Haben faserverstärkte Kunststoffe überhaut eine Zukunft in der Großserie für den Massenmarkt Automobil – oder ist das Potenzial der Composites in dieser Branche ausgeschöpft und das Material einfach zu teuer? Dieser Frage geht Dale Brosius, Institute for Advanced Composites Manufacturing Innovation (IACMI), als mitwirkender Autor auf der Webseite des Instituts und im Fachmagazin Composites World nach.
Zunächst verweist er darauf, dass es dem Werkstoff CFK bis heute nicht gelungen ist, sich in der Automobilindustrie für die Großserie durchzusetzen. Und das seit 1984 – eine offensichtlich lange Zeit. Hoffnungsträger waren die verschiedenen Initivativen bei BMW, sei es für i3, i8 oder 2015 die Carbon Core -Multimaterial-Philosophie für die 7er Reihe. Doch mittlerweile hat sich auch BMW wieder von einigen dieser Plattformen und Ansätzen verabschiedet. Stehen damit die Faserverbundwerkstoffe vor dem Aus in der Automobilindustrie?
„Auf der JEC World 2017 in Paris habe ich mindestens ein Dutzend B-Säulen-Prototypen gesehen, die alle aus Kohlefaser oder Kohlefaser-Stahl-Hybriden bestehen, der „Killer-App“ für Kohlefaser in Automobilen. Mehrere Hersteller haben diese Technologie bereits eingesetzt, aber sie muss sich erst noch weltweit durchsetzen. Letztendlich sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Kosten zu senken, damit sich diese Anwendung gegenüber einer Ganzstahllösung durchsetzen kann.“
Dale Brosius, Institute for Advanced Composites Manufacturing Innovation (IACMI)
Abwarten, rät der Autor. Und begründet das mit der Verkehrswende und der Umstellung auf die Elektromobilität. Angesichts des zusätzlichen Gewichts der Batterien wird Leichtbau hier wichtiger. Deshalb bleibt CFK im Rennen um die Werkstoffe für den Massenmarkt Automobil. Aber nur, wenn das Material mit den kosteneffizienten Alternativen wie zum Beispiel Aluminium mithalten kann, meint der Autor.
Composites seien vor allem für leichte Batteriegehäuse in batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEVs) von großem Interesse. Diese Gehäuse sind leichter als Metall und können die erforderlichen Funktionen der Wärme-, Entflammbarkeits- und EMI-Abschirmung zu wettbewerbsfähigen Kosten bieten. Carbonfaserverstärkte Kunststoffe sind jedoch nicht die einzigen Composites. Alternativen zu Kohlefaserstrukturen mit hohem Volumenanteil sind wirtschaftlich sinnvoll. Immer mehr Lkw-Plattformen enthielten beispielsweise Flächen aus UV-beständigem Glasfaser-Sheet Molding Compound (SMC), so der Autor.
Und es schlummert wohl noch weiteres Potenzial in faserverstärkten Kunststoffen – aber anders gelagert, als bisher gedacht: Ein Projekt des IACMI (Knoxville, Tenn., USA) mit Volkswagen of American (Herndon, Va., USA) hat eine Heckklappe für SUVs aus Glasfaser-SMC gezeigt, die 36 Prozent leichter als Stahl ist – und die laufenden Kosten um 9 Prozent senkt. Ein weiteres IACMI-Projekt zeigte, dass die Zugabe von 10 Prozent recycelter Kohlenstofffasern zu PP das Gewicht von Spritzgussteilen um 40 Prozent und die Kosten der Teilen um 30 Prozent im Vergleich zu einem technischen PA/PPE-Thermoplast reduzieren kann. Dies deutet darauf hin, dass nicht nur recycelte Kohlenstofffasern, sondern auch Fasern aus kostengünstigeren Ausgangsstoffen wie Textil-PAN und Steinkohleteerpech eingesetzt werden können.
„CFK-intensive Fahrzeuge wie der i3 werden nicht in die Großserie zurückkehren. Aber es gibt durchaus Potenzial für Composites – beispielsweise Kohlefaserstrukturen mit 50 Prozent Faservolumen zu 22 US Dollar pro kg. Der hohe Kostendruck allerdings erfordert weitere Verbesserungen entlang der gesamten Fertigungskette.“
Dale Brosius, Institute for Advanced Composites Manufacturing Innovation (IACMI)
In naher Zukunft könne man erwarten, dass CFk, vielleicht pultrudiert, als Versteifungselemente in hybriden, umspritzten Strukturen verwendet werden – beispielsweise auch als strukturelle Batteriegehäuse. Allgemein werden Verbundwerkstoffe durchaus eine Zukunft auf dem Automobilmarkt haben: angeführt von GFK, ergänzt durch Nischenanwendungen CFK. Für Anbieter recycelter Kohlenstofffasern und Fasern, die aus alternativen Ausgangsstoffen hergestellt werden, seien die Chancen jedoch noch wesentlich größer, zieht der Autor ein durchwachsenes Fazit für Composites.
Bild oben: Warum die Elektromobilität der Zukunft der Composites in der Automobilbranche nochmals einen Schub verleihen könnte… (Quelle: pixabay | GoranH)
Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung
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