Diese Leichtbau-Front für LKWs soll Leben retten

Moderne Sicherheitskonzepte sorgen schon heute dafür, dass die Insassen zweier PKWs einen Crash mit 80 km/h ohne tödliche Folgen überstehen sollten. Bei Kollisionen zwischen Lkw und Pkw ist dies jedoch nicht der Fall. Anders als bei Crash-Szenarien zwischen Pkws ist hier nicht die Geschwindigkeit der entscheidende Faktor, sondern die Unfallschwere nimmt durch Geometrie, Steifigkeit und Masse der beteiligten Fahrzeuge zu. Bei über 90 Prozent der Verkehrsunfälle mit Lkw-Beteiligung stirbt der Unfallgegner, in der Regel ein Pkw-Insasse.

Bild oben: Die endgültige Version der Struktur würde sich viel nahtloser in das Design des Lastwagens integrieren (Quelle: Chalmers University)

Um das zu verhindern, muss die Fahrerkabine des Pkw unversehrt bleiben. Selbst modernste Sicherheitskonzepte bei Pkws sind jedoch der Masse und auftreffenden Wucht eines Lkws nicht gewachsen. Forschende nehmen daher die Lkw-Frontstruktur in den Fokus, um die Unfallfolgen abzumildern.

Im Crashfall verfügen Fahrzeuge über Strukturelemente wie Stoßfänger, Träger oder Rahmen, die sich verformen und dabei Energieabsorbieren oder die intakt bleiben, um die Insassen zu schützen. Da Unfälle jedoch keinem Plan folgen, hat es sich gezeigt, dass die Strukturen in den seltensten Fällen ideal zusammenwirken. Ein Forscher-Team der Chalmers University hat deshalb – basierend auf früheren Forschungsarbeiten – eine Lkw-Front entwickelt, die einen Teil der Energie eines Aufpralls aufnehmen soll.

„Wir wissen, dass eine verteilte Kraft auf das aufprallende Auto eine effizientere Leistung der Aufprallstrukturen ermöglichen würde. Beim ersten Test konnten wir auch feststellen, dass die beobachteten Energiewerte hoch waren und eine bessere Energieabsorption durch den Lkw erforderlich war. Eine weitere Herausforderung bestand darin, das Auto von der Vorwärtsbewegung des Lkw wegzulenken.“
Prof. Robert Thomson, Abteilung für Fahrzeugsicherheit an der Chalmers University of Technology

Die neue Front wurde mit dem Ziel entworfen, mögliche Designprinzipien aufzuzeigen, die von den Herstellern interpretiert und angepasst werden können.

„Das Innendesign der neuen Lkw-Front besteht aus Aluminiumwaben. Dabei handelt es sich um eine Struktur, die aus sich wiederholenden sechseckigen Rohren aus Aluminiumfolie besteht. Dies ist ideal für eine leichte, energieabsorbierende Struktur, da etwa 97 Prozent des Volumens aus Luft bestehen. Aluminiumwaben werden in vielen Crashtest-Barrieren verwendet, um eine verteilte Kraft zu erzeugen und Energie zu absorbieren. Durch Änderung der Foliendicke können wir die Kraft- und Verformungseigenschaften verändern. Außerdem bietet es die nötige Flexibilität bei der Herstellung, um Prototypen zu erstellen und den Nachweis eines Konzepts zu erbringen.“
Prof. Robert Thomson, Abteilung für Fahrzeugsicherheit an der Chalmers University of Technology

Die neue Lkw-Front wurde von der schwedischen Verkehrsbehörde Trafikverket auf der Autoliv-Teststrecke in Vårgårda in einer Reihe von Tests geprüft. Die Ergebnisse zeigten deutlich, dass die neue Lkw-Front einen großen Unterschied macht: Die Verformungen des Pkw-Innenraums konnten um 30 bis 60 Prozent verringert werden, was das Verletzungsrisiko für die Fahrzeuginsassen reduziert. Zudem konnte auch die Verformung des Lkw in sensiblen Bereichen verringert werden, so dass auch die Sicherheit für die Lkw-Fahrer und die Ladung verbessert wird. Dies betrifft insbesondere die Lenk-, Brems- und Aufhängungskomponenten, die bei Unfällen beschädigt werden können. Der Schutz dieser Komponenten verringert das Risiko von Folgeunfällen oder sogar von Überschlägen.

Der Test basiert auf einem modernen Pkw und einem schweren Lkw, die mit einer Geschwindigkeit zusammenstoßen, die zu einem tödlichen Unfall führen würde. Der Crashtest wurde mit 50 Stundenkilometern durchgeführt, simuliert aber eine ursprüngliche Fahrgeschwindigkeit von 80, die durch automatische Notbremssysteme (AEB), die in neueren Pkw und Lkw vorgeschrieben sind, um 30 Stundenkilometer reduziert wird.

Die Chalmers University of Technology, die schwedische Verkehrsbehörde und die Automobilindustrie arbeiten zusammen, um die Tests mit der Lkw-Front weiterzuentwickeln.


Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung

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