Warum Batterie, Getriebe und Zahnräder mehr als ein Leben haben sollten

Gebrauchtwagen oder Unfallautos werden oftmals mit hohem Energieaufwand verschrottet, selbst wenn viele Teile noch funktionsfähig sind – zeitgemäß ist das nicht mehr.

Im Projekt „Ekoda“ entwickeln Forschende eine Alternative: In einem komplexen Testverfahren werden zunächst alle Komponenten untersucht. Ein Bewertungssystem gibt dann Empfehlungen, wie die Komponenten weiterverwendet werden könnten. Das Konzept optimiert die Lebensdauer der einzelnen Teile und ermöglicht den Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft im Bereich der Mobilität. Batterien, Getriebewellen oder Zahnräder könnten so auch in Anwendungen außerhalb des Automobils landen, mit allen damit verbundenen Vorteilen für Material- und Ressourceneffizienz.

Und so könnte die Zukunft aussehen: Langsam fährt das Kamerasystem über den Lithium-Ionen-Akku, der gerade dem Unfallauto entnommen wurde. Es erfasst Typ, Modellbezeichnung, Leistungsklasse (in Kilowatt) und Seriennummer und gleicht diese mit einer internen Datenbank ab. Im nächsten Schritt wird die Abdeckung des Akkus halbautomatisch entfernt. Weitere Analysen folgen. Ein Messsystem erfasst den aktuellen Ladezustand, die Funktionsfähigkeit der Steuerelektronik sowie den Zustand der einzelnen Batteriezellen. Aus den Daten erstellt eine Bewertungssoftware ein detailliertes Zustandsprofil, analysiert dieses und gibt Empfehlungen für die Weiterverwendung. Eine erst drei oder vier Jahre alte intakte Batterie könnte beispielsweise in einem Gebrauchtwagen gleichen Typs eingesetzt werden. Ist der Energiespeicher schon älter, wäre eine Verwendung in einer kleineren landwirtschaftlichen Maschine denkbar. Sind mehrere Zellen defekt, könnte die Batterie im stationären Einsatz, etwa als Stromspeicher für eine Photovoltaikanlage im Eigenheim, noch gute Dienste leisten. Das Batteriesystem muss nicht entsorgt werden. Es bekommt ein auf seine Leistungsfähigkeit zugeschnittenes zweites Leben. Nach demselben Prinzip lassen sich auch andere Autoteile prüfen und einer sekundären Verwendung zuführen.

„Entscheidend ist dabei eine sorgfältige, standardisierte und automatisierte Demontage der Einzelteile, die frühzeitig auf die mögliche Weiterverwendung der Komponenten zielt. Wir wollen das klassische Recycling ablösen und betrachten jede Komponente eines Automobils als wertvolle Ressource – und zwar ganz unabhängig von ihrem aktuellen Einsatz in einem Auto. Darauf basierend arbeiten wir an einem Konzept, bei dem die einzelne Komponente auf ihre Eignung für die Weiter- oder Wiederverwendung in verschiedenen passenden Szenarien geprüft wird.“
Uwe Frieß, Abteilungsleiter Karosseriebau, Montage und Demontage am Fraunhofer IWU

Das Bewertungssystem wird derzeit von einem Team aus Forschenden des Fraunhofer IWU entwickelt und optimiert. Die mit KI-Algorithmen ausgestattete Software bildet einen der technologischen Schwerpunkte des Forschungsprojekts, dessen Name Ekoda für „Effiziente und wirtschaftliche kreislauforientierte Demontage und Aufbereitung“ steht. Gefördert wird das Projekt vom BMBF in einer Fördermaßnahme für einen „Weg zur nachhaltigen Mobilität durch kreislauffähige Wertschöpfung“. Neben dem Fraunhofer IWU gehören das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen und zahlreiche Industriepartner zum Projektkonsortium.

Zudem arbeiten die Forschenden des Fraunhofer IWU an Verfahren zur automatisierten Demontage der Einzelteile, die wohgl künftig bereits bei der Produktentwicklung mitbedacht werden muss. Konsequent umgesetzt entsteht ein kreislauforientiertes Nutzungskonzept für alle Komponenten. Da weniger Produkte neu hergestellt werden müssen, sinken so Kosten und die CO2-Emissionen. Auch das vorschnelle Verschrotten von Autos, die noch zum Teil intakt sind, oder der ökologisch wenig sinnvolle Export von defekten Gebrauchtwagen werden damit überflüssig oder reduziert. Neben der Analyse von Batteriespeichersystemen nehmen die Forscherinnen und Forscher auch Teile wie Karosserie und Antriebsstrang in den Fokus. Bei Teilen des Antriebsstrangs, also Wellen oder Zahnrädern aus Stahl oder Metall, könnte auch ein Remanufacturing sinnvoll sein.

Bild oben: Das Kreislaufkonzept von Ekoda soll die einseitige Fixierung auf Recycling auflösen und mithilfe eines Bewertungssystems die Eignung von Komponenten für die Wieder- oder Weiterverwendung prüfen. (Quelle: Fraunhofer IWU)


Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung

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