Pionier der Leichtbauwelt – Jörg Petri: „Handwerk und 3D-Druck bringen Leichtigkeit auf die Baustelle“

Wie sieht die Zukunft des Bauens aus, wenn Materialien und Verfahren den ökologischen Fußabdruck drastisch reduzieren müssen? Wenn Digitalisierung Kosten senken und das Bauen beschleunigen soll? „Wir bringen das Handwerk zurück auf die Baustelle, in nachhaltiger und kostenneutraler Weise“, erklärt der Gründer Jörg Petri im Interview als Pionier der Leichtbauwelt. Ein erstaunliches Unterfangen – ist doch die Digitalisierung im Bauwesen eher geprägt von kosteneffizienter Massenproduktion und standardisierenden Technologien. 

Bild oben: Jörg Petri (Quelle: NDC New Digital Craft)

Im Leichtbau sind branchen- und werkstoffübergreifende Impulse und neue Inspirationen für kreative, technologische Lösungen äußerst wertvoll. In der Serie „Pioniere der Leichtbauwelt“ kommen deshalb Gründer und Start-ups zu Wort. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre Technologie, ihre Ideen und Visionen vorzustellen. Wenn sich so neue Partnerschaften über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg ergeben, dann haben wir bei Leichtbau(welt) unser Ziel erreicht: Inspiration für ihren Fortschritt.

Was treibt einen erfahrenen Architekten an, sich intensiv mit 3D-Druck auseinanderzusetzen? Der Gründer von New Digital Craft nimmt uns mit auf seine Reise und erklärt im Gespräch mit Leichtbauwelt, wie spannend die Verbindung aus digitaler Präzision und handwerklicher Qualität sein kann, die nicht nur zu außergewöhnlichen Bauprojekten führt, sondern zudem den Leichtbau- und Nachhaltigkeitsgedanken vorantreibt.

Leichtbauwelt: Was hat ihre Idee, ihre Technologie mit Leichtbau zu tun?

3D gedruckte Schalung für das Einzelteil Unterseite der Treppe (Quelle: New Digital Craft)

Jörg Petri: Unsere Projekte sind vielseitig und nicht immer zwingend im Leichtbau zu verorten. Als New Digital Craft liegt unser Fokus darauf das Handwerk zurück auf die Baustelle zu bringen. Und das in nachhaltiger und kostenneutraler Weise. Doch die Treppe „Cadenza“ im NEST der Empa ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie unsere Technologie damit auch den Leichtbau vorantreibt. Sie basiert auf einem formaktiven Design des Teams dbt Digital Building Technologies der ETH Zürich. Für dieses Design haben wir Schalung entwickelt und produziert. Das Projekt selbst startete ich noch als Business Development Manger während meiner Zeit bei der BASF 3D Printing Solutions und konnte es dann im Namen meines eigenen Unternehmens New Digital Craft weiterführen und abschließen.

Leichtbauwelt: Wie kam es zu diesem Projekt und welche Ziele hatte es?

Jörg Petri: Die Grundidee war, ein „Leuchtturmprojekt“ für den Betonbau umzusetzen. Die Treppe vereinte in diesem „Open Innovation Projekt“ der Empa in der NEST STEP2 Unit für alle beteiligten Projektpartner die Kriterien für maximale Komplexität und Innovation. Für unseren Part war gar nicht von Anfang an klar, ob die von mir gewählte 3D Drucktechnologie der Herausforderung überhaupt standhalten könnte. Doch es stellte sich sogar heraus, dass der 3D Druck prädestiniert ist, um auch die Anforderungen derart komplexer Geometrien im Bauwesen zu erfüllen. Die Schalung wäre in dieser Detailtiefe und den entsprechenden Fügedetails der insgesamt sieben Schalungsteile mit keiner anderen Herstellungstechnik so effizient und genau umsetzbar gewesen.

Hintergrund: Treppe “Cadenza”

Das Treppenprojekt „Cadenza“ auf der Baustelle des NEST der Empa (Quelle: Andrei Jipa, DBT, ETH Zürich)

Die Treppe wurde als Open Innovation Projekt im NEST der Empa realisiert in Kooperation mit folgenden Partner:

  • Stair Design: Digital Building Technologies – ETH Zurich, ROK Architects
  • Fabrication System: Digital Building Technologies – ETH Zurich, SW Umwelttechnik.
  • Formwork Development and 3D Printing: Digital Building Technologies – ETH Zurich, BASF Forward AM, New Digital Craft GmbH
  • Structural Design: Walt Galmarini
  • Precast Concrete: SW Umwelttechnik
  • Post-tensioning System: re-fer
  • Project Management: ROK Architects

Weitere Informationen zur Treppe gibt es auf der Webseite der Empa, dem interdisziplinären Forschungsinstituts des ETH-Bereichs für Materialwissenschaften und Technologieentwicklung. 

Leichtbauwelt: Können Sie uns das Besondere an Ihrer Idee in wenigen Sätzen erklären?

Jörg Petri: Wir nutzen eine 3D-Drucktechnologie, die für den großformatigen Bereich Bau kostengünstig, nachhaltig und mit hoher Auflösung funktioniert. Dazu verwenden wir einen Biokunststoff, um die komplexen Formen herzustellen. Das Fügen mehrerer Bauteile ermöglicht es uns, große und komplexe Strukturen herzustellen.

Leichtbauwelt: Was ist dabei aus technologischer Sicht besonders interessant?

Jörg Petri: Im Schalungsbau haben wir eine Beschichtung entwickelt, die sich nach dem Ausguss der Form wieder abziehen lässt. Das bedeutet, die Form kommt nicht mit dem Beton in Kontakt und kann Sortenrein für ein Recycling getrennt werden. Zudem erhalten wir durch die Beschichtung eine absolut glatte Oberfläche. Wenn gewünscht, können wir mit der gewählten 3D Drucktechnologie sogar individuelle Oberflächenstrukturen einarbeiten, die mit anderen Technologien nicht möglich sind. Natürlich können wir die Form auch ohne Beschichtung abgießen und erhalten dann eine interessante „Layerstruktur“ im Beton.

Leichtbauwelt: Worin sehen Sie den größten Nutzen für Ihre Kunden?

Jörg Petri: Vor allem natürlich durch die Möglichkeit der absoluten Formfreiheit und unbegrenzten Formvielfalt. Wir können mit unserer 3D-Drucktechnologie formaktive, materialoptimierte Strukturen herstellen, die Material und Gewicht sparen.
Zudem verwenden wir einen nachhaltigen, zementfreien Beton, der im Vergleich zum klassischen Portland Zement bis zu 80 Prozent CO2 einspart. Dieser Beton kann auch mit einer Dämmfunktion versehen werden und bringt somit im Bereich “Restaurierung – Bauen im Bestand” einen riesigen Mehrwert im Vergleich zu den bisherigen Lösungen am Markt. Wir können den Beton mit einem entsprechenden Zuschlag sehr leicht ausführen. Damit wird der Leichtbau im Bereich Betonarbeiten nicht nur über formaktive Bauteile umgesetzt, sondern auch durch das Material.

Leichtbauwelt: Welchen Beitrag können Sie mit Ihrer Technologie zum Klimaschutz leisten?

Jörg Petri: Unsere Bauteile, die Formen, sind rezyklierbar und aus einem Biokunstoff oder aus bereits recycelten Material hergestellt. Zudem verwenden wir zementfreien Beton, der 80 Prozent weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu klassischen Betonen aus Portland Zement verursacht. Unsere Gewände können außerdem mit einer Dämmfunktion ausgestattet werden, was wiederum dazu beiträgt CO2-Emissionen einzusparen.

„Wir können mit unserer 3D-Drucktechnologie formaktive, materialoptimierte Strukturen herstellen, die Material und Gewicht sparen.“

Leichtbauwelt: Wird dieser Beitrag von den Anwendern gesehen oder gar geschätzt?

Jörg Petri: Bisher leider erst von wenigen Kunden. Aber wir sind überzeugt, dass die traditionellen Materialien, wie beispielsweise Beton weiter mit höheren CO2-Steuern belegt werden. Dann kann unsere Technologie auch im Bereich Kostenneutralität punkten.

Leichtbauwelt: Kennen Sie den CO2-Footprint ihres eigenen Unternehmens? Wie nachhaltig agiert ihr Unternehmen?

Jörg Petri: Wir stellen unterschiedliche Produkte mittels 3D Druck her und sind dabei, den genauen Fußabdruck für die unterschiedlichen Anwendungen zu berechnen. Nachhaltigkeit steht bei uns an erster Stelle. Wir produzieren und entwickeln ausschließlich nachhaltige Produkte. Am bereits beschriebenen Beispiel, dem Einsatz von Biokunstoff und von zementfreiem Beton, lässt sich dieser Ansatz gut belegen. Mit unseren metallisch beschichteten “3D Personal Tiles” gehen wir einen Schritt weiter. Wir verbessern die Langlebigkeit unserer Biokunststoffe und kreieren ein individualisiertes Design, das Potential zum Erbstück hat und den Lebenszyklus extrem verlängert.

Leichtbauwelt: Woher kommt der Name für das Unternehmen?

Jörg Petri: „New Digital Craft“ steht für unsere Grundhaltung: Wir bringen das Handwerk zurück auf die Baustelle, nachhaltig und bezahlbar mittels einer Kombination von digitalen Entwurfs- und Produktionsmethoden. Die digitalen und komplexen Konstruktionsmöglichkeiten am Rechner werden nun mit dem 3D-Druck optimal kombiniert. Wir sind dadurch nun in der Lage, die Komplexität und Intelligenz biologischer Strukturen aus der Natur 1:1 herzustellen. Unsere Entwürfe werden immer „Bottom Up“ mit den Herstellungsmethoden im Kopf entwickelt und nicht „Top Down“ entworfen, ohne zu wissen wie die Strukturen überhaupt baubar gemacht werden können. Wir sehen dies, neben der Verwendung von nachhaltigen Materialien, als Lösung um die komplexen Herausforderungen am Bau für die Zukunft zu meistern.

Leichtbauwelt: Wer hat Sie bei der Firmengründung unterstützt?

3D Druck einer Schalung (Quelle: New Digital Craft)

Jörg Petri: Die eigentliche Firmengründung der GmbH habe ich alleine umgesetzt und bisher auch ohne zusätzliche Investoren. Mir hat jedoch im Vorfeld sehr geholfen, dass ich die Technologie und die Anwendungen bereits im NOWlab als Teil der BigRep GmbH und dann innerhalb der BASF 3D Printing Solutions in vielen Pilotprojekten testen und bis zur Marktreife entwickeln konnte. Das BASF Inkubations-Team in der Schweiz war eine große Hilfe, denn ohne die Unterstützung der Entwicklung des Treppenprojektes in der STEP2 Unit, wäre das Projekt nicht realisiert worden. Wir sind derzeit sehr kompakt aufgestellt und planen durch eine erste Investorenrunde weiter skalieren zu können. Entwurf und Produktion behalten wir weiterhin in-house, um so die bestmögliche Qualität unserer Produkte zu gewährleisten.

Leichtbauwelt: Wann wussten Sie, dass aus dieser Idee ein Unternehmen werden könnte? Gab es so etwas wie einen „Point of no return“?

Jörg Petri: Durch meine langjährigen Aktivitäten im Bereich 3D-Druck am Bau, habe ich mir inzwischen ein Netzwerk aufgebaut, dass mir die Gründung eines eigenen Unternehmens ermöglichte. Da ich ohne großen Inverstor gestartet bin, bin ich auf das Umsetzen realer, marktreifer Projekte angewiesen. Sicherlich würden wir durch eine größere Investition schneller skalieren können. Jedoch sehen wir ein gesundes, organisches Wachstum im Moment als besten Weg in den Markt und die Zukunft.

Leichtbauwelt: Welche Stärken bringen Sie persönlich als Gründer ein?

Jörg Petri: Als Architekt bin ich im Bereich Design und Bau nun über 20 Jahre unterwegs und habe unterschiedliche Teams leiten können. In den letzten zehn Jahren habe ich mich intensiv mit dem 3D Druck auseinandergesetzt. Die technische und gestalterische Verantwortung und die Teamleitung liegen bei mir. Während meiner Zeit als Business Development Manager bei BASF Forward AM habe ich mir außerdem auch einige Marketing und Sales Skills aneignen können und diverse Business Cases entwickelt. Ein CFO fehlt aber definitiv bei uns im Team und im Prinzip müssten wir viel mehr Marketing machen. Die technische Umsetzung unserer derzeitigen Produkte ist ausgereift, der Bekanntheitsgrad in der breiten Masse fehlt uns jedoch noch.

„Unsere Entwürfe werden immer „Bottom Up“ mit den Herstellungsmethoden im Kopf entwickelt. Wir sehen dies, neben der Verwendung von nachhaltigen Materialien, als Lösung um die komplexen Herausforderungen am Bau für die Zukunft zu meistern.“

Leichtbauwelt: Welche weiteren Entwicklungen planen Sie?

Jörg Petri: Wir wollen künftig Drucksysteme einsetzen, die auf Pellets basieren: die sogenannte FGF (Fused Granulate Fabrication). Bisher sind unsere Anwendungen auf FFF (Fused Filament Fabrication) basierender Technologie entwickelt und umgesetzt worden. Beim 3D-Druck stehen nach unserer Auffassung Material, Drucktechnologie und Anwendung immer im Zusammenhang. Durch den Einsatz eines FGF Verfahrens können wir unser Portfolio nochmals um einige Anwendungen erweitern.

Leichtbauwelt: Wo sehen Sie Ihr Unternehmen mittelfristig?

Jörg Petri: Mittelfristig sehen wir unser Unternehmen als einen führenden Akteur im Bereich Architektur und Interior Design, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Anwendungstechnik des großformatigen 3D-Drucks im Bauwesen. Unser Ziel ist es, die Baubranche durch innovative Technologien zu revolutionieren und das traditionelle Handwerk in die moderne Bauweise zu integrieren. Unter dem Motto „Wir bringen das Handwerk zurück auf die Baustelle“ verfolgen wir eine klare Vision, die sich in vier Punkten zusammenfassen lässt:

  1. Wir integrieren Handwerk und Technologie: Unsere Technologie ermöglicht es, handwerkliche Präzision und künstlerisches Gestalten wieder erschwinglich zu machen und vor Ort einzusetzen. Mittelfristig streben wir an, unsere 3D-Drucklösungen so weiterzuentwickeln, dass sie in den Kernbereichen der Baustelle eingesetzt werden können, um maßgeschneiderte und detailreiche Architekturelemente umzusetzen.
  2. Wir unterstützen nachhaltiges Bauen: Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt unserer Vision. Durch recycelbare und umweltfreundliche Materialien wollen wir den ökologischen Fußabdruck des Bauens verringern. Durch unsere 3D-Drucktechnologie können wir diese nachhaltigen Baumaterialien zudem effizienter nutzen und Abfall minimieren.
  3. Wir eröffnen innovative Designmöglichkeiten: Der großformatige 3D-Druck eröffnet völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten im Architektur- und Designbereich. Wir planen, mittelfristig weitere Pilotprojekte durchzuführen, die das Potenzial unserer Technologie demonstrieren. Diese Projekte werden zeigen, wie traditionelle Baukunst und moderne Technik kombiniert werden können, um einzigartige und ästhetisch ansprechende Bauwerke zu schaffen. Der Bereich „Bauen im Bestand und Restaurierung“ ist für uns ein neues Marktsegment mit großem Potential.
  4. Wir sind offen für Partnerschaften und Marktexpansion: Um unsere Vision zu realisieren, werden wir strategische Partnerschaften mit Bauunternehmen, Architekturbüros und Designern eingehen. Mittelfristig möchten wir unsere Präsenz auf dem internationalen Markt ausweiten und unser Netzwerk von Partnern und Kunden kontinuierlich vergrößern.

Unsere Technologie wird nicht nur die Effizienz und Präzision im Bauwesen verbessern, sondern auch das Handwerk in den Mittelpunkt des Bauprozesses rücken. Wir sind überzeugt, dass unsere innovativen 3D-Drucklösungen die Zukunft des Bauens maßgeblich beeinflussen werden und freuen uns darauf, traditionelle Handwerkskunst in das digitale Zeitalter zu führen.

Leichtbauwelt: Für welche Branchen könnte ihre Idee über die bisherigen Anwendungen hinaus nützlich sein?

Jörg Petri: Überall dort wo individuelles Design und Komplexität kombiniert mit hoher Präzision gefragt sind. Wir sehen unsere Anwendungen und Produkte ebenso im Bereich Schiffsbau und Yacht Bau. Vor allem die metallisch veredelten Fliesen und Raumstrukturen. Auch im Bereich Automotive High End Interior Design haben wir schon erste gute Erfahrungen gemacht.

Leichtbau ist für mich persönlich …
~… ein sehr guter Ansatz aber nicht generell für alle Anwendungen oder Projekte zielführend.

Die größte Herausforderung im Leichtbau ist …
~… oftmals die Materialperformance und darüber hinaus, die Kunden für den Mehraufwand zu begeistern.

Der wichtigste Trend im Leichtbau ist aktuell …
~… die Nachhaltigkeit.

Leichtbauwelt: Für was oder für welche Anwendungen lässt sich Ihre Idee (noch) nicht einsetzen?

Jörg Petri: Das ist schwer zu sagen, da wir uns immer auf die Kundenanforderung einstellen und dann die entsprechende 3D-Druck Technologie für die Umsetzung auswählen. Wir haben ein gutes Netzwerk von Produktionspartnern, die einspringen können, wenn wir einmal eine spezifische Technologie nicht in-house anbieten können.

Leichtbauwelt: Gab es in der kurzen Zeit, die Sie mit Ihrem Unternehmen am Markt sind, schon außergewöhnlich spannende Projekte oder eine Lösung, auf die Sie besonders stolz sind?

Jörg Petri: Wie erwähnt, war gerade in dem Leichtbau-Projekt bis zum 2. Prototypen der Treppenschalung nicht klar, ob wir die Präzision und Stabilität der Schalung mit unserer 3D-Drucktechnologie erreichen werden. Am Ende stellte sich heraus, das wir genau die richtige Technologie für diese Anwendung gewählt hatten und keine andere Produktionsmöglichkeit die Anforderung besser hätte erfüllen können.

Leichtbauwelt: Welchen Herausforderungen begegnen Sie im Alltag?

Jörg Petri: Grundsätzlich sehen wir, dass die Kunden für das Thema Nachhaltigkeit in der Regel hohes Interesse zeigen. Wenn es jedoch unterm Strich darum geht, die Mehrkosten für eine nachhaltige Entscheidung zu schultern, wird doch oft der klassische Baustoff bevorzugt: beispielsweise Portland Zement statt des nachhaltigeren, zementfreien Beton, der jedoch leider noch teurer ist.

Leichtbauwelt: An welchen Hindernissen sind Sie in den letzten Jahren gewachsen?

Jörg Petri: Zuallererst an der Erkenntnis, dass gewisse Entwicklungen manchmal doch länger brauchen als geplant. Das ist vor allem dann schwierig, wenn nicht alle Faktoren im eigenen Unternehmen liegen und beeinflusst werden können. So mussten wir leider in einem wichtigen Pilotprojekt im Bereich Fassadenbau so lange auf eine große Förderung warten, dass unsere innovative, neuartige Fassade für das Bauprojekt mit realem Bauzeitenplan nicht mehr in geplanter Form umsetzbar war. Es ist schade, wenn aufgrund bürokratischer Hindernisse nachhaltige Projekte nicht umgesetzt werden können.

Leichtbauwelt: Welche drei wichtigsten Tipps würden Sie all denjenigen mitgeben, die gründen wollen?

Jörg Petri:

  1. Keep on pushing – never give up ! Es wird immer wieder Rückschläge geben, die Dich nicht davon abhalten sollten aufzugeben. Glaube an Deine Idee, oder besser gesagt. Setze nur das um, wovon Du auch selbst zu 120 Prozent überzeugt bist.
  2. Build your Team: ob intern oder extern. Hole Dir externen Rat, wenn das Know-how intern für einen spezifischen Problemfall nicht vorhanden ist.
  3. Finde immer wieder Wege mit frischem Auge auf die Dinge im Unternehmen zu schauen. Scheue Dich nicht Fehler einzugestehen und dann auch den Weg zu ändern. Es ist immer besser Fehler zu machen, als gar keinen Schritt zu gehen.

Leichtbau und Mobilität …
~… passen gut zusammen: vor allem in der Luft.

Leichtbau im Bauwesen …
~… ist leider nicht in allen Bauprojekten und im gesamten Gebäude umsetzbar, da es zu viele verschiedenen Anforderungen an ein Gebäude gibt. Brücken, Aussichtstürme, Fassaden oder Dachtragwerke sind prädestiniert für den Leichtbau: Treppen in der Zukunft hoffentlich auch. 😉

Leichtbau ist eine Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz, weil …
~… er dazu beiträgt, den CO2-Fußabdruck von Fahrzeugen, Gebäuden und Infrastrukturen signifikant zu reduzieren.

Leichtbauwelt: Welche Leichtbau-Innovation, welches Projekt oder Forschungsergebnis hat Sie in der letzten Zeit besonders fasziniert?

Jörg Petri: Das “Leap 71 Rocket Engine Projekt” hat mich wirklich beeindruckt. Denn es verwendet in optimaler Weise KI für die Modellierung komplexer Strukturen. Ebenso fasziniert mich das mobile Spritzgießen „ROBIN“ der Anybrid GmbH, da es die Möglichkeiten der FGF (Fused Granulate Fabrication) um hochaufgelöste Details am Bauteil unkompliziert und effizient erweitert.

Leichtbauwelt: Setzen in der Produktion Ihrer Produkte selbst auf Leichtbau-Lösungen? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Jörg Petri: Ja, das tun wir. Bisher vor allem im oben beschriebenen Treppenprojekt im Bereich der Geometrie und im Einsatz unserer Gewände für den Altbau und Neubau im Bereich der Geometrie in Kombination mit einem neuen, zementfreien Beton. Beim Treppenprojekt sparen wir zwar 50 Prozent des Gewichtes und Material im Vergleich zu einer konventionellen Treppe ein, jedoch müssen wir einen ultrahochfesten Beton verwenden, der den gewonnen CO2-Footprint der Treppe leider fast wieder komplett neutralisiert.
Als Erkenntnis aus dieser Erfahrung, arbeiten wir nun mit weniger komplexen Formen, die aber trotzdem intelligent und formaktiv sind, Material einsparen und mit einem zementfreien Beton auskommen.

Leichtbauwelt: Welcher Branche treibt derzeit die Leichtbau-Innovationen voran und wo entfaltet Leichtbau den größten Nutzen?

Jörg Petri: Treiber für den Leichtbau sind die Branchen Luft- und Raumfahrt sowie Automotive, aber auch das Bauwesen. Im Bereich Luft- und Raumfahrt, denn jedes Gramm weniger spart Energie und Kerosin. Im Betonbau, wenn wir es in Zukunft schaffen nachhaltigere, hochfeste Betone einzusetzen.

Leichtbauwelt: Hatte die turbulenten letzten Jahre Auswirkungen auf Ihren Start als Unternehmen? Wenn ja, welche?

Jörg Petri: Generell sehen wir in den letzten Jahren in Deutschland ganz klar weniger Investitionen in Bauprojekte auf dem Markt. Somit fällt es uns auch schwerer, unsere neuen und noch nicht etablierten Bauprodukte im Markt zu platzieren. Die Kooperation mit Partnern im Ausland hilft uns hier sehr.

Leichtbauwelt: Lassen Sie uns ein bisschen träumen: Wenn Sie einen Wunsch für den Leichtbau und Ihr Unternehmen frei hätten, was würden Sie sich wünschen?

Jörg Petri: Innovationsfreudigere Kunden, die unsere Produkte im Markt finden, und uns beauftragen, weil Sie unseren Mehrwert zu 100 Prozent schätzen.


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