Leichtbau auf der Medica und der Compamed? – Na klar!

Inspiration für Leichtbau-Produkte auf der Medizintechnik-Fachmesse suchen? Aber sicher! Die Suche nach „lightweight“ fördert in der Produkt- und Ausstellerdatenbank der Medica und der zeitgleich stattfindenden Compamed einige hundert Treffer. Erstaunlich? Bei näherem Hinsehen absolut nicht, sondern in jeder Hinsicht sinnvoll.  

Ein Blick auf die leichten Produkte auf den medizintechnischen Fachmessen lohnt sich alleine deshalb, weil er offenbart, wieviel Nutzen der Leichtbau über die Material- und Kosteneffizienz sowie reduzierte CO2-Emissionen hinaus noch zusätzlich mit sich bringt. Mobilität ist ein Stichwort, aber auch Ergonomie und Gesundheitsförderung.

Medica und Compamed

(Quelle: Messe Düsseldorf)

(Quelle: Messe Düsseldorf)

Die beiden Fachmessen Medica und Compamed finden vom 11. bis 14. November in Düsseldorf statt.

Die Medica ist mit über 5.300 Ausstellern aus fast 70 Nationen und 83.000 Besuchern eine der größten medizinischen B2B-Fachmessen weltweit.

Die Compamed ist eine internationale Leitmesse für den medizintechnischen Zuliefererbereich.

 

Leichtbau spielt in der Medizintechnik eine wichtige Rolle. Wo es in anderen Branchen vorrangig um Kostenvorteile geht, profitieren in der Medizintechnik vom geringen Gewicht der Hilfsmittel und Geräte auch die Menschen. Denn innovative Materialien und Technologien reduzieren nicht nur das Gewicht der medizinischen Geräte, sondern steigern auch deren Effizienz und Komfort.

Mehr Leichtigkeit mit medizinischen Hilfsmitteln

Geschäftsfrau im Rollstuhl (Quelle: Depositphotos | PeopleImages.com)

Leichte Rollstühle und Rollatoren haben viele Vorteile, sei es für den Patienten selbst, oder aber bei Ortswechseln mit anderen Verkehrsmitteln. Je leichter das Hilfsmittel, desto einfacher ist es zu handhaben. Vorherrschender Werkstoff ist hier Aluminium, einzelne Produkte nutzen auch Faserverbundwerkstoffe. In Halle 6 bei Alerta Medical lassen sich unter anderem mit einem Aluminium Lightweight 2-in-1 Wheelchair Rollator (Funktionsintegration!) einige Beispiele finden und testen.

Bei Prothesen liegt es auf der Hand, dass sie umso komfortabler sind, je geringer ihr Eigengewicht ist. Doch Composites bieten hier noch weitere Vorteile, lassen sich doch die Halter für die Stümpfe der Gliedmaßen durch unterschiedliche Fertigungsverfahren individualisieren. Druckstellen können so minimiert werden. Beispiele für leichte und widerstandsfähige Unterschenkel-Prothesen zeigt unter anderem Orthobroker in Halle 4 am Stand G38.

Ebenso wichtig ist insbesondere für viele ältere Menschen ein leichtes, angenehm zu tragendes Schuhwerk. Was in der Welt der gesunden und aktiven Menschen der leichte Joggingschuh an Nutzen bringt, ist gleichermaßen übertragbar auf Schuhe für Menschen mit einer Mobilitätseinschränkung beim Gehen oder für krankheits- oder altersbedingt empfindliche Füße mit besonderen Anforderungen. Beispiele finden sich in Halle 5 bei Suecos Footwear.

Leicht und leise sind die Anforderungen an nicht-invasive Beatmungsgeräte für die Behandlung der obstruktive Schlafapnoe bei Erwachsenen. Das Aeonmed Neobip Device wiegt ganze 1,26 kg und ist deshalb gut für zu Hause geeignet. Aber auch auf Reisen kann es mitgeführt werden und ermöglich so einen hohen individuellen Freiheitsgrad. Zu sehen ist das Gerät bei Heyer medical in Halle 11 am Stand A20.

Einen leichten Inhalator, ein tragbares Aerosolgerät zeigt das Unternehmen Pikdare in Halle 6 Stand B03. Das Design des AIREasy On macht es leicht und „handsfree“ tragbar, so dass Patientinnen und Patienten während der Therapie frei arbeiten, lernen, spielen, kochen und sich bewegen können.

Ja, und selbst Erste Hilfe darf nicht schwer sein, das gilt sowohl im eigentlichen wie auch im übertragenen Sinn. Soll ein Erste-Hilfe-Set überall mit, so muss es zwar gut ausgestattet, aber dennoch klein, handlich – und leicht sein. Denn wer will schon beim Camping, Wandern oder anderen Outdooraktivitäten zu viel Gewicht mit sich führen? Ein gelungenes Beispiel ist bei Hangzhou Cowish Medical Products in Halle 17, Stand C26-6 zu finden.

Komfortable Unterstützung in Ausnahmesituationen

Das Eigengewicht medizinischer Hilfsmittel ist erst recht in Extremsituationen wichtig – beispielsweise bei einer Geburt. Das Unternehmen Body Clock Health Care zeigt in Halle 9 am Stand D70 ein Tens-Gerät zur Schmerzlinderung für werdende Mütter in den Wehen. Wehen verarbeitet man nicht im Liegen. Viele Frauen verspüren instinktiv den Drang sich zu bewegen, immer wieder unterschiedliche Positionen einzunehmen – und benötigen dann ein Gerät, dessen kompakte und leichte Konstruktion diese Mobilität mitmacht.

Eine andere Ausnahmesituation ist die Genesung nach Traumata. Während der Heilungsphase werden für Bänder- oder Sehnenverletzungen heute häufig Orthesen verordnet, denn man weiß heute, wie wichtig es ist, dass die Patientinnen und Patienten aktiv bleiben und durch die Bewegung den Heilungsprozess unterstützen. Um diese Aktivität zu fördern, sollten Orthesen angenehm zu tragen sein. In Halle … stellt .. die Genius-X Bänder-Orthese für Bänderverletzungen am Knie mit einem leichten Aluminiumrahmen vor, die nicht nur den Tragekomfort erhöht, sondern auch dank ihres leichten Gewichts eine normale Muskelfunktion ermöglicht.

Fixateur externe mit CFK-Strukturen (Quelle: Medica | Jundal Medi Surge)

Nach einer Operation können für die vollständige Heilung der Knochen externe Fixateure notwendig sein. Für den Patienten ist ein Fixateur zur Stabilisierung und Ruhigstellung der zuvor gebrochenen oder beschädigten Knochen an sich schon unangenehm. Doch die Gestelle halten durch Ringe, Streben und Verbindungselemente die Knochen(fragmente) nach der OP an der gewünschten Position und unterstützen den Heilungsprozess. CFK als Material für die Fixateure bietet dabei einige Vorteile: sein leichtes Gewicht, das das Riskio von Komplikationen mindert, seine Biokompatibilität, seine Röntgendurchlässigkeit und seine mechanischen Eigenschaften wie Steifigkeit und Festigkeit. Eine entsprechende Ausführung zeigt das Unternehmen Jundal Medi Surge in Halle 10 am Stand H26.

Medizinische Hilfsmittel, für eine andere Art von Ausnahmesituation sind die dauerhaft zu tragenden mobilen, kleinen EKG-Rekorder in der Versorgung von Herzpatienten. Diese leichten, kompakten Sensoren und Datenspeicher wurden für die Compliance der Patienten entwickelt und verfügen über eine verlängerte Batterielebensdauer und ein wasserfestes Gehäuse für ununterbrochene tägliche Aktivitäten – zu sehen in Halle 9 am Stand E33 von Norav Medical.

Leichtbau in der technischen Patientenversorgung

Mobilität und eine einfache Handhabung sind auch bei der Auswahl medizinischer Geräte und Hilfsmittel für die Patientenversorgung unter bestimmte Bedingungen ein bedeutsames Kriterium.

Sehr einfach erschließt sich die Notwendigkeit, bei Patiententragen das Eigengewicht der Trage zu minimieren. Eine Variante aus CFK zeigt Valiamo in Halle 14 / D10-7.

Doch auch medizintechnische, mobile Diagnosegeräte profitieren vom geringen Gewicht durch Material oder Design. Beispielsweise das Amadeo M-DR mini-System, ein mobiles Röntgengerät für Intensivstationen oder den Outdoor-Einsatz, das beim Design auf Leichtbau setzt, um ein kraftsparendes, nach Möglichkeit einhändiges Bedienen zu ermöglichen. Für Untersuchungen vor Ort müssen Röntgengeräte teilweise sogar tragbar sein – eine Herausforderung für Leichtbau-Design und -Materialien. Bei Oehm und Rehbein in Halle 10, Stand E41 sind beide Varianten zu sehen. Ein anderes Beispiel ist das XFM Mobile System für Digitales Röntgen. Es ist kompakt und leicht (<300 kg), so dass es Transport und das Passieren von Engstellen wie Türen, Fluren und Aufzügen vereinfacht. Das Unternehmen Italray zeigt das Gerät in Halle 10 am Stand B73.

Leichtbau verbessert Arbeitsergonomie in der Medizin

Je ergonomischer und leichter die Arbeitsmittel, desto sicherer die Operation für Patienten (Quelle: Depositphotos | ArturVerkhovetskiy)

Wesentlich weniger spektakulär, dennoch technisch herausfordernd sind Pipetten. Nicht die kleinen transparenten aus Kunststoff, sondern Profigeräte, die für die Arbeit im Labor gedacht sind. Das bemerkenswert geringe Gewicht der Accumax low Force Pipetten verringert beispielsweise die Belastung von Hand und Arm und stellt die Arbeitsergonomie in den Vordergrund. Fachbesucherinnen und Fachbesucher können dies in Halle 3 am Stand 46 bei Accumax Lab Devices selbst testen.

Ebenfalls Leichtbau für mehr Ergonomie bei der Arbeit ist das geringe Gewicht von Kopfgestellen für Lichtspots oder Kameratechnik. Bei langwierigen Operationen sorgt der Leichtbau dafür, dass Ärztin oder Arzt sich ermüdungsfrei auf die eigentliche Aufgabe fokussieren können. Einige dieser Kopfgestelle sind am Stand J43 von BFW in Halle 15 zu sehen. Erreicht wird dies durch das Design und die Materialauswahl.

Aus demselben Grund sollten die Lampenköpfe der OP-Leuchten kein hohes Eigengewicht mitbringen. Der schlanke und leichte Lampenkopf Astramax HD-LED ermöglicht eine reibungslose, schnelle und präzise Positionierung während des Eingriffs – zu sehen in Halle 15 am Stand B02-1 bei Brandon Medical.

Welchen Trends kommt der Leichtbau entgegen?

Die oben aufgeführten Produkte sind nur ein kleiner Teil der leichten Exponate und stehen beispielhaft für aktuelle Anforderungen in der Medizintechnik, der Patientenversorgung und der Pflege.

  1. Ergonomie: Die wenigen Fachkräfte in der Pflege und Gesundheitsversorgung sollen so weit wie möglich durch die Ergonomie der Arbeitsgeräte entlastet werden. Ein geringes Gewicht, hautfreundliche Materialien und eine einfache Handhabung sind hier die Anforderungen.
  2. Verbesserung der Compliance: Je besser Patientinnen und Patienten mitarbeiten, umso größer sind Heilungschancen und -erfolge. Was bei den Fachkräften die Ergonomie sind in der Compliance Größe und Gewicht der medizintechnischen Helfer. Je kleiner, je leichter, je besser in den Alltag integrierbar, umso eher wird das Produkt genutzt und eingesetzt.
  3. Tele-Medizin und Pflege zu Hause: Kleine, leichte Geräte und technische Hilfsmittel lassen sich auch von Laien zu Hause bestimmungsgemäß verwenden, dauerhaft tragen oder sind einfach mitzuführen, ohne die individuelle Mobilität einzuschränken.

Wie wird Leichtbau in der Medizintechnik erreicht?

In der Medizintechnik gelten besonders strengen Sicherheits- und Regulierungsanforderungen. Jedes medizinische Gerät muss umfassenden Tests unterzogen werden, um sicherzustellen, dass es den geltenden Normen entspricht. Die Verwendung neuer Materialien kann zusätzliche regulatorische Hürden mit sich bringen, da die Werkstoffe möglicherweise nicht vollständig dokumentiert oder anerkannt sind. Bei der Produktentwicklung müssen daher alle Beteiligten eng mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und sicherstellen, dass alle erforderlichen Dokumentationen erstellt werden.

In den meisten Fällen wird daher in der Produktentwicklung auf bereits bekannte und dokumentierte Leichtbau-Werkstoffe wie Aluminium, CFK oder Kunststoffe zurückgegriffen. Das geringe Produktgewicht wird darüber hinaus durch additive Fertigungsverfahren, Funktionsintegration und konstruktiven Leichtbau erreicht.

Alles in allem lohnt sich ein Blick auf medizintechnische Lösungen auch im Detail. Und was wäre dazu besser geeignet als ein Gespräch am Stand auf einer Fachmesse?

Bild oben: Die Medizinmesse Medica findet jährlich Mitte November in den Düsseldorfer Messehallen statt. (Quelle: Messe Düsseldorf | ctillmann)


Christine Koblmiller

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft und überzeugter Leichtbau-Fan.

Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de habe ich 2018 ein neues Medienformat im B2B-Umfeld geschaffen. Leichtbauwelt ist Inspiration für Ihren Fortschritt und Wissen, wie’s leicht wird. Leichtbauwelt verlinkt, vernetzt und ordnet ein, verlagsunabhängig und transparent. Partei ergreife ich nur für den Leichtbau, von dessen Nutzen ich überzeugt bin.

Seit etwa 25 Jahren bin ich Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften. Für verschiedene führende Fachmagazine habe ich als eBusiness-Projektmanager Industrie schon 2001 crossmediale Angebote eingeführt, denn die Digitalisierung aller Lebensbereiche hat Einfluss auf unser Informationsverhalten. Deshalb bin ich mir sicher, dass sich die Medienbranche wandeln muss. Mehr über mich finden Sie unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.

„Leichtbau fasziniert und begeistert. Die Entwicklung von Leichtbauwelt über die letzten Jahre zeigt, dass der Markt unser Angebot braucht und gerne annimmt.“

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