Spannender Endspurt: Der ThinKing Award 2020

Zwölf besondere Innovationen für den Leichtbau aus Baden-Württemberg – das ist die Bilanz der ThinKing-Auszeichnungen 2020. Heute am späten Nachmittag wird im Rahmen einer virtuellen Preisverleihung der ThinKing des Jahres 2020 gekürt.


Die vier Preisträger: (UPDATE vom 05.02.2021)


Die zwölf Kandidaten für den ThinKing-Award 2020 kommen aus sehr unterschiedlichen Bereichen und zeigen, wie differenziert Leichtbau gedacht werden kann. Wir stellen hier alle zwölf 2020 ausgezeichneten Leichtbau-Lösungen in einer Übersicht vor.

Januar 2020: Wie der 3D Druck den Feinguss revolutioniert

„Leichtbau gelingt nur dort, wo in der Konstruktion nachhaltig in Leichtbau und Funktionsoptimierung entwickelt wird“, sagt Christine Schübel. Das obige Bauteil für einen Satelliten wurde im AddCasting-Verfahren gefertigt. (Quelle: Schübel GmbH)

Hybridkombinationen gibt es im Leichtbau nicht nur als Werkstoff, sondern auch als Prozesstechnologie. Die Schübel GmbH kombiniert beispielsweise den Kunststoff-3D-Druck mit dem Feingussprozess. Komplexe metallische Leichtbauteile, die aufgrund der Bauteilgeometrie eigentlich nur additiv gefertigt werden können, sind mit dem AddCasting-Verfahren wirtschaftlich und vergleichsweise schnell zu produzieren.

Februar 2020: Die CAE Prozesskette fürs Faserwickeln

Die gekreuzten Profile befinden sich für den Fügeprozess des Faserwickelns im Zentrum des offenen C-Arms. (Quelle: wbk Institut für Produktionstechnik am KIT)

Bambusstäbe werden schon seit Jahrhunderten durch das Umwickeln mit Seilen zu stabilen und leichten Tragwerken verbunden. Am wbk Institut für Produktionstechnik des KIT Karlsruher Institut für Technologie umwickeln heute 6-Achs-Roboter Hohlprofile aus Faserverbundwerkstoffen mit Carbonfasern. Die Fügetechnologie des hochautomatisierten Faserwickelns eröffnet neue, ressourcenschonende und kostengünstige Möglichkeiten im Leichtbau von Fach- und Tragwerkskonstruktionen und für die Mobilität auf Rädern.

März 2020: Maschinenstillstände waren gestern

Das 3D-gedruckte Bauteil für eine Zerspanungsmaschine sorgt dafür, dass die Maschine voll ausgelastet ist und es keine Ausfälle mehr gibt. Der Ausstoß hat sich so um 7 % erhöht. (Quelle: BurgmaierTechnologies)

Bei der Herstellung von Ventilhülsen fliegen beim Zerspanen viele Späne. Wenn diese nicht richtig weggeblasen werden, steht die Maschine still und die Produktion stoppt. Warum nicht die Potentiale der Additive Fertigung (AM) nutzen und ein Bauteil entwerfen, das die Aufgabe besser bewältigt? Was die Ingenieure bei Burgmaier Technologies GmbH Co. KG geschafft haben, ist eine echte AM-Erfolgsstory: Mit dem neuen Bauteil stand die Maschine bisher kein einziges Mal mehr still. Das Unternehmen spart dadurch einen hohen fünfstelligen Betrag pro Jahr.

April 2020: Auch Stahl kann Leichtbau: ressourceneffizienz, kostengünstig und in Serie

Das funktionsorientierte und materialeffiziente Design spart 20 % Gewicht und sorgt dafür, dass die Klimaanlage effizienter arbeitet. (hinten das „alte“ Bauteil, vorne die neue Variante). (Quelle: MIMplus)

Der Klimaflansch von MIMplus bringt gleich mehrere Verbesserungen mit sich, denn das Bauteil wurde von Grund auf neu gedacht: alternativer Werkstoff, ressourceneffizientes Design und Funktionsoptimierung verbessern die Energieeffizienz der Klimaanlage. Die Herstellung mittels Metallspritzgießen sorgt zudem für einen wettbewerbsfähigen Bauteilpreis und das Verfahren ist für die Großserie prädestiniert.

Mai 2020: Grün, stabil und günstig – neue Anlagentechnologie zur Produktion nachhaltiger Hochleistungsfasern

Grüne Hochleistungsfasern: Bei der Faserherstellung aus nachwachsendem Präkursormaterial mit dern centrotherm Niederdruckverfahren lässt sich die CO2-Emission um mehr als ein Viertel reduzieren. (Quelle: centrotherm international)

Carbonfasern aus nachwachsenden Rohstoffen mit gleichen Festigkeitskennwerten wie Hochleistungsfasern aus Polyacrylnitril (PAN)? Und das zu deutlich verringertem Preis? Manchmal genügt das Optimieren eines Prozessschritts, um völlig neue Möglichkeiten für einen Werkstoff zu eröffnen. Das Niederdruck-Verfahren von centrotherm arbeitet in definierter Prozessatmosphäre, unter niedrigem Druck sowie mit quasi digitalen Heizzonen. So entstehen kostengünstige, biobasierte Carbonfasern mit deutlich reduziertem CO2-Footprint.

Juni 2020: Das leichte Lichtnetz

Produktdetail X-LED MESH mit transparenten LED-Modulen (Quelle: Carl Stahl ARC)

Das Unternehmen Carl Stahl ARC GmbH hat mit dieser geschickten Kombination zweier dreidimensional verformbarer und besonders leichter Bauelemente neue Felder für die kreative Anwendung in Architektur und Bauplanung geschaffen. Leichtgewichtige, winddurchlässige Stahlnetze mit LED-Modulen ermöglichen ressourcenschonende Tragkonstruktionen für Lichtinstallationen im urbanen System.

Juli 2020: Nockenwellenmodul wird 20 Prozent leichter

Eine monolithische Bauweise mit integrierten Lagern erleichtert die spätere Montage des Nockenwellenmoduls aus Kunststoff. (Quelle: Fraunhofer ICT)

Das leichte Nockenwellenmodul zeigt, wie viele positive Effekte Multimaterial-Leichtbau haben kann. Gefertigt aus faserverstärkten Duromeren reduziert es das Gewicht des Verbrennungsmotors, ist klimaschonender in der Herstellung und senkt die Montagekosten durch eine veränderte Bauweise. Gelungen ist dieses Leichtbauteil den Ingenieuren des Mahle Konzerns gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT und weiteren Partnern.

August 2020: Mit Magnesium „zaubern“ – aus krumm wird eben, aus schwer wird leicht

Von unten wird sichtbar, wie viel Know-how im Bauteildesign steckt, um die Platte so gießen zu können, dass sie nicht nur leicht, sondern auch steif genug ist. (Quelle: Torun Bark Magnesium)

Tischkreissägen sind nicht unbedingt ein typisches Betätigungsfeld für den Leichtbau, müssen sie doch stabil und schwer sein. Warum Leichtbau hier trotzdem Sinn macht und sogar Vorteile für Anwender und Umwelt mit sich bringt, zeigt die Torun Bark Magnesium GmbH mit Portalen und Tischplatten aus Magnesium-Druckguss.

September 2020: Durch neue Hybridfaser einen Prozessschritt einsparen

Tankdeckel-Demonstrator gefertigt aus mehreren Lagen Drapfix GF/PP mit anschließendem Anspritzen von Haltungselementen. Der Demonstrator entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Textiltechnik Augsburg ITA gGmbH. (Quelle: Gustav Gerster)

Für die Serienfähigkeit ist die Zykluszeit, das heißt die Zeit, in der ein Bauteil auf der Maschine entstehen kann, entscheidend. Limitierend ist bei leichten Strukturbauteilen aus Faserverbundwerkstoffen dabei der hohe Handhabungsaufwand aufgrund einiger Umlagerungen in der Fertigungszelle. Ein wichtiger Schritt ist nun dem Unternehmen Gustav Gerster GmbH & Co. KG gelungen: In einem Hybridtextil wurden Verstärkungsfaser und Kunststoffmatrix in einem Gewebe vereint. Das Textil bleibt trotz eingewebter Matrix hochdrapierfähig und ist für endkonturnahe Umformungen geeignet. Im Prozess könnte es das bisher verwendete Organoblech ersetzen.

Oktober 2020: Mit spannender Millimeterarbeit individueller und schneller in den Markt

Die Laserschweißvorrichtung aus dem Hause Kaysser überzeugt durch die reduzierte Time-to-Market, Passgenauigkeit und erfordert weniger Nacharbeit. (Quelle: H.P. Kaysser)

Mit dem ThinKing Award wird im Oktober 2020 ein „Möglichmacher“ für den Leichtbau ausgezeichnet. Die von H.P. Kaysser additiv gefertigte Aufnahme und Spannvorrichtung für das Laserschweißen beschleunigt die Time-to-Market für Blechbauteile merklich. Dank der 3D-gedruckten passgenauen Spannvorrichtung kann das Unternehmen per Robotor sauber laßergeschweißte und komplexere Blechbauteile in niedrigen Stückzahlen anbieten, die weniger Nacharbeit erfordern.

November 2020: Vom Holz zur Biotinte für 3D-gedruckte Leichtbau-Teile

Woodmimetics3D ist mehr als eine holzbasierte Tinte für das Robocasting. Es ist eine zähflüssige Biopaste, die sich gut verarbeiten lässt und dreidimensional gedruckt schnell verfestigt. (Quelle: Uni Freiburg)

Nachhaltigkeit pur: Forschern der Universität Freiburg und des Freiburger Materialforschungszentrums ist es jetzt gelungen, nach den Prinzipien des Green Engineering eine holzbasierte Biopaste zu entwickeln, die nachhaltiger kaum sein könnte. Selbst ein Leichtgewicht lässt sich Woodmimetics3D energieeffizient im 3D-Druck verarbeiten – und ist zudem in der Herstellung ökonomisch wettbewerbsfähig.

Dezember 2020: Holz, Hanf und Hühnerfedern – mit Fasern aus der Natur zu technischen Bauteilen

Ressourcenoptimierung am Beispiel der Gurtabdeckung (Quelle: Fiber Engineering)

Der letzte ThinKing des Jahres 2020 geht an ein Verfahren, das durch sein Leichtbau-Potenzial überzeugt. Das Faserblasverfahren oder FIM (Fiber Injection Molding) nutzt drei Werkzeughälften zur Produktion eines Bauteils. Das Verfahren erreicht in einer intelligenten Kombination aus Materialunabhängigkeit und verfahrenstechnischem Know-how Bauteile, die nicht nur besonders leicht, sondern auch kostenbewusst, materialeffizient sowie ressourcen- und klimaschonend sind.

Wer sich die Lösungen gerne von den Entwicklern selbst erklären lassen möchte, dem sei der You-Tube Kanal der Leichtbau BW empfohlen. Hier werden die ThinKings in kurzen Video-Beiträgen erläutert.

Sobald die Sieger feststehen, bekommt dieser Beitrag ein Update – seien Sie gespannt! Den Kandidaten drücken wir natürlich alle Daumen.


Christine Koblmiller

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft, überzeugter Leichtbau-Fan.

Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de habe ich 2018 den Schritt in die Selbständigkeit gewagt und mit Leichtbauwelt ein neues Medienformat im B2B-Umfeld geschaffen. Seit etwa 25 Jahren bin ich Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften. Für verschiedene führende Fachmagazine habe ich als eBusiness-Projektmanager Industrie schon 2001 crossmediale Angebote eingeführt, denn die Digitalisierung aller Lebensbereiche hat Einfluss auf unser Informationsverhalten. Deshalb bin ich mir sicher, dass sich die Medienbranche wandeln muss. Mehr über mich finden Sie unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.

„Leichtbau fasziniert und begeistert Techniker. Er ist für die Herausforderungen der Zukunft unabdingbar. Deshalb bin ich sicher, dass der Markt für Leichtbauwelt.de reif ist.“

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