederlande) gekauft und im gleichen Jahr die Alformet GmbH (Dörth, Deutschland) gegründet, die das Geschäft der Auftragsfertigung übernommen hat.
Leichtbauwelt: Auf welcher Vision basiert die Gründung Ihres Unternehmens?
Lucas Ciccarelli: Unser Unternehmen gründet auf der die Idee, dass maßgeschneiderte thermoplastische Verbundrohre günstiger angeboten werden können als Metallrohre. Rohrkonstruktionen aus Metall sind unflexibel, isotrop und für den schwächsten Teil des Rohrs überdimensioniert. Bei TP-FVK sind Belastungsanforderungen eines Teils maßgeschneidert abgedeckt für nur einen Bruchteil des Gewichts von Metall, während die Vorteile von Metall erhalten bleiben. Dir Rohre sind maschinell bearbeitbar, recycelbar und können in Großserien hergestellt werden. Alformet hat sich auf die Auftragsfertigung für solche Produkte spezialisiert, mit einem Prozess, der gleichzeitig sauber, flexibel, energieeffizient und einstufig ist, was wiederrum einen hohen Automatisierungsgrad und eine kosteneffiziente Produktion erlaubt.
„Wir entwickeln die nächste Generation der Rohrtechnologie, um die Welt schneller, leichter und nachhaltiger als jemals zuvor zu gestalten.“
Leichtbauwelt: Was ist das Besondere an ihrer Technologie? Können Sie für uns ihre Innovation in wenigen Sätzen erklären?
Lucas Ciccarelli: Wir fertigen die Bauteile durch einen additiven lasergesteuerten Prozess. Dabei können wir die Vorteile der Additiven Fertigung voll ausnutzen – eine hohe Flexibilität und Geschwindigkeit, ressourcen- und energiesparende Produktion. Alformet setzt die sogenannte Laser-Assisted Tape Winding (LATW)-Technologie von AFPT ein, um endlosfaserverstärkten Thermoplastrohre herzustellen. Ausgangswerkstoff für diesen Prozess sind UD-Tapes mit einer thermoplastischen Matrix. Fasern und thermoplastische Matrix bestimmen dabei neben der Konstruktion die mechanischen Eigenschaften der Rohre. Nach dem Design in unserem Konstruktionstool wird ein Maschinen-Programm erstellt und für die Anlage bereitgestellt. Dabei ist es aufgrund der Digitalisierung unwichtig, wo sich die Anlage befindet, denn basierend auf diesen Daten kann die Produktion auf Knopdruck auch am anderen Ende der Welt starten. Unsere Kunden können Innendurchmesser sowie Wandstärke / Außendurchmesser der faserverstärkten Thermoplastrohre wählen, so dass die Palette von dünnwandigen bis dickwandigen Rohren reicht. Die maximale Rohrlänge beträgt 3.500 mm.
Leichtbauwelt: Warum setzen Sie auf thermoplastische Faserverbundkunststoffe?
Lucas Ciccarelli: Thermoplaste sind ein alternatives Matrixmaterial für Verbundwerkstoffe, bei dem keine aggressiven Härterchemikalien verwendet werden, wie beispielsweise bei den Expoy-Systemen von duroplastischen Verbundwerkstoffen. Hinzu kommt, dass sie ein höhere Recyclingpotenzial besitzen, als duroplastische Verbundwerkstoffe. Da wir unser Material als Alternative zu Metall anbieten, ist dies ein wichtiges Merkmal.
Leichtbauwelt: Worin sehen Sie den größten Nutzen – für Ihre potenziellen Kunden?
Lucas Ciccarelli: Die Skalierbarkeit und der günstige Preis sind die USPs, die für unsere Kunden die größte Bedeutung haben.
Leichtbauwelt: Welche weiteren Entwicklungen planen Sie?
Lucas Ciccarelli: Wichtig ist, dass wir unseren Kunden den Umstieg so leicht wie möglich machen. Aktuell haben wir ein Formular, durch das man Basis-Produkte anfragen kann. Im Laufe des Monats werden wir ein neues Tool live schalten, in dem der Kunde jede Lage des Rohres genau auslegen kann. Darin enthalten sind auch eine größeren Auswahl an Material und an Wickelwerkzeugen. Anschließend können die Berechnungsergebnisse in unsere automatische Maschinen-Programm-Erstellung übergeben werden. Unsere Vision aber ist, dass ein Kunde nur ein Metallrohr und dessen Dimensionen nennen muss, und unser Tool legt basierend auf diesen Angaben ein ebenbürtiges Produkt automatisch aus.
Leichtbauwelt:Wo sehen Sie Ihre Technologie oder Ihr Unternehmen mittelfristig?
Lucas Ciccarelli: Wir arbeiten intensiv daran, dass wir auf dem Markt für Elektromotoren einen Produktionsdurchbruch mitgestalten können. Ebenso unterstutzen wir die Validierung für Wasserstoffspeicher und Transportrohre aus thermoplastischen Verbundwerkstoffen.
Leichtbauwelt: Welchen Beitrag können Sie mit Ihrer Technologie zum Klimaschutz leisten?
Lucas Ciccarelli: Unsere Technologie lässt sich in vielen verschiedenen Energiesystemen anwenden und reduziert selbst als Werkstoff mit einem geringen CO2-Fußabdruck den klimatischen Impact, während gleichzeitig durch Leichtbau und Langlebigkeit CO2 in der Lebensdauer/Nutzung anderer Produkte eingespart wird.
Leichtbauwelt:Wird dieser Beitrag von den Anwendern gesehen oder gar geschätzt?
Lucas Ciccarelli: Diese Frage kann ich klar bejahen. Derartige Benefits werden zunehmend bei der Auftragsvergabe berücksichtigt.
Die größte Herausforderung im Leichtbau ist …
~… zu versuchen, die Anforderungen anderer Materialien mit unserem Material zu erfüllen.
Der wichtigste Trend im Leichtbau ist aktuell …
~… nachhaltige Materialien und Anwendungen.
Leichtbau und Klimaschutz gehören zusammen, weil …
~…es einen direkten Zusammenhang gibt: weniger Material, weniger Gewicht, weniger Energie.
Leichtbauwelt: Wie nachhaltig agiert ihr Unternehmen? Kennen Sie den CO2-Footprint ihres eigenen Unternehmens?
Lucas Ciccarelli: Nein, leider noch nicht. Doch wir sind dran und werden sicher bald Ergebnisse kommunizieren können.
Leichtbauwelt: Gibt es für Ihre Technologie Einschränkungen?
Lucas Ciccarelli: Am besten lässt sich unsere Technik bei geschlossenen Profilen ohne scharfe Ecken und ohne konkave Abschnitte anwenden. Die maximale Größe und Länge ist „nur“ ein Problem des Maschinenbaus. Eine technologische Einschränkung aber gibt es: Da wir Dioden Laser als Energiequellen einsetzten, muss das Ausgangmaterial schwarz sein, um die Energie überhaupt absorbieren zu können.
Leichtbauwelt: An welchen Hindernissen sind Sie in den letzten Jahren gewachsen? Gab es dabei ein besonderes Ereignis, eine wichtige Phase? (Hier darf die Antwort gerne persönlich emotional sein.)
Lucas Ciccarelli: Wir versuchen, das oragnische Wachstum auszubalancieren, während wir mit potenziellen Projekten überschwemmt werden. Gleichzeitig ist die Herausforderung, mehr Aufmerksamkeit auf unsere Materialien und Prozesse zu richten.
Leichtbauwelt: Welche Leichtbau-Innovation, welches Projekt oder Forschungsergebnis hat Sie in der letzten Zeit besonders fasziniert?
Lucas Ciccarelli: Wie extrem die CO2-Einsparungen im Vergleich zur normalen Aluminiumproduktion sein könnten.
Leichtbauwelt: In welcher Branche / welchen Produkten entfaltet Ihrer Ansicht nach der Leichtbau den größten Nutzen? Und welche Branchen treiben die Entwicklungen im Leichtbau voran?
Lucas Ciccarelli: Leichtbau ist in den letzten Jahren kaum noch die treibende Kraft, sondern wird als Teil des Produkts gesehen. Treibende Faktoren sind in der Regel die Skalierbarkeit, der Preis oder der CO2-Fußabdruck, ansonsten sind es andere inhärente Materialeigenschaften wie Umformbarkeit, tribologische Eigenschaften oder Integration durch Schweißen/Umspritzen.
Leichtbauwelt: Welchen Herausforderungen begegnen Sie in Ihrem Leichtbau-Alltag, in der Projektabwicklung?
Lucas Ciccarelli: Prioritäten zu setzen und die Gabe, „Nein“ zu Projekten zu sagen, die nicht in unsere Strategie passen, sind wichtige Fähigkeiten, die wir entwickeln mussten. Eine große Herausforderung aus technologischer Sicht ist noch immer das Design-for-Manufacturing sowohl für unsere Technologie als auch für die skalierte Produktion.
Leichtbauwelt: Lassen Sie uns nun ein bisschen träumen: Wenn Sie einen Wunsch für den Leichtbau und / oder ihr Unternehmen frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Lucas Ciccarelli: Ich würde mir wünschen, dass alles direkt von Anfang an digitalisiert wird. Vom Verkauf bis zur Verpackung. Dadurch können wir uns auf unsere Kernkompetenz, den LATW-Prozess und die Weiterverarbeitung der thermoplastischen Verbundwerkstoffe, konzentrieren.
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