Studie der A2LT: Der Leichtbau ist ein wirtschaftliches Schwergewicht

In Österreich sorgt der Leichtbau für eine Wertschöpfung von 9,4 Milliarden Euro und sichert 77.400 Arbeitsplätze bei guten Wachstumsaussichten. Zu diesem Ergebnis kommt die Analyse der Ökonomin Anna Kleissner im Auftrag der österreichischen Leichtbauplattform Austrian Advanced Lightweight Technology (A2LT). Die 21 Mitglieder der 2014 gegründeten Initiative setzen sich branchen- und materialübergreifend für leistbaren, nachhaltigen und intelligenten Leichtbau ein.

Wie der Leichtbau unser Denken verändert

„Es gibt kaum Technologien mit vergleichbarer Wirkung, doch wird sie als eigene Disziplin kaum wahrgenommen“, so der Beitrag auf der Webseite von A2LT, einerPlattform, die die Leichtbau-Aktivitäten unterschiedlicher Verbände bündelt. Dabei ist der Leichtbau eine Schlüsseltechnologie für Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Ressourcenschonung.

„Über den Lebenszyklus von Produkten betrachtet führt Leichtbau signifikant zur Verringerung des CO2-Ausstoßes und unterstützt so das Erreichen der nationalen und internationalen Nachhaltigkeitsziele. Wir haben mit dem Leichtbau die Schlüsseltechnologie für Energie- und Ressourceneffizienz in der Hand. Der Grundgedanke ist aber immer der gleiche: Intelligenter, leistbarer, nachhaltiger Leichtbau ist möglich und bringt handfeste Einsparungen, wenn er von Anfang an mitgedacht wird. Das wollen wir als Leichtbauplattform aufzeigen.“
Stefan Seidel, CTO von Pankl Racing Systems und Sprecher der österreichischen Leichtbauplattform A2LT, fest.

Die explodierenden Material- und Energiepreise führen zudem die Bedeutung der Leichtbaukompetenz für die Standort-Resilienz vor Augen. Dabei sei die Mobilität zwar Treiber von Innovation, aber bei weitem nicht der einzige Anwendungsbereich für Leichtbau. Möglichst wenig an Primärmaterial einzusetzen hat im Hinblick auf CO2-Einsparung das größte Potenzial – so wird Leichtbau auch in Branchen wie der Logistik relevant. Beispielsweise können Hochregallager aus hochfesten Stählen mit weniger Baumaterial auskommen und sparen enorme Mengen an Energie und Kosten.

„FACC forscht seit Jahren intensiv an der Entwicklung neuer Leichtbaumethoden – insbesondere fokussieren wir uns auf die Entwicklung neuer Materialien und Prozesse. Im Fokus steht nicht nur, dass das Endprodukt möglichst leicht ist, sondern auch eine Betrachtung des Produktlebenszyklus. Dies bedeutet unter anderem weniger Energieeinsatz schon bei der Herstellung sowie eine gute Recyclefähigkeit am Ende des Zyklus. So ist es uns gelungen, einen ultraleichten Werkstoff zu entwickeln, der auf einem Harz aus Zuckerrohr basiert und an dem die Luftfahrt bereits großes Interesse zeigt. Als einer der Technologieführer setzen wir auf eine enge Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und OEMs, um diesen Vorsprung in Zukunft noch weiter auszubauen.“
Robert Machtlinger, CEO bei FACC “

Leichtbau ist ein werkstoffübergreifendes Thema

V.l.: Stephan Kubinger, Spartenobmann-Stv. sparte.industrie der Wirtschaftskammer Oberösterreich; Stefan Seidel, CTO Pankl Racing Systems und Sprecher der Leichtbauplattform A2LT; Anna Kleissner, Econmove; Karl M. Radlmayr, Senior Vice President Research, Development & Digitalization Voestalpine Metal Forming GmbH; Peter Glaser, Vice President Engineering FACC AG (Quelle: Plattform A2LT – Austrian Advanced Lightweight Technology | APA-Fotoservice/Reither)

Höherfeste Stähle, Aluminium, Verbundwerkstoff – weniger Gewicht bedeutet geringeren Energieverbrauch. Aber auch in der Werkstoffstruktur liegt ein großes Leichtbaupotenzial, das auch durch neue Fertigungsverfahren wie beispielsweise additive Verfahren in Form von bionische Strukturen gehoben werden kann.

Wie weit Leichtbau herkömmliche Denkweisen ersetzt, zeigt die Elektromobilität. Das Fahrzeuggewicht ist ein wesentliches Kriterium für die Effizienz und Reichweite. Die Mitglieder der österreichischen Leichtbauplattform forschen und entwickeln bereits Zukunftslösungen wie beispielsweise ein Batteriegehäuse als zentrales Element der E-Fahrzeuge. Dort kommen unterschiedliche Leichtbaulösungen im Multimaterial-Mix in Frage: stahlbasiert, Alu-Guss oder Verbundwerkstoffe.

Ein Beispiel dafür ist das Voestalpine Batteriebox-Modulsystem Flextric: Es vereint die Eigenschaften Stabilität/Sicherheit und optimiertes Gewicht. Das Unternehmen greift dabei auf das umfassende Know-how im Umgang mit dem Werkstoff Stahl zurück und zeigt, was Leichtbau ausmacht: Erstens kommt als Material selbst höchstfester Stahl zum Einsatz, zweitens ist die Konstruktionsweise so gewählt, dass durch die Struktur der Batteriekästen Gewicht eingespart wird – in Summe bis zu 30 Prozent.

Im Sinne de Kreislaufwirtschaft entwickeln auch die AkteurInnen im Leichtbau unter der Maxime „Design for Recycling“. Dabei geht es um die ökologischer Gesamtbetrachtung der Technologien – von der Erzeugung der Materialien, dem Produkt selbst über den ökologischen Fußabdruck während des Betriebs bis hin zur Recyclingfähigkeit.

In einem umfassenden Whitepaper hat die Leichtbauplattform unter dem Titel „Roadmap to Sustainable, Affordable and Smart Lightweighting“ eine umfassende Kompetenzlandkarte ihrer Mitglieder dargestellt. Roadmap zum Download

Wirtschaftliche Bedeutung des Leichtbau

Leichtbau ist als Querschnittsdisziplin eher eine Denkweise, denn eine Wirtschaftsbranche. Das macht es bisher schwer, die volkswirtschaftliche Dimension des Leichtbaus, ausgedrückt in Wertschöpfung und Beschäftigung, zu messen und darzustellen. Im Auftrag der Leichtbauplattform A2LT und der sparte.industrie der Wirtschaftskammer OÖ hat die Ökonomin Anna Kleissner daher erstmals und europaweit einzigartig eine solche Berechnung angestellt.

„Leichtbau umfasst eine Vielzahl von Sektoren und ist damit eine sogenannte Querschnittsmaterie, wie beispielsweise auch der Tourismus. Um die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Leichtbaus abzubilden, bedarf es daher eigener Verfahren. Denn nur hierdurch ist es möglich aufzuzeigen, dass der Leichtbau in seiner gesamtwirtschaftlichen Bedeutung bisher jedenfalls unterschätzt wurde. Außerdem zeigt der Leichtbau einen überdurschnittlichen Innovationsgrad: Österreich erzielt bei Glasverbundstoffen (0,57 Prozent), Holzverbundstoffen (2,25 Prozent), Schaumstoffen (0,73 Prozent), Kunststoffverbundstoffen (0,66 Prozent) und Metallverbundstoffe (0,89 Prozent) Anteile am weltweiten Patentgeschehen, die deutlich über dem BIP-Anteil von 0,37 Prozent liegen.“
Anna Kleissner, Econmove

Die direkte Wertschöpfung des Leichtbaus in Österreich – so die Studie – beträgt rund 9,4 Milliarden Euro. Im Sektorenvergleich ist der Leichtbau damit größer als der gesamte Maschinenbau und in etwa gleich wichtig wie das gesamte Beherbergungs- und Gastronomiewesen. Mit jedem im Leichtbau erwirtschafteten Euro werden österreichweit weitere 0,74 Euro Wertschöpfung in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette ausgelöst. Insgesamt sind folglich knapp 16,4 Mrd. Euro dem Leichtbau zuzurechnen. Anders ausgedrückt: Jeder zweiundzwanzigste in Österreich erwirtschaftete Euro ist unmittelbar oder mittelbar dem Leichtbau zuzuschreiben.

In Beschäftigtenzahlen ausgedrückt sichert der Leichtbausektor direkt 77.400 Arbeitsplätze in Österreiche. Zudem sichert ein Job im Leichtbausektor mindestens weitere 1,4 Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftsbereichen, sodass insgesamt fast 186.000 Jobs, dies entspricht einem Anteil von 4,09 Prozent, durch Leichtbau abgesichert werden. Damit schafft der Leichtbau mehr Arbeitsplätze als der Finanzdienstleistungssektor oder auch der beschäftigungsintensive Hochbau.

Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen bei gleichzeitig weltweit wachsendem Wunsch nach Mobilität, Wohlstand und Komfort ist Leichtbau heute bedeutender denn je und lässt weitere Arbeitsplätze und eine hohe Wertschöpfung erwarten. Mit der Studie der A2LT wird nicht nur erstmals die wirtschaftliche Dimension von Leichtbau transparent. Als Pilotprojekt ist sie auch eine wichtige Vorarbeit für ein europaweit harmonisiertes Modell, um den Leichtbau als Wirtschaftsfaktor sichtbar zu machen.

Ein zentrales Ziel der Leichtbauplattform A2LT ist es deshalb, die Disziplin Leichtbau als Förderschwerpunkt in der österreichischen FTI-Strategie zu verankern.

„Bisher finden sich Aspekte von Leichtbau in Mobilitäts-, Produktions- oder Energieforschungsprogrammen. Aber Leichtbau ist technologieübergreifend und entsprechend komplex, daher braucht es darauf abgestimmte Förderinstrumente. Jeder Forschungseuro, der in Leichtbautechnologien investiert wird, stärkt die Resilienz, stärkt die Nachhaltigkeit für den Standort Österreich. In Oberösterreich beispielsweise zählen Werkstoffe und Werkstofftechnologien zu den Schlüsseltechnologien der Wirtschafts- und Forschungsstrategie “
Stephan Kubinger, Spartenobmann-Stellvertreter sparte.industrie der WKOÖ.

Konkret sehen sparte.industrie und A2LT folgende strategischen Handlungsfelder:

  • Handlungsfeld Forschung-Technologie-Innovation:
    Leichtbaumaterialien und Materialkombinationen sowie serienfähige Herstellungs- und Bearbeitungsverfahren, intelligente Leichtbaukonzepte unter Nutzung alternativer Methoden – wie z. B. Bionik – und digitale Techniken.
  • Handlungsfeld Kooperation & Transfer:
    Entwicklung geeigneter Instrumente, um die verschiedenen Kompetenzen zu bündeln und Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette zu fördern, die einen vertikalen sowie einen horizontalen Technologietransfer unterstützen. Dies bedeutet einen Transfer zwischen verschiedenen Branchen genauso wie zwischen Wissenschaft und Wirtschaft oder zwischen KMU und Großbetrieben.
  • Handlungsfeld Bildung & Qualifikation:
    Als Basis für Leichtbauinnovationen aus Österreich sind Auf- und Ausbau von Bildungs- und Weiterbildungsangeboten auf allen Bildungsebenen – von der Universität bis zur Lehre – auf Spitzenniveau erforderlich.
  • Handlungsfeld internationale Kooperationen:
    Positionieren des Leichtbaustandorts Österreich sowie entwickeln und stärken des Leichtbaustandortes. Zusammenarbeit der nationalen Leichtbaunetzwerke auf internationaler Ebene – Beispiel ELA

Bild oben: Leichtbau ist kaum mit Gold aufzuwiegen: Er ist ein Hebel nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für wirtschaftliches Wachstum, Innovation und Standortresilienz und damit Garant für Arbeitsplätze – das zeigte eine Studie der Plattform A2LT. (Quelle: Depositphotos)


Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung

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