Pioniere der Leichtbauwelt – Robin Trigueira: „Es ist an der Zeit, Werkstoffe intelligenter zu machen“

Faserverbundwerkstoffe können eine ganze Menge: Sie sind leicht, steif und gut zu verarbeiten. Aber sie sind anfällig für mechanische Beschädigungen. Bauteile müssen dann meist entsorgt, ausgetauscht, neu produziert werden. Die Natur aber hat als materialeffizientes Prinzip das „Heilen“ vorgesehen – lebendige Strukturen reparieren sich in gewissen Grenzen selbst. Diesen biomimetischen Ansatz legte das Unternehmen Comppair für seine Innovation zugrunde. Aber können sich Faserverbundwerkstoffe – Composites – wirklich selbst heilen? Das fragten wir Geschäftsführer und Gründer Robin Trigueira, der uns spannende Einblicke in seine Entwicklungsarbeit gab.

Bild oben: (v.l.) Robin Trigueira, Véronique Michaud und Amaël Cohades (Quelle: Comppair)

Das Unternehmen Comppair Technologies wurde von Amaël Cohades, dem heutigen CEO, Véronique Michaud als wissenschaftlicher Beraterin und Robin Trigueira, heute CTO, im Jahr 2020 gegründet. Der Name des Unternehmens beschreibt Expertise und Kerngeschäft des Schweizer Start-ups: Composites und Repair wurde zu Comppair.

Im Leichtbau sind branchen- und werkstoffübergreifende Impulse und neue Inspirationen für kreative, technologische Lösungen äußerst wertvoll. In der Serie „Pioniere der Leichtbauwelt“ kommen deshalb Gründer und Start-ups zu Wort. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre Technologie, ihre Ideen und Visionen vorzustellen. Wenn sich so neue Partnerschaften über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg ergeben, dann haben wir bei Leichtbau(welt) unser Ziel erreicht: Inspiration für ihren Fortschritt.

Leichtbauwelt: Manche Start-ups haben eine sehr lebendige Entstehungsgeschichte. Wie war das bei Comppair?

Robin Trigueira: Amaël Cohades schrieb seine Doktorarbeit zum Thema selbstheilende Verbundwerkstoffe, Véronique Michaud war seine Doktormutter. Gegen Ende der wissenschaftlichen Arbeiten erkannten die beiden, dass im Ergebnis eine kommerziell nutzbare Technologie stehen könnte, wenn es gelingt die verbleibenden Herausforderungen zu lösen. Während dieser Zeit war ich selbst bei an den Projekten im LPAC (Laboratory of Processed and Applied Composites) der EPFL (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) im Rahmen der Doktorarbeit involviert. Ich war deshalb mit dem Thema und den Versuchen vertraut und ich kannte Amaël und Véronique. Die beiden fragte mich, ob ich mich einem Unternehmen als CTO anschließen wolle, um technische und wissenschaftliche Unterstützung zu leisten, während Amaël als CEO sich um den geschäftlichen Aspekt kümmern wolle. Ich sagte zu – und habe diese Entscheidung nie bereut!

Leichtbauwelt: Gab es in der Gründungsphase so etwas wie ein Schlüsselerlebnis für die Gründer?

Robin Trigueira: Nun ja, ich wusste es bereits recht früh, dass Amaël und Véronique dabei waren, diese Technologie auf ein industrielles Niveau zu heben. Aber bei Amaël war der ausschlaggebende Punkt ein Gespräch mit Anne-Manuèle Hébert, der ehemaligen Leiterin der JEC World. Für Véronique fiel die Entscheidung in einem Gespräch mit Christian Fischer, CEO von Bcomp, denn sie benötigte für Ihre Entscheidung den Rat eines Experten für das Gründen eines Start-ups im Werkstoff-Bereich.

Leichtbauwelt: Das sind sehr unterschiedliche Herangehensweisen an die Entscheidung ein Unternehmen zu gründen. Demzufolge sind im Team bestimmt auch sehr unterschiedliche Charaktere. Wie ergänzen Sie sich im Gründerteam?

Grundlage für die Unternehmensgründung waren die Ergebnisse einer Promotionsarbeit. Der Weg von der Vision zum Ziel eines selbstheilenden Faserverbundwerkstoffs war gepflastert mit viel Entwicklungsarbeit und Know-how-Aufbau. (Quelle: Comppair)

Robin Trigueira: Unser Gründungsteam besteht aus anerkannten Experten für Verbundwerkstoffe. Amaël ist promovierter EPFL-Absolvent mit 18 Veröffentlichungen. Er war schon als Berater für die JEC-Group tätig. Parallel dazu bildete er sich in den Bereichen Management und Unternehmertum weiter. Dies in Kombination mit seiner Persönlichkeit macht ihn zu einem sehr guten CEO, der die vielen Aspekte des Unternehmens versteht.
Véronique ist eine der weltweit führenden Expertinnen für Verbundwerkstoffe und selbstheilende Verbundwerkstoffe. Sie ist Professorin an der EPFL und leitet das Laboratory for Processing of Advanced Composites (LPAC). Sie ist auch als unabhängige Expertin bei Wettbewerben und Auszeichnungen für Verbundwerkstoffe in Europa tätig und ist die wissenschaftliche Beraterin im Team.
Ich selbst habe einen Master-Abschluss von der EPFL und habe zuvor am LPAC der EPFL oder bei Bcomp gearbeitet, wo ich Naturfaserverstärkungen in Hochleistungsverbundwerkstoffen entwickelt habe, sowie an der McGill University in Montreal an Verbundwerkstoffstrukturen für die Luft- und Raumfahrt im Rahmen meiner Masterarbeit. Privat habe ich ebenfalls Projekte mit Verbundwerkstoffen verwirklicht. Diese theoretischen und praktischen Kenntnisse ergänzen sich gut. Sie helfen mir, viele Schwierigkeiten in technischer und technologischer Hinsicht vorauszusehen, vom Labor über die Ausarbeitung von Vorschlägen bis hin zum Projektmanagement.

Leichtbauwelt: Gehören noch weitere Personen zum Gründungsteam?

Robin Trigueira: Ja, wir sind ein relativ breit aufgestelltes Team. Unser Chief Business Development Officer Nicolas Gandar hat an der EPFL einen Bachelor- und Master-Abschluss in Mikrotechnik erworben. Nicolas verfügt über ausgeprägte technische Fähigkeiten, ist aber auch ein bewundernswerter Geschäftsmann. Durch zahlreiche Praktika und Berufserfahrungen, Coaching und Kurse hat er sich wertvolle Kenntnisse in den Bereichen Verkauf und Unternehmensanalyse angeeignet. Außerdem werden wir als Gründungsteam von einem erfahrenen Vorstand ergänzt. Diesem gehören Christian Fischer, Bcomp, Marie Ivorra Grosse, Ex-CEO von Ruag Space Nyon, Thomas Rauber, Inhaber von TR Invest, sowie Amaël und ich an.

Leichtbauwelt: Können Sie uns Ihre Innovation, die den Impuls zur Gründung gegeben hat, in wenigen Sätzen erklären?

Robin Trigueira: Comppair beseitigt die Hauptschwachstelle von Verbundwerkstoffen: ihre Empfindlichkeit gegenüber Beschädigungen. Wir führen einen Paradigmenwechsel in der Branche herbei: Wir haben eine ultraschnelle in-situ-Reparaturfähigkeit entwickelt, die unseren Verbundwerkstoffen direkt bei der Herstellung mitgegeben wird. Dank einer von uns entwickelten Polymermatrix kann das Bauteil während des Reparierens strukturell intakt bleiben. Ein weiterer Vorteil ist, dass unsere neuartigen Werkstoffe von den Anwendern zum Herstellen ihrer Teile mit den üblichen Verfahren verarbeitet werden können, out-of-autoclav, im Autoklaven oder durch Press-Verfahren.

In diesem Video wird die Technologie in zwei Minuten schön erklärt.

Leichtbauwelt: Was kann Ihre Technologie konkret zum Leichtbau beitragen?

Robin Trigueira: Verbundwerkstoffe sind von Natur aus leichte Werkstoffe, die auf ein optimales Verhältnis zwischen Festigkeit und Gewicht ausgelegt sind und somit andere Werkstoffe wie Aluminium oder Holz ersetzen. Sie lassen sich jedoch nur schwer reparieren. Deshalb gab es bisher nur zwei Möglichkeiten gibt: entweder eine kostspielige Reparatur, selbst auf Produktionsebene, oder das Teil einfach wegwerfen.
Die Innovation von Comppair ist ein neues Verbundmaterial, das in der Lage ist, sich selbst zu reparieren, und so genau dieses Problem löst. Unser Produkt heißt HealTech und stellt eine grundlegende Innovation auf dem Gebiet der selbstheilenden Verbundwerkstoffe dar. Unter Verwendung unserer Technologie lassen sich Strukturen aus Verbundwerkstoffen herstellen, die sich innerhalb einer Minute vor Ort reparieren lassen. Einziges Hilfsmittel ist eine lokale Erwärmung der Struktur. Mit HealTech-Prepregs können Verbundwerkstoffe im Durchschnitt 400-mal schneller repariert werden als mit konventionellen Reparaturen, und zwar mehrfach, bei verbesserter Qualität. Während der „Heilungsphase“ bleibt die Struktur des Teils erhalten, ohne dass Druck ausgeübt oder es wieder in die Form gelegt werden muss.

„Mit Healtech-Prepregs können Verbundwerkstoffe im Durchschnitt 400-mal schneller repariert werden als mit konventionellen Reparaturen, und zwar mehrfach, bei verbesserter Qualität.“

Leichtbauwelt: Wie ist die Idee dazu entstanden?

Robin Trigueira: Selbstheilung ist seit mehr als 20 Jahren ein Thema im Bereich der Verbundwerkstoffe. Es gibt dazu wirklich jede Menge Forschungsarbeiten. Véronique und Amaël haben als Ansatz jedoch gewählt, kein vollständig selbstheilendes System zu entwickeln, sondern ein System, das sich beim Anlegen einer externen Wärmequelle selbst heilen kann. Dies ebnete den Weg für Verbundwerkstoffe mit selbstheilenden Eigenschaften und mechanischen Leistungen, die im Bereich dessen liegen, was der Anwender von herkömmlichen Verbundwerkstoffen gewohnt ist. Ihre Ergebnisse waren vielversprechend, aber noch nicht gut genug für ein marktfähiges System. Mit zusätzlichen Arbeiten gelang es die Mechanismen zu verstehen und herauszufinden, wie die Ergebnisse verbessert werden konnten. Daraufhin wurde mit der Entwicklung eines Harzes begonnen, das zum Vorimprägnieren im industriellem Maßstab verwendet werden kann. Mit viel Arbeit und Engagement, unter anderem von unserer derzeitigen Forschungs- und Entwicklungsleiterin Cecilia Scazzoli, wurde die HealTech-Produktfamilie geboren.

Leichtbauwelt: Was ist dabei der technologisch interessanteste Aspekt?

Robin Trigueira: Trotz intensiver Forschung ist es bisher keinem Unternehmen oder Forschungszentrum gelungen, eine Lösung zu kommerzialisieren. CompPair hat tatsächlich das erste patentierte System auf den Markt gebracht, das es erlaubt Bauteile aus Faserverbundkunststoffen zu reparieren, während das Bauteil strukturell intakt bleibt. Unsere erste Produktfamilie hat außerdem ein weiteres wichtiges Merkmal: Sie ist um etwa 30 Prozent zäher als herkömmliche Verbundwerkstoffe und verlangsamt so auch eine Rissausbreitung.

Leichtbauwelt: Worin sehen Sie den größten Nutzen für Ihre potenziellen Kunden?

Robin Trigueira: Unsere Kunden profitieren in der Regel auf zwei Arten: zum einen lässt sich durch die Reparatur die CO2-Emission um 99,6 Prozent senken, wenn das Bauteil repariert werden kann und nicht entsorgt – und dann neu produziert – werden muss. Außerdem beschleunigt unser System das Instandsetzen der beschädigten Struktur. Die Zeitersparnis liegt bei 99,8 Prozent im Vergleich zur herkömmlichen Reparaturmethode, was auch die Wartungskosten erheblich reduziert.

„Das Schöne an unserem Wissen ist jedoch, dass wir verstanden haben, wie man Harze für verheilbare Verbundwerkstoffe herstellt. Auf dieser Grundlage entwickeln wir angepasste neue Systeme.“

Leichtbauwelt: Welche weiteren Entwicklungen planen Sie?

Robin Trigueira: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, in die gesamte Verbundwerkstoffindustrie vorzudringen. Derzeit liefern wir Prepregs, die für Hochleistungs-Verbundwerkstoffanwendungen in der Luft- und Raumfahrt, im Sport- und Freizeitberiech sowie für maritime Anwendungen beispielsweise im Schiffbau verwendet werden.
Das Schöne an unserem Wissen ist jedoch, dass wir verstanden haben, wie man Harze für selbstheilende Verbundwerkstoffe herstellt. Auf dieser Grundlage entwickeln wir neue Systeme, die den Bedürfnissen des Marktes am besten entsprechen. Dies geschieht in Form von Produktfamilien, die auf der Verarbeitung und den gewünschten Endeigenschaften basieren.

Leichtbauwelt: Wo sehen Sie Ihre Technologie oder Ihr Unternehmen mittelfristig?

Robin Trigueira: Mittelfristig werden wir im Sport- und Freizeitsektor tätig sein, wobei die Endverbraucher Teile mit unserer Technologie verwenden. Wir werden über industrielle Halbprodukte wie Hohlkörper, Standard-Sandwichplatten und Laminate verfügen. Wir dringen derzeit in den Raumfahrt-, Luftfahrt- und Mobilitätsmarkt ein und entwickeln spezifische Produkte. Ich denke, dass wir bis dahin die Früchte dieser Entwicklungen sehen werden, die einen hohen Technologiereifegrad erreichen.

Leichtbauwelt: Welchen Beitrag können Sie speziell mit Ihrer Technologie zum Klimaschutz leisten?

Das Produkt HealTech ist als Prepregs mit verschiedenen Fasern und Architekturen erhältlich. Diese Produkte sind mit den gängigen Prepreg-Produktionsverfahren kompatibel. (Quelle: Comppair)

 Robin Trigueira: Einfach ausgedrückt, spart jede Reparatur eines Verbundstoffteils die Ressourcen, die für die Herstellung eines neuen Teils benötigt werden. Es ist schwierig, diese Auswirkungen auf das Klima zu beziffern, da wir nicht abschätzen können, wie oft ein Verbundstoffteil repariert werden wird und wie sehr wir seine Lebensdauer verlängern können. Wir tragen jedoch dazu bei, dass die Materialien länger im Kreislauf bleiben, was sich auch positiv auf das Recycling auswirken könnte. Einem Bericht von Suschem aus dem Jahr 2018 zufolge kann ein solches Kreislaufmodell bis zu 50 Prozent der mit der Herstellung von Verbundwerkstoffen verbundenen Ressourcen einsparen.

Leichtbauwelt: Wird dieser Beitrag von Ihren Kunden gesehen und wertgeschätzt?

Robin Trigueira: Ja, der Wert von Comppair wird von der Branche zweifelsohne anerkannt. Wir verändern die Art und Weise, wie Materialien betrachtet werden, tiefgreifend. Unsere Kunden brauchen ein zuverlässiges Material mit Eigenschaften, die zu ihrem Produkt passen.
Darüber hinaus muss der Wert des Selbstheilens erfasst werden. Und hier ist es so, dass die Reparatur für die meisten Unternehmen, die Verbundwerkstoffteile herstellen oder verkaufen, kein Thema ist. Denn sie entsorgen fehlerhafte oder beschädigte Teile einfach. Das bedeutet, dass der Wert der Reparatur von Fall zu Fall nachgewiesen werden muss, da es sich um einen in der Branche bisher nicht berücksichtigten Aspekt handelt.
Nichtsdestotrotz gibt es einen immer stärker werdenden Trend zu nachhaltigeren Materialien, und unsere Materialien und unser Unternehmen sind in dieser Hinsicht gut aufgestellt. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Akteure der Verbundwerkstoff-Branche, die ihren CO2-Fußabdruck verringern möchten, wissen, dass wir die Lösung haben.

Leichtbauwelt: Kennen Sie den CO2-Footprint ihres eigenen Unternehmens?

Robin Trigueira: Wir führen derzeit mit einem externen Unternehmen eine Lebenszyklusanalyse durch, um den CO2-Fußabdruck unserer Produkte zu ermitteln. Nebenbei arbeitet unsere Nachhaltigkeitsmanagerin, Eleonore Wild, an ESG-Strategien, um sicherzustellen, dass das Unternehmen über unsere Produkte hinaus so nachhaltig wie möglich bleibt. Zum Beispiel ist es für uns wichtig, die Produktion so lokal wie möglich zu halten, mit einer local-4-local-Mentalität. Außerdem planen wir, in naher Zukunft eine Bcorp-Zertifizierung zu erlangen, die im Einklang mit unserer nachhaltigen Strategie steht.

Die größte Herausforderung im Leichtbau ist, …
~… nicht nur leicht zu sein, sondern zugleich intelligenter und umweltfreundlicher.

Leichtbau und Mobilität, ...
~… lassen sich nicht voneinander trennen. Leichtere Materialien führen zu einer verbesserten Mobilität.

Leichtbauwelt: Für welche Branchen könnte Ihre Technologie noch nützlich sein – und warum?

Robin Trigueira: Technisch gesehen können wir die Fähigkeit zur Selbstheilung unserer Materialien nicht einfach auf andere Materialklassen übertragen. Allerdings können Verbundwerkstoffe dank der unglaublichen Anzahl unterschiedlicher Eigenschaften, die maßgeschneidert werden können, sehr breit eingesetzt werden. Man nutzt die Vorteile von zwei verschiedenen Materialien, um sie miteinander zu kombinieren und ein Material mit optimierten Eigenschaften zu erhalten.

Leichtbauwelt: Gibt es auch Einschränkungen?

Robin Trigueira: Natürlich gibt es einige Einschränkungen. Wenn zum Beispiel die Fasern gebrochen sind, können wir sie nicht reparieren. Mechanische Tests haben jedoch gezeigt, dass wir selbst bei gebrochenen Fasern die Lastübertragung zwischen den Lagen wiederherstellen und eine sehr gute Heilungseffizienz und damit Performance der reparierten Struktur erreichen können.
Ich kann mir kein Material vorstellen, das nicht von einer leichten Reparierbarkeit profitieren würde, außer vielleicht bei Gegenständen für den einmaligen Gebrauch, aber von diesen sollten wir uns ohnehin eher verabschieden.

Leichtbauwelt: Welche besonderen, spannenden Herausforderungen haben Sie bisher gemeistert?

Robin Trigueira: Zu unseren öffentlichen Referenzen gehören die Herstellung der ersten heilbaren Salomon-Skier, ein Konsortium mit der Arianegroup zur Entwicklung wiederverwendbarer Trägerraketen für den Weltraum, reparierbare Sandwichplatten in Luxusyachten von Gunboat und die Entwicklung unserer eigenen Recyclingtechnik für kleine Sportteile von Decathlon.

Leichtbau ist eine Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz, denn …
~… denn die Energie, die benötigt wird, um etwas zu bewegen, ist direkt proportional zu seiner Masse – leichter ist grüner.

Das Interview für Leichtbauwelt ist uns wichtig, …
~… wir alle im selben Boot sitzen, wir haben es leichter gemacht, wir segeln es gemeinsam, aber jetzt braucht es Tragflächen!

Leichtbauwelt: An welchen Hindernissen sind Sie in den letzten Jahren gewachsen?

Robin Trigueira: Es passierte in dieser Zeit eine Menge und das ziemlich schnell! Ich erinnere mich noch daran, dass wir gerade dabei waren, Demonstratoren für die JEC 2020 vorzubereiten, als wir erfuhren, dass die Messe wegen Covid abgesagt wurde. Das hat uns nicht gebremst, und selbst während der Schließung, ohne Zugang zu einem Labor, haben wir hart gearbeitet und mussten einfallsreich sein. Vor allem, wenn man ein Unternehmen in einer Zeit ohne persönliche Treffen ins Leben ruft. Am meisten gefreut hat mich jedoch, dass ich mit Comppair-Skiern fahren konnte! Ein neues Material zu sehen, das im Labor entwickelt wurde, und es schließlich unter realen Bedingungen, vor allem auf Schnee, zu verwenden, ist etwas Besonderes.

Leichtbauwelt: Welche drei wichtigsten Tipps würden Sie all denjenigen mitgeben, die gründen wollen?

Robin Trigueira:

  1. Stellt zunächst sicher, dass Eure Idee für Eure künftigen Kunden von Wert ist. Wir haben zum Beispiel zwei Peer-to-Peer-Marktstudien durchgeführt und Leute aus der Branche befragt. Wir fragten, ob sie glauben, dass heilbare Verbundwerkstoffe ein echtes Problem lösen könnten. 72 Prozent bejahten diese Frage. Das war das grüne Licht.
  2. Ihr Team ist das wichtigste und wertvollste Kapital, das Sie haben können. Behandeln Sie Ihre Mitarbeiter so, wie es sein sollte. Setzen Sie jede erforderliche Energie ein, damit Ihr Unternehmen funktioniert, denn es gibt keine Wunder. Wir sind mehr als glücklich, dass wir ein so tolles und dynamisches Team haben, drei Gründer allein erreichen nichts!
  3. Low-Tech und Low-Cost-Lösungen können wunderbare Dinge erreichen und Bargeld ist Ihr Sauerstoff, aber seien Sie vorsichtig, es gibt notwendige Ausgaben.

Leichtbauwelt: Welche Leichtbau-Innovation, welches Projekt oder Forschungsergebnis hat Sie in der letzten Zeit besonders fasziniert?

Robin Trigueira: Neben Comppair gibt es einige sehr innovative 3D-gedruckte Konstruktionen, die lineare Bewegungen in Rotation umsetzen. Das sind im Allgemeinen sehr gute technische Lösungen.

Leichtbauwelt: In welcher Branche entfaltet Ihrer Ansicht nach der Leichtbau seinen größten Nutzen?

Robin Trigueira: Die Leichtbauweise ist für fast jede Art von Industrie oder Anwendung von Vorteil. Sie hilft, in der Mobilität Energie und Kraftstoff zu sparen, die Leistung im Sport zu verbessern, den Start einer Vielzahl von Satelliten ins All zu ermöglichen, neue architektonische Möglichkeiten für Gebäude zu erschließen und, und, und … die Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen. Alles in allem macht Leichtbau das Leben besser.

Leichtbauwelt: Sehen Sie eine Konkurrenz der Werkstoffklassen um das „beste / nachhaltigste Leichtbaumaterial“?

Robin Trigueira: Ich denke, dass jedes Material nützlich ist, wenn es richtig eingesetzt wird. Wir brauchen ein so breites Spektrum an Materialeigenschaften, dass wir es mit einer logarithmischen Skala betrachten. Herausforderung und Chance bestehen heute darin, neue intelligente Leichtbaumaterialien mit zusätzlichen Funktionen und Strukturen herzustellen, die weitaus weniger ressourcenintensiv sind als unsere derzeitigen Materialien und letztlich zu einer Kreislaufwirtschaft führen.

„Wir haben seit Jahrhunderten an zäheren, stärkeren und leichteren Materialien entwickelt. Jetzt ist es ist an der Zeit, sie intelligenter zu machen.“

Leichtbauwelt: Welchen Herausforderungen begegnen Sie in Ihrem Leichtbau-Alltag?

Robin Trigueira: Wir stehen heute vor sehr vielen Herausforderungen. Das beginnt bei den steigenden Rohstoffpreisen und endet noch lange nicht bei der Diskrepanz zwischen großspurigen Ankündigungen zu Nachhaltigkeit und Innovation, die dem Vergleich der Realität nicht standhalten.
Ich meine, dass es immer noch viel zu viele Unternehmen gibt, die behaupten, ein Netto-Null-Ziel für 2030 zu haben und Innovation vorantreiben. Fakt ist, dass diese Unternehmen aber häufig nicht bereit sind, Zeit und die Ressourcen zu investieren, um genau diese Ziele zu erreichen und wirklich innovativ zu sein. Wir hören oft, dass sich mit großen Herausforderungen auch große Chancen ergeben. Das ist wahr, aber es setzt die Bereitschaft und das Engagement voraus, sie zu nutzen.

Leichtbauwelt: Wie stark beeinflusst Sie der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen? Unternehmerisch und – wenn Sie antworten möchten – auch persönlich?

Robin Trigueira: Comppair wurde im Januar 2020 gegründet, nur wenige Wochen vor der COVID-Pandemie. Trotz der Herausforderungen, die sich uns durch Sperrungen und Engpässe aufgrund des Ukraine-Kriegs stellten, konnten wir ein beeindruckendes Wachstum verzeichnen. Unsere Stärke ist unsere geringe Größe und die Schnelligkeit, mit der wir uns an neue Situationen anpassen können; das kostet Energie, ist aber effizient. Natürlich sind wir nicht allein, und es kommt sehr darauf an, die richtigen Partner für ein gemeinsames Vorankommen zu finden.

Leichtbauwelt: Lassen Sie uns ein bisschen träumen: Wenn Sie einen Wunsch für den Leichtbau und / oder Ihr Unternehmen frei hätten, was würden Sie sich wünschen?

Robin Trigueira: Unsere selbstheilenden Materialien sind von der Natur inspiriert: Der Körper heilt sich selbst, warum können die Objekte um uns herum nicht dasselbe tun? Dieser biomimetische Ansatz lässt sich natürlich auch auf andere Arten von Materialien und Funktionen anwenden, wie z. B. Sensorik, aber die Chemie und Technik, die dahintersteckt, wird anders sein. Es wäre ein Traum, dass CompPair heilbare Materialien jenseits von Verbundwerkstoffen liefert! Wir haben seit Hunderten von Jahren zähere, stärkere und leichtere Materialien gebaut, es ist an der Zeit, sie intelligenter zu machen.


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