
Die Tragwerke baulicher Konstruktionen wie Brücken oder Gebäude müssen allen auftretenden Belastungen standhalten. Da diese im Vorhinein nicht bekannt sind, werden häufig konservative Abschätzungen gemacht, weshalb Tragwerke meist überdimensioniert sind. Forschende der Universität Stuttgart haben aktive, adaptive Tragwerkselemente entwickelt, mit denen das Lastabtragsverhalten in einem Tragwerk manipuliert werden kann.
Sie ermöglichen Ultraleichtbau-Konstruktionen, die gegenüber dem klassischen Leichtbau noch einmal signifikant Material einsparen, ohne dass jedoch die Sicherheit des Tragwerks verringert wird.
Dazu werden Aktoren – aktive Elemente – parallel oder auch seriell in die passive Tragstruktur integriert. Die von Julia Wagner und Dr. Michael Böhm am Institut für Systemdynamik (ISYS) gemeinsam mit Timon Burghardt am Institut für Konstruktion und Technisches Design (IKTD) entwickelten Aktorik-Baugruppen setzen sich aus einem aktiven Element sowie mechanischen Bauelementen zur Kraftübertragung zusammen. Im passiven Zustand dienen letztgenannte der Aufrechterhaltung der Vorspannung, womit zusätzliche Elemente für diesen Zweck entfallen.
Solche Baugruppen machen aus einem schon leichten Tragwerk ein Ultraleichtbau-Tragwerk, das in der Lage ist, Verformungen durch dynamische und statische Lasten aktiv auszugleichen. Jedes Element übt je nach Belastungszustand Zug- oder Druckkräfte aus oder leitet sie ab. Dies geschieht automatisiert durch die Kombination mit entsprechender Sensorik und einer Steuereinheit. Die aktiven Elemente können dabei beispielsweise hydraulisch, pneumatisch oder (piezo-)elektrisch betrieben werden.
Mit den adaptiven Tragwerkselementen ist es möglich, den Materialaufwand und damit das Gesamtgewicht von Bauwerken künftig nocheinmal signifikant zu reduzieren. Gleichzeitig wird durch die Dämpfung sämtlicher Schwingungen die Lebensdauer der tragenden Strukturen deutlich erhöht, was zusätzlich zur Ressourceneffizienz und zum Einsparen von CO2-Emissionen beiträgt. Denkbar sind diese Aktoren für alle Hochhäuser, nicht nur für Leichtbau-Konstruktionen. Außerdem könnten sie auch in bereits bestehende Bauwerke, wie beispielsweise Brücken, eingesetzt werden. Patente für die Tragwerkselemente wurden angemeldet.
Die adaptiven Tragwerkselemente werden zurzeit in einem Demonstrationsgebäude in der Praxis erforscht. Das ca. 37 m hohe adaptive Hochhaus steht auf dem Campus der Universität Stuttgart und ist im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichs 1244 unter Führung von Prof. Werner Sobek (ILEK) und Prof. Oliver Sawodny (ISYS) entstanden.
Bild oben: Die adaptiven Tragwerkselemente werden zurzeit in einem Demonstrationsgebäude in der Praxis erforscht. Das ca. 37 m hohe adaptive Hochhaus steht auf dem Campus der Universität Stuttgart. (Quelle: ILEK, Universität Stuttgart)
Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung, Ingenieur.de, Technologie-Lizenz-Büro
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