Wie exakte Bohrungen in additiv gefertigten Bauteilen gelingen

Für den Druck der Probenkörper wurde ein RenAM500Q Multilaser-AM-System von Renishaw eingesetzt (Quelle: Rindle/Konradin Mediengruppe)

Mit der Laser-Powder-Bed-Fusion (LPBF)-Technologie lassen sich Metallbauteile in kleinen Stückzahlen mit hoher Produktivität und Materialeffizienz herstellen. Um die geforderte Oberflächenqualität und Funktion zu erreichen, ist eine Nachbearbeitung meist unumgänglich. Das Institut für Werkzeugmaschinen (IfW) der Universität Stuttgart hat in einem gemeinsamen Projekt mit Renishaw eine besondere Stützstruktur für die nachgelagerte Bohrbearbeitung entwickelt, wie das Fachmagazin KEM Konstruktion berichtet. Der Nachbearbeitungsauwand werde damit verringert.

Das Wichtigste aus dem Beitrag zusammengefasst: Stand heute können – mit Werkzeugstahl – horizontale Bohrungen bis zu einem Durchmesser von rund 7 mm noch stützenfrei gefertigt werden, ohne dass es zu einer zu starken Verformung kommt. Bohrungen, die größer sind, benötigen Stützstrukturen. Am häufigsten wurden hierfür bislang Standard-Liniensupports – vertikale Stäbe in den Bohrungen – verwendet oder die Bohrungen wurden nicht rund sondern als selbststützende Rauten konstruiert.

Die Liniensupports sind für den 3D-Druck auch sehr gut geeignet, allerdings verursachen die dünnwandigen Supports beim Bohren Schwierigkeiten. Brechen die Stützen ungünstig ab, können sie vom Werkzeug mitgeschleift werden und die Oberfläche beschädigen. Die Rautengeometrie hingegen verursacht aufgrund ihrer Form starke Schwingungen beim Bohren. Die so entstehenden Vibrationen führen zum einen zu schlechten Oberflächen und zum anderen wirken sich Vibrationen negativ auf die Standzeiten der Werkzeuge aus.

Die von IfW und Renishaw entwickelten Stützstrukturen Helix V1 und Helix V2 wurden speziell an die Bedingungen während des Bohrprozesses angepasst, um möglichst gleichmäßige Schnittbedingungen zu erreichen.

Die Struktur Helix V1 hat eine zentrische Bohrung mit dem minimal empfohlenen Radius. Die gedruckten Wände der Stützstruktur folgen einer Helix und sind zusätzlich in Bohrrichtung geneigt, um somit den Anteil der überhängenden Flächen zu minimieren und um einen selbsttragenden Effekt zu erzielen. Die Helix ist so ausgelegt, dass die beiden Schneiden des Bohrers angenähert entlang der Vorschubrichtung der dünnen Wand folgen.

Die Helixstruktur Helix V2 wurde weiter verbessert, indem die stützenden Wände kleiner gestaltet, abgerundet und näher zusammengerückt wurden, um eine Geometrie zu erreichen, die den überhängenden Bereich weiter minimiert und die trotzdem gedruckt werden kann. Hierfür wurde die ungefähre Schmelzbadbreite genommen und daraus eine doppelte Helixstruktur konstruiert. Das Ergebnis sieht in etwa aus wie ein Gewinde. Ziel dieser Konstruktion ist es, einen möglichst gleichmäßigen Schnitt und damit einen stabilen Schneidprozess zu gewährleisten, der dennoch seine stützende Funktion während des LPBF-Prozesses erfüllen kann.

„Unsere neue Helix-Struktur kann die auftretenden Bearbeitungskräfte beim Bohren reduzieren und zudem hat sich mit der neuen Struktur auch die Spanbildung deutlich verbessert. Die Ergebnisse sprechen für sich und ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, die additive Fertigung auch für industrielle Serienanwendungen interessant zu machen.“
Felix Oelhafen, Technical Project Manager Additive Manufacturing bei Renishaw

Als nächstes wollen die Entwicklungspartner die Erkenntnisse auf weitere Bearbeitungsprozesse wie das Fräsen übertragen, um die Potenziale der additiven Fertigung auch bei der Nachbearbeitung voll auszuschöpfen.


Quelle und weitere Informationen: KEM Konstruktion

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