Amuse-Gueule [frz.: amühs göll], ein Gruß aus der Küche, der vor dem eigentlichen kulinarischen Vergnügen den Gaumen anregt und auf das Kommende vorbereitet: Als solches möchte ich Ihnen mit diesen Tipps Appetit auf die JEC World in Paris machen. Denn die Messe für Verbundwerkstoffe vom 04. bis 06. März in Paris Nord Villepintes bietet tatsächlich eine Fülle an Innovationen, die Fachbesucher aus aller Welt erwarten – bis hin zum Dessert findet sich hier für jeden Geschmack etwas.
• Datum: 04. bis 06. März 2025
• Ort: Paris-Nord Villepinte Exhibition Centre
• Öffnungszeiten: Täglich von 9:00 bis 18:00 Uhr
Zehn leichte Produkte und Prozesse für den Leichtbau

Einer der JEC Innovation Awards, die Auszeichnung in der Kategorie „Construction & Civil Engineering“ ging an das Projekt „Daccuss“, welches die DITF (Halle 6, Stand P90.2 – Gemeinschaftsstand Baden-Württemberg) als Koordinator geleitet haben. Die Firma TechnoCarbon Technologies GbR als Erfinder erhielten den JEC Award zusammen mit ihren Entwicklungspartnern. Die Auszeichnung gilt der Entwicklung von Hauswänden aus Carbon Fiber Stone (CFS), einem CO2-negativen Faserverbundwerkstoff.
Das Unternehmen Syensqo (Halle 5 Stand K58) – zuvor Teil der Solvay Group – zeigt ein ganzes Portfolio an mehrheitlich als nachhaltig bezeichneten Werkstoffen, die sich am besten anhand der verschiedenen realisierten Produkte erfassen lassen: unter anderem einem Batteriegehäuse mit Recyclingmaterial für Elektroautos, einem CO2-sparenden Tragflächenholm für die Luftfahrt, wiederverwendbare Mikroraketenkomponenten für eine nachhaltige Raumfahrt und das Projekt Climate Impulse, in dem ein praxistaugliches H2-Flugzeug gebaut werden soll.
Am Stand von Frimo (Halle 6 Stand E105) erfährt der Besucher mehr zu der NFPP- und Organoblechverarbeitung, zu Preforming, RTM, Press- und Naß-Presswerkzeugen. Mit diesen Technologien lassen sich komplette Dachmodule oder Unterböden für Autos, Batteriegehäuse bis hin zu Sandwichplatten für die Bauindustrie ebenso herstellen, wie Komponenten aus ballistischen Verbundwerkstoffen oder sogar Bauteile aus biobasierten Fasern. Einsatz finden die fertigen Leichtbau-Teile dann im Automobil- und Elektromobilitätssektor, in der Batterieproduktion, in neuen Mobilitätskonzepten, in der Luft- und Raumfahrt, der Energieerzeugung und sogar in der Bau- und Möbelindustrie.
Den Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Produktion von Gelegen und Preforms setzt das Unternehmen Compotech in Halle 6, Stand G85: Neben dem Herstellen fertiger Carbonfaser-Bauteile (CF) kann der Wickelautomat das Unternehmens auch Gelege oder variabel geformte Trockenfaser-Preforms aus Carbon-, Graphit- und Aramidfasern kostengünstig herstellen – mit nur einer Spule der spezifizierten technischen Faser.

Das Unternehmen BBG zeigt in Paris Fertigungslösungen zum Herstellen von Leichtbauteilen aus Kunststoff. Im Mittelpunkt des Messeauftritts in Halle 6 Stand R24, dem Gemeinschaftsstand von Composites United, steht die Produktionstechnologie für Komponenten aus glasfaser- (GFK) und kohlenstofffaserverstärkten (CFK) Verbundstoffen und aus Materialkombinationen mit einem Kern aus Papierwaben (Paper Honeycomb). Exemplarisch zeigt das Unternehmen Kundenprodukte, darunter Rahmen von Flugzeugfenstern, Batteriegehäuse für Elektroautos und Karosserieteile von Fahrzeugen.

In Halle 5 am Stand L106 können Fachbesucher bei Engel die Live-Produktion eines neu konzipierten Fahrradlenkers erleben, der in Zusammenarbeit mit Canyon Bicycles entwickelt wurde. Dieser besonders leichte Lenker wird in einem Zusammenspiel zweier Technologien mit Endlosfaserhalbzeugen gefertigt. Dabei wird die Hohlkörperstruktur des Lenkers durch Injektion von Stickstoff erzeugt (fluidmelt). Der Lenker selbst besteht aus glasfaserverstärktem PA6, das mit vier UD-Carbonfasertapes zusätzlich verstärkt wird (organomelt). Das Maschinenbauunternehmen aus Österreich war außerdem an der Entwicklung einer Staufachklappe für LKW beteiligt, die einen der JEC Innovation Awards erringen konnte. Das Bauteil zeigt, wie Leichtbautechnologien die Fertigung von Fahrzeuginnenkomponenten verändern können: Eine signifikante Gewichtsreduktion geht einher mit erhöhter struktureller Integrität. Durch die Produktionstechnik können CO2-Emissionen gesenkt und der Materialverbrauch minimiert werden – gewichtige Argumente für die Automobilindustrie.
Die Messepräsentation von Hennecke (Halle 5, Stand C89) fokussiert auf unterschiedliche Anwendungen für die E-Mobilität sowie nachhaltige und effiziente Produktionsverfahren anhand verschiedener Produktbeispiele namhafter OEMs. In der Batteriefertigung bietet das Unternehmen Lösungen für thermisches Management, Unterbodenschutz und das passgenaue Packaging von Batteriezellen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Maschinentechnologien für Leichtbau-Lösungen mit Polyurethan. Diese ermöglichen die Herstellung ultraleichter, hochbelastbarer Bauteile, wie Dachmodule und Ladeböden, die in einer speziellen Sandwich-Konstruktion Faserverbundwerkstoff und Papierwabenkern zu einem leichten Bauteil vereinen. Diese Materialien reduzieren das Gewicht von Fahrzeugen, ohne Kompromisse bei Stabilität und Sicherheit einzugehen.
Am Stand von Toray (Halle 6 Stand E05) erwarten die Besucher verschiedene Produktbeispiele, die zeigen, welche vielfältigen Lösungen Faserverbundkunststoffe in den unterschiedlichen Kontexten sein können. Ein niedriges Gewicht durch Leichtbau ist dabei nur eine von vielen Anforderungen. Und so sind am Messestand Bauteile aus biozirkulären Kohlenstofffasern, aus recycelten kohlenstofffaserverstärkten Duroplast-Verbundwerkstoffen zu sehen. Außerdem bringt das Unternehmen Hochleistungskomponenten für Elektrofahrzeuge mit nach Paris sowie Wasserstofftanks, ein Carbon-Bahnrad und eine Beinprothese.
IST Metz (Halle 6 Stand C61) präsentiert eine neue UV-Härtungstechnologie für Polymermatrizen in Verbundwerkstoffen. Sie ermöglicht deutliche Zeit- und Energieeinsparungen. UV-Härtung ist vielseitig einsetzbar und liefert in Minuten statt Stunden Ergebnisse, z. B. bei Nasslegetechniken, Vakuuminfusion, Filamentwicklung und Prepreg-Verfahren.
Verschiedene Prozesse für das Herstellen von Leichtbau-Teilen aus Composites und ebensolche zeigt das Unternehmen M&A Dieterle (Halle 6 Stand N28), darunter Edelstahlspulen zur Infiltration, automatische Vakuumkammer zur Spuleninfiltration – infiltrated TowPreg Herstellung und ein erster mit infiltrated TowPregs gewickelter Wasserstofftank, Faserlegekopf mit Mikrowellenheizung (Entwicklungsprojekt) und die Crosslayer Tapelegeanlage als Portalversion 2m x 1m Legefläche.
Vier Materialentwicklungen für den Leichtbau

Asahi Kasei (Halle 6 Stand U89) zeigt einen auf dem technischen Kunststoff m-PPE (modifizierter Polyphenylenether) basierenden Partikelschaum. Das Material ist hitzebeständig, leicht und dimensionsstabil. Es ist gut formbar, nimmt wenig Wasser auf und zeigt eine gute Wärmedämmung. Verarbeitet wird der Werkstoff im Steam Chest Molding Verfahren durch Aufschäumen im Werkzeug zu Verbundkernteilen mit präzisen, komplexen und gekrümmten Formen in mittleren bis hohen Stückzahlen. Das Schaumkern oder Sandwichmaterial ist für Verbundwerkstoffanwendungen in der Medizin-, Industrie-, Luftfahrt- oder Sportindustrie geeignet.
Bei der Schaumkerntechnologie InsituCore von L&L Products (Halle 5 Stand M16) handelt es sich um eine Familie einkomponentiger, wärmeaktivierter Schaumstoffe für Verbundwerkstoffe mit Schaumkern. Ebenso präsentiert das Unternehmen den technischen thermoplastischen Klebstoff T-Link, der ungekühlt gelagert sofort verarbeitet werden kann. Er passt sich an tiefgezogene Teile an, um unregelmäßig geformte Komponenten herzustellen. Mit den Continuous Composite Systems (CCS)-Technologien des Unternehmens lassen sich besonders stabile und leichte Karosseriestrukturen zu wettbewerbsfähigen Kosten herstellen. Diese Technologien kombinieren Dicht- und Klebstoffe mit einem faserverstärkten Verbundwerkstoffträger in einem 2-D-Profil, das einer leichten Struktur Steifigkeit und Festigkeit verleihen soll. Composite Body Solutions (CBS) hingegen ist eine Variante, bei der ein geschäumter Klebstoff mit einem thermoplastischen oder duroplastischen Strukturträger kombiniert wird – geeignet für leichte, aber mechanisch hochbelastbare strukturelle Anwendungen.
Eine ganze Bandbreite von Werkstoffen für Leichtbau-Lösungen zeigt Gurit (Halle 5A Stand K20). Verbesserte Transport- und Konstruktionsmöglichkeiten mit geringerem Gewicht und reduziertem CO2-Ausstoß sind die typischen Anwendungsfälle für leichte PET-Lösungen. Leistungsstarke, leichte Lösungen für den Bootsbau ermöglichen die sogenannten Advanced Marine Composites. Kernmaterialien mit geringerem ökologischen Fußabdruck – erneuerbares Balsaflex und recyceltes Gurit-PET – eignen sich für Rotorblätter von Windkraftanlagen. Hier bietet das Unternehmen außerdem eine Optimierungsplattform für eine effizientere, kostengünstigere Produktion der Rotorblätter an.
Textil- und Vliesstofflösungen für die Verbundwerkstoffindustrie hat Freudenberg Performance Materials (Halle 6 Stand P82.5 – Stand Baden-Württemberg International) nach Paris mitgebracht. Durchflussmedien und Abstandshalter von Enka Solutions für die Herstellung von Verbundwerkstoffen und Oberflächenvliese gehören dazu. Mit der Enka Technologie sollen Verbundwerkstoff-Hersteller eine Verbesserung sowohl der Qualität als auch der Effizienz erzielen können. Die Oberflächenvliese des Unternehmens sind Bestandteil von GFK-Bauteilen und sorgen für Abriebfestigkeit, Korrosionsschutz, glatte Oberflächen und eine verbesserte mechanische Festigkeit.
Neues aus Forschung und Entwicklung im Leichtbau
Das EU-Horizon geforderte Projekt Refresh zum Recycling von Rotorblättern aus der Windenergie wird sein Konzept in Halle 6 am Stand D114-3 präsentieren. Es ist Teil der neuen Ausstellungsfläche für Forschungs- und Innovationsprojekte. Die Projektpartner arbeiten an einer zirkulären Wertschöpfungskette für glasfaserverstärkte Verbundwerkstoffen aus ausgemusterten Rotorblättern. Zu den Innovationen gehören: Technologien zum Schneiden, Zerkleinern und Sortieren, Recyclingverfahren, neue Produkte aus recycelten Materialien für die Verwendung in der Windenergie und in anderen Branchen sowie eine Blockchain-Rückverfolgbarkeitsplattform. Der im Rahmen des Projekts entwickelte Ansatz wird anhand von Lebenszyklusanalysen (LCA) und Lebenszykluskostenanalysen (LCC) validiert.
Zu neuen Gemeinschaftsprojekten lädt AZL Aachen (Halle 5 Stand Q 116) ein. In diesem Jahr stehen als Folgeprojekt anwendungsorientierte Brandversuche zur Charakterisierung von Gehäuse- und Funktionsmaterialien für Batterie-Gehäuse an: Es geht um das Benchmarking von Systemen für Hochgradientenerwärmung und Heißpartikelstrahlverfahren. In einem weiteren Projekt geht es um ein globales Screening und Use-Cases thermoplastischer Tapes für die Massenproduktion. Das Augenmerk liegt dabei vor allem auf dem Identifizieren von Möglichkeiten zur Kosten- und CO2-Einsparung bei der Produktion hochpreisiger Spritzguss-Bauteile. In einem dritten Projekt stehen kommende Trends und Konstruktionsfaktoren bei Wasserstoffdruckbehältern im Fokus. Es geht um Entwicklung und Benchmarking von Design-for-Manufacturing-Strategien für thermoplastische Behälter zur Optimierung von Materialeffizienz und Kosten.
Am Stand des Fraunhofer Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS (Halle 6 Stand P 24 – Gemeinschaftsstand Composites United) zeigen die Forschenden Projekte zu den Themen Fügeverfahren zum Verbinden elastomerbasierter Dichtungen, Punktschweißzange für das Fügen von Metall-Kunststoff-Mischverbindungen, Laser-Oberflächenstrukturierung von Faser-Verbund-Kunststoffen, Health Monitoring von Faser-Verbund-Kunststoffen, Laserstrahlschneiden von Nichtmetallen und Leichtbauteile durch Thermisches Spritzen funktionalisieren.
Am Gemeinschaftstand der Fraunhofer Gesellschaft (Halle 6, Stand C89) zeigen die Forschenden des Fraunhofer Instituts für chemische Technologie ICT neue und optimierte Werkstoffe und Prozesse zur Herstellung von Leichtbaustrukturen. Dabei erreichen sie in den Projekten höchste Festigkeiten der Bauteile durch den gezielten Einsatz von Endlosfasern. Verbesserte Werkstoffformulierungen auf der Basis von Sekundärrohstoffen, biobasierten und recyclingfähigen Materialsystemen, energieeffiziente Verarbeitungsverfahren oder auch biobasierte, eigenverstärkte Compositematerialien sind häufig Teil der Projekte. Präsentiert werden ein recyclingfähiger bio-basierter Monomaterial-Fahrradhelm aus EPLA, ein integrales Leichtbau-Rotoblattsegment aus Faserverbundwerkstoff mit Schaumkern und eine Schutzstruktur (Lower Protection Cover) für Battery Electric Vehicles.
Sich auf der JEC World inspirieren zu lassen und abends bei kulinarischen Köstlichkeiten die Eindrücke des Tages Revue passieren zu lassen ist keine ganz schlechte Idee. Viel Vergnügen in Paris!
• Auberge du Tourlourou: Ein Gourmetrestaurant, das für seine exquisite französische Küche bekannt ist – Tel. +33 1 48 610642 – Öffnungszeiten ab 19:15 bis 21 Uhr – 5 Place du Colonnel Henri Rol-Tanguy, 93290 Tremblay-en-France
• Restaurant La Renaissance: Spezialisiert auf französische Halal-Gastronomie – Öffnungszeiten ab 19 Uhr bis 22:30 Uhr – Tel. +33 1 49 89 00 10 – 88 avenue de la Plaine de France, 93290 Tremblay-en-France
• Restaurant Mamaza: Ein Italiener in Frankreich – Tel. +33 9 53 24 10 12 – Öffnungszeiten 18:30 bis 22:30 Uhr – 2 Bd Charles Floquet, 93600 Aulnay-sous-Bois
Bild oben: Mein persönliches Amuse-Geule bevor ich mich auf dem Weg in die Messehallen mache ist immer ein Espresso und ein Glas Wasser, um mit klarem Kopf inspirierende Gespräche zu führen. Diese Tradition werde ich auch in diesem Jahr beibehalten. (Quelle: Leichtbauwelt | ck)

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft und überzeugter Leichtbau-Fan.
Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de habe ich 2018 ein neues Medienformat im B2B-Umfeld geschaffen. Leichtbauwelt ist Inspiration für Ihren Fortschritt und Wissen, wie’s leicht wird. Leichtbauwelt verlinkt, vernetzt und ordnet ein, verlagsunabhängig und transparent. Partei ergreife ich nur für den Leichtbau, von dessen Nutzen ich überzeugt bin.
Seit etwa 25 Jahren bin ich Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften. Für verschiedene führende Fachmagazine habe ich als eBusiness-Projektmanager Industrie schon 2001 crossmediale Angebote eingeführt, denn die Digitalisierung aller Lebensbereiche hat Einfluss auf unser Informationsverhalten. Deshalb bin ich mir sicher, dass sich die Medienbranche wandeln muss. Mehr über mich finden Sie unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.
„Leichtbau fasziniert und begeistert. Die Entwicklung von Leichtbauwelt über die letzten Jahre zeigt, dass der Markt unser Angebot braucht und gerne annimmt.“


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