Fertigungszelle für die Serie: 3D-Skelett-Wickeltechnik

Die 3D-Skelett-Wickeltechnik (3DSW) ist ein roboterbasiertes 3D-Faserwickelverfahren zur Herstellung kontinuierlich faserverstärkter Thermoplast-Skelettstrukturen. Ziel der 3DSW ist, Versteifungsskelette effizient und funktionsoptimiert in hochbelastete Bereiche von Polymer-Formteilen zu integrieren. Die wissenschaftlichen Grundlagen wurden und werden am Fraunhofer ICT erarbeitet.

Der zentrale mechanische Nutzen der Herstellungstechnologie zeigt sich in:

  • Verwendung höchstfester Materialien (kontinuierliche Faserverstärkung)
  • minimalistischer Materialeinsatz (im Sinne der additiven Fertigung wird nur dort Material platziert, wo es benötigt wird)
  • formschlüssige Lastübertragung durch Umwickeln von Lasteinleitungselementen.
Vollautomatisierte und CE-zertifizierte 3DSW Produktionsanlage im industriellen Maßstab – entwickelt in Kooperation mit Fritz Automation (Quelle: Fraunhofer ICT)

Im Transferprojekt „Accord“ ist es in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Fritz Automation gelungen, die Fertigungstechnologie in einen industrie- und großserientauglichen Maßstab zu überführen. Die resultierende Fertigungszelle ermöglicht die vollautomatische Ausführung des kompletten 3DSW-Fertigungsprozesses.

Im Projekt wurde eine Demonstrator-Komponenten gefertigt, anhand derer das Leichtbaupotenzial beziffert werden konnte: ein Hinterachs-Längslenker für ein Pkw-Modell der Marke Hyundai, einem assoziierten Partner des Projekts. Laut Simulationsergebnissen des Unternehmens Simutence konnte die Bauteilmasse gegenüber dem Originalbauteil aus Stahlblech um rund 37 Prozent reduziert werden – bei vergleichbarer Bauteilsteifigkeit und höherer Belastbarkeit. Der Demonstrator ist als skelett-verstärktes Formteil konzipiert, wobei das Faserskelett aus kontinuierlich glasfaserverstärktem PA6 besteht und die Einbettung aus Kurzglasfaser-verstärktem PA6.

Um die Faserskelette herzustellen, werden thermoplastisch imprägnierte Verstärkungsfasern auf Basis von Hybridgarnen auf Wickelwerkzeuge oder Kerne gewickelt. Verwendet werden können beispielsweise Glas-, Natur- oder Kohlenstofffasern. Der Arbeitsraum eines 6-achsigen Industrieroboters ermöglicht das präzise Nachbilden topologieoptimierter Strukturen mit lastpfadoptimierter Faserausrichtung. Die Faserskelette können eingesetzt werden, um verschiedene Bauteiltypen lokal zu verstärken. Denkbar ist das beispielsweise in Spritzgieß-Formteilen oder als externe Verstärkung additiv gefertigter Strukturen. Darüber hinaus ist es möglich, 3DSW-Faserskelettstrukturen ohne angrenzende Strukturen als Komponenten im Extrem-Leichtbau einzusetzen (Skelettbauteile).

Wichtige Merkmale für den industriellen Einsatz sind neben der CE-Zertifizierung der errichteten Anlage insbesondere die implementierte Datenaufzeichnung. Abzugsgeschwindigkeit und Materialtemperatur an verschiedenen Punkten werden in Echtzeit erfasst und sind die Basis für eine effektive Prozess- und Qualitätsüberwachung. Die konsequente Automatisierung des gesamten Fertigungszyklus einschließlich detaillierter Parameter wie der Bereitstellung temperierter Inserts und der Messung der Garntemperatur zu Beginn des Wickelvorgangs ist Grundlage für eine erfolgreiche Serienfertigung mit reproduzierbarer Qualität.

Die Fertigungszelle kann drei Heiztechnologien nutzen: Infrarot, eine beheizte Konsolidierdüse und eine Mikrowellenheizung, deren Hauptmerkmal ein sehr schnelles Ansprechverhalten bei Sollwert-Änderungen ist. Die Mikrowellenheizung ist notwendig, um auch komplexe Faserskelette, die sich nicht mit konstanter Abzugsgeschwindigkeit wickeln lassen, bei gleichbleibend hoher Faserimprägnierungsqualität umzusetzen.

Bild oben: Demonstratorkomponente aus dem Automobilbereich im Realmaßstab (Hinterachs-Längslenker) – entwickelt in Kooperation mit Simutence (Quelle: Fraunhofer ICT)


Quelle und weitere Infos: Projektbeschreibung

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