Pionier der Leichtbauwelt – Markus Dittrich: „Leichtbau-Vebundstrukturen lassen sich wunderbar mit Wasserstrahl schneiden.“

Das Verfahren der Gründer von Novajet erinnert an eine neue Generation des Wasserstrahlschneidens: Es schneidet präzise, kalt und nahezu trocken – und das, ohne das Material mechanisch zu belasten oder zu durchfeuchten. Warum das so ist, wie Wasserstrahlschneiden außerdem zum Klimaschutz beitragen kann und wie das junge Unternehmen so manche Krise gemeistert hat, erzählen Markus Dittrich und Stefan Seidel im Interview als Pioniere der Leichtbauwelt. 

Bild oben: v. l. Markus Dittrich Gesellschafter-Geschäftsführer und Stefan Seidel, Gesellschafter und Technischer Leiter (Quelle: Novajet)

Im Leichtbau sind branchen- und werkstoffübergreifende Impulse und neue Inspirationen für kreative, technologische Lösungen äußerst wertvoll. In der Serie „Pioniere der Leichtbauwelt“ kommen deshalb Gründer und Start-ups zu Wort. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre Technologie, ihre Ideen und Visionen vorzustellen. Wenn sich so neue Partnerschaften über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg ergeben, dann haben wir bei Leichtbau(welt) unser Ziel erreicht: Inspiration für ihren Fortschritt.

Mikrowasserstrahlschneiden ist die Kernkompetenz von Novajet, einem jungen Unternehmen, ausgegründet nach langer Forschungszeit an der TU Chemnitz. Das Unternehmen hat für das Mikrowasserstrahlschneiden ein Maschinenkonzept entwickelt, das es ermöglicht, filigranste Bauteile aus Hochleistungswerkstoffen zu bearbeiten. Damit erschließt dieser Pionier der Leichtbauwelt neue Anwendungen in der Feinbearbeitung unterschiedlicher (Leichtbau-)Werkstoffe.

Leichtbauwelt: Was macht Novajet zu einem Pionier der Leichtbauwelt?

Markus Dittrich: Wir können Leichtbau-Verbund-Strukturen präzise schneiden, ohne dass Feuchtigkeit in den Verbund eindringt oder die Materialeigenschaften verändert werden.

Leichtbauwelt: Das ist mal ein Sekunden-Pitch: Kurz und knackig. Trotzdem muss ich nachfragen: Warum und wie funktioniert das?

Stefan Seidel: Das Mikrowasserstrahlverfahren ist im Grunde eine hochpräzise Weiterentwicklung des klassischen Wasserstrahlschneidens. Der entscheidende Unterschied liegt in der Miniaturisierung: Wir arbeiten hier mit Strahldurchmessern bis 20 Mikrometer. Dadurch können selbst feinste Konturen, Mikrostrukturen oder sehr kleine Geometrien mit hoher Maßhaltigkeit und Oberflächengüte hergestellt werden.
Ein großer Vorteil ist außerdem, dass das Verfahren vollkommen kalt und kontaktlos arbeitet. Das bedeutet, es entstehen keine thermischen Schädigungen, keine Gefügeveränderungen und auch keine mechanischen Belastungen des Werkstoffs. Gerade im Leichtbau ist das entscheidend, weil viele moderne Werkstoffe etwa kohlenstoff- oder glasfaserverstärkte Kunststoffe – sehr empfindlich auf Hitze oder hohe Schnittkräfte reagieren.
Beim konventionellen Trennen von Faserverbundwerkstoffen kommt es häufig zu Delaminationen, Ausfaserungen oder Aufrauhungen an der Schnittkante. Das Mikrowasserstrahlverfahren vermeidet diese Probleme vollständig, da der feine Strahl nur sehr lokal wirkt und praktisch keine Kräfte auf das Bauteil einleitet.
Ein weiterer Punkt ist der geringe Wassereintrag. Beim klassischen Wasserstrahlschneiden kann das Wasser in die Matrix des Verbundwerkstoffs eindringen und dort langfristig zu Beeinträchtigungen führen. Beim Mikrowasserstrahl ist dieser Effekt vernachlässigbar, weil der Strahl extrem klein und der Wasserauftrag minimal ist.

„Wir können Leichtbau-Verbund-Strukturen präzise, schnell und besonders schonend schneiden“
Markus Dittrich, Novajet

Leichtbauwelt: Was ist das Besondere an ihrer Technologie? Können Sie für uns das in wenigen Sätzen erklären?

Stefan Seidel: Unsere Innovation liegt im Zusammenspiel aus Miniaturisierung, Effizienz und digitaler Intelligenz. Wir arbeiten mit extrem feinen, leistungsstarken Strahldurchmessern, einem deutlich reduzierten Wasser- und Energieeinsatz und einer vollständig gekapselten, kompakten Anlagentechnik. Ergänzt wird das durch smarte Sensorik und KI-gestützte Auswertung, die Prozessstabilität und Qualität in Echtzeit sicherstellen. Das eröffnet ganz neue Fertigungsmöglichkeiten, gerade in Zukunftsbranchen wie Brennstoffzellen, Luftfahrt oder Medizintechnik.

Leichtbauwelt: Schauen wir genauer hin: welches Detail an Ihrer Innovation ist technologisch besonders interessant?

Stefan Seidel: Wir haben ein Verfahren aus der Schwerindustrie, den Suspensionsstrahl, 2019 erstmals für hochpräzise Bearbeitungsprozesse in der industriellen Anwendung in Werkzeugmaschinen nutzbar gemacht. Der Suspensionsstrahl wird normalerweise unter Extrembedingungen eingesetzt: beim Rückbau von Ölraffinerien, der kontrollierten Bombenentschärfung oder im kerntechnischen Rückbau. In diesen Einsatzfeldern geht es um robuste, zerstörungsarme Materialtrennung unter sehr hoher Prozesssicherheit.

Novajet hat für dieses Verfahren erstmals ein Maschinenkonzept entwickelt, das es ermöglicht, die miniaturisierte Variante dieses Heavy-Duty-Prinzips zur Herstellung filigranster Bauteile aus High-Performance-Materials nutzbar zu machen. Damit erschließen wir völlig neue Anwendungen in der Feinbearbeitung, beispielsweise bei technischen Keramiken, Hartmetallen oder komplexen Verbundwerkstoffen. Gleichzeitig erhöht die luftfreie, homogene Suspension die Prozessstabilität und ermöglicht einen außergewöhnlich hohen Wirkungsgrad. Inzwischen ergänzen weitere technologische Varianten des Wasserstrahlverfahrens mit Strahldurchmessern bis 20 Mikrometern unser Leistungsportfolio.

Leichtbauwelt: Worin sehen Sie den größten Nutzen für Ihre potenziellen Kunden?

Markus Dittrich: Wir sehen den größten Nutzen in drei greifbaren Dimensionen: Ressourceneffizienz, Kosteneinsparung und deutlicher Produktivitätsgewinn.
Durch den Einsatz der Präzisions‑Wasserstrahltechnik gelingt es uns, den Energieverbrauch zu senken. Das bedeutet: deutlich geringere Betriebskosten, weniger CO-Emissionen und eine insgesamt nachhaltigere Produktion.
In konkreten Kundenprojekten konnten wir zudem nachweislich die Produktivität steigern. Das heißt: Die Bauteile sind schneller gefertigt – bei gleicher oder sogar besserer Qualität.
Schnellere Fertigungsprozesse bedeuten aber nicht nur kürzere Produktionszeiten, sondern auch einen effizienteren Ressourceneinsatz insgesamt.

Leichtbauwelt: Das bedeutet, höhere Ausbringung bei nachhaltigerem, energieeffizientem Prozess. Können Sie diesen Beitrag zum Klimaschutz noch präzisieren?

Stefan Seidel: Genau das ist es und die Auswirkungen lassen sich auch quantifizieren: Im Vergleich zu klassischen Methoden können wir den Energieverbrauch auf etwa ein Drittel reduzieren. Das bedeutet, dass bei gleicher Produktionsmenge rund zwei Drittel weniger Energie benötigt wird und damit entsprechend weniger CO-Emissionen entstehen.
Und auch zur Produktivität können wir Zahlen nennen: Bei einigen Projekten wie der Herstellung von Komponenten aus Faserverbundmaterialien konnten wir die Produktivität um das Zehnfache steigern.
Durch diese Kombination aus niedrigerem Energieverbrauch und höherer Produktivität  reudzieren unsere Technologien den ökologischen Fußabdruck der Fertigung und leisten so einen messbaren Beitrag zum Klimaschutz.

Leichtbauwelt: Lassen Sie uns an den Anfang zurückgehen: Wie ist die Idee zu diesem Verfahren entstanden?

Stefan Seidel: Die Geschichte von Novajet beginnt an der TU Chemnitz. An der Professur „Produktionsprozesse und -systeme“ wird seit den 1980er Jahren im Bereich der Wasserstrahltechnik geforscht, darunter acht Jahre bis Ende 2019 unter Leitung von Markus Dittrich. In diesem Zeitraum wurde auch der Einsatz der Suspensionstechnik für die industrielle Fertigung gemeinsam mit Projektpartnern wie der ANT AG, die ihre Expertise in dieser speziellen Technologie eingebracht haben, beforscht. Im Rahmen des Förderprogramms EXIST‑Forschungstransfer wurde dann die Entwicklung einer neuen Generation von Wasserstrahlanlagen auf Basis des Präzisions-Suspensionsstrahles vorangetrieben, mit dem Ziel, die Technologie im Rahmen einer Ausgründung in die industrielle Anwendung zu übertragen. Ziel war es, im Vergleich zu herkömmlichen Wasserstrahlanlagen deutlich feinere Strahlen, höhere Präzision und bessere Effizienz zu realisieren. Gegründet wurde Novajet von uns beiden letzlich als Spin-off der TU Chemnitz. Die Gründung basierte also auf einer langjährigen Forschungsarbeit, mit klarer Ausrichtung auf die industrielle Anwendung einer neuen Wasserstrahltechnologie – und mit dem Anspruch, diese als maschinenbauliche Lösung zu vermarkten. Ein wichtiger Meilenstein war dabei der Gewinn des Start-up Wettbewerbs TUClab im Jahr 2019, der das Konzept weiter gestärkt hat.

Leichtbauwelt: Wer hat Sie bei der Firmengründung wie unterstützt? 

Markus Dittrich: Bei der Gründung der Novajet GmbH hat uns das Gründernetzwerk „Saxeed“ maßgeblich unterstützt. Besonders wertvoll waren für uns die individuelle Beratung beim Aufbau unseres Geschäftsmodells, die Hilfe bei der Businessplanung sowie die Unterstützung bei Fördermittelrecherchen und Antragsstellungen.

Leichtbauwelt: Woher kommt der Name für das Unternehmen?

Markus Dittrich: Das Wort „Novajet“ setzt sich aus zwei Teilen zusammen: „Nova“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „neu“ oder „neuartig“. Es wird häufig verwendet, um Innovation, Fortschritt oder etwas Modernes zu symbolisieren. „Jet“ aus dem Englischen, oft im Sinne von „Strahl“, „Schub“ oder „schnell bewegender Flüssigkeits-/Gasstrom“. In technischen Kontexten wird „Jet“ häufig für Hochgeschwindigkeitsstrahlen in Fertigungs- oder Antriebstechnologien verwendet. Kombiniert signalisiert „Novajet“ also so etwas wie „neuartiger, innovativer Strahl“ oder allgemein „innovative, effiziente Hochgeschwindigkeitstechnologie“, was sehr gut zur Ausrichtung des Unternehmens auf präzise, effiziente Fertigungstechnologien passt.

Leichtbauwelt: Wie groß ist Ihr Team heute und wie organisieren Sie sich intern?

Markus Dittrich: Als junges, innovatives Unternehmen setzen wir auf eine flache, agile Organisationsstruktur, die schnelle Entscheidungswege und flexible Projektarbeit ermöglicht. Unser elfköpfiges Team vereint Maschinenbau, Engineering und Auftragsfertigung, sodass wir kundenspezifische Lösungen von der Entwicklung bis zur Serienproduktion aus einer Hand anbieten können.

Leichtbauwelt: Gab es einen Moment, einen Zeitpunkt, zu dem Sie wussten: Jetzt wird aus einer Idee ein Unternehmen?

Stefan Seidel: Für uns war dieser Moment wie ein Wendepunkt, als wir die den Mikrowasserstrahl erfolgreich in der Bauteilfertigung eingesetzt haben. Das war kein reines Labor‑Experiment mehr, sondern bewies, dass unsere Entwicklung praktisch funktioniert. Aber der eigentliche Impuls, den wir brauchten, kam, als wir den TUClab‑Wettbewerb der TU Chemnitz gewonnen haben: Die Anerkennung durch die Jury, die Möglichkeit der Anschubfinanzierung und die Vernetzung mit dem Gründernetzwerk der Universität haben uns gezeigt, dass dieser Weg tragfähig ist.

„Durch diese Kombination aus niedrigerem Energieverbrauch und höherer Produktivität tragen unsere Technologien direkt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck der Fertigung zu reduzieren.“
Stefan Seidel, Novajet

Leichtbauwelt: Wie ergänzen Sie sich als Gründerteam in Ihren Kompetenzen? 

Markus Dittrich: Unser Gründer- und Führungsteam ergänzt sich durch klar definierte Rollen und komplementäre Stärken. Mein Co-Gründer Stefan verantwortet die technische Leitung und sorgt dafür, dass unsere innovativen Fertigungstechnologien zuverlässig umgesetzt werden. Meine Rolle ist die eines Ideengebers und als Geschäftsführer bringe ich die unternehmerische Vision, strategische Planung und Key-Account-Management ein.
Darüber hinaus haben wir inzwischen ein verlässliches Team aufgebaut, das im Engineering, der Auftragsfertigung und in der Qualitätssicherung stark aufgestellt ist. Diese Kombination aus strategischem Denken, technischer Expertise und operativer Stärke ermöglicht es uns, Projekte effizient zu realisieren, Kundenlösungen individuell anzupassen und gleichzeitig unsere hohen Qualitätsstandards sicherzustellen.

Leichtbauwelt: Wo wird die Reise Ihrer Technologie hinführen? 

Stefan Seidel: Unser Ziel ist, die Fertigungsprozesse unserer Kunden effizienter, flexibler und nachhaltiger zu gestalten. Deshalb orientieren sich unsere Weiterentwicklungen gezielt an deren Bedürfnissen. Weitere Entwicklungen umfassen deshalb zum Beispiel das Optimieren unserer Maschinen und Dienstleistungen, um noch schneller auf unterschiedliche Bauteilanforderungen reagieren zu können, sowie die Erweiterung unseres Produktportfolios für verschiedene Branchen und Materialarten.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf kundenspezifischen Lösungen und Engineering‑Dienstleistungen, sodass wir unsere Kunden von der Idee über die Entwicklung bis hin zur Serienfertigung begleiten können. Ziel ist, Prozesse nicht nur zu verbessern, sondern unseren Kunden messbare Vorteile zu verschaffen.

Leichtbau ist für mich persönlich …
~… eine spannende Verbindung von Kreativität, Technik und Nachhaltigkeit, bei der man mit jedem Gramm Gewichtsreduktion einen Mehrwert schaffen kann.

Die größte Herausforderung im Leichtbau ist …
~… die effiziente Umsetzung komplexer Materialien und Strukturen in wirtschaftliche, serientaugliche Fertigungsprozesse.

Der wichtigste Trend im Leichtbau ist aktuell …
~… die Herstellung von Hybridstrukturen in Serie.

Leichtbau und Mobilität …
~... gehören untrennbar zusammen, weil jedes eingesparte Kilogramm direkt Energieverbrauch, Reichweite und Performance beeinflusst.

Leichtbau im Bauwesen …
~… eröffnet neue Möglichkeiten für ästhetische Bauwerke.

Leichtbauwelt: Wo sehen Sie Ihre Technologie oder Ihr Unternehmen mittelfristig?

Markus Dittrich: Mittelfristig sehen wir Novajet im Markt als einen etablierten Partner für maßgeschneiderte Fertigungslösungen, der seine Technologien in vielseitigen Branchen erfolgreich einsetzt. Unser Ziel ist es, unsere Prozesse und Angebote weiter zu skalieren, neue Märkte zu erschließen und dabei noch flexibler auf die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden reagieren zu können. So möchten wir Innovationen nicht nur entwickeln, sondern breit nutzbar machen und unseren Kunden messbare Vorteile in Produktivität und Qualität bieten.

Novajet baut Anlagen zum Wasserstrahlschneiden für unterschiedliche Branchen und abgestimmt auf die Kundenbedürfnisse. (Quelle: Novajet)

Leichtbauwelt: Für welche Branchen ist ihre Technologie besonders interessant – und warum?

Stefan Seidel: Besonders die Luft- und Raumfahrt, Automotive, Maschinenbau, Medizintechnik und Leichtbauindustrie können vom Mikrowasserstrahlschneiden profitieren. Allgemein sind unsere Technologien aber für alle Branchen interessant, in denen präzise und kundenindividuelle Fertigungslösungen gefragt sind.
Die sogenannten „Problemlöser-Fähigkeiten“ unserer Technologie liegen darin, dass wir Bauteile fertigen können, die mit klassischen Verfahren schwer oder gar nicht realisierbar sind. Und genau das ist die Grundlage für das Herstellen neuer, innovativer Produkte.

Leichtbauwelt: Aber das Mikrowasserstrahlschneiden hat doch sicher auch Grenzen? 

Stefan Seidel: Es geht alles, außer Diamant, daran arbeiten wir noch 😉.

Leichtbauwelt: Können Sie ein besonders herausforderndes Projekt schildern, das Ihnen in Erinnerung geblieben ist?

Markus Dittrich: Eine besonders spannende Herausforderung war die Serienproduktion von Composite-Bauteilen. Die Losgröße war für Wasserstrahltechnologie ungewöhnlich groß, dennoch war sofort erkennbar, dass unsere Technologie einen klaren Vorteil für den Kunden bieten konnte.
Wir haben die Prozesse gezielt an die kundenindividuellen Anforderungen angepasst und die Fertigung so optimiert, dass die Produktausbringung deutlich gesteigert werden konnte. Dadurch konnte der Kunde seine Produktionskapazität effektiv erhöhen und den Output seiner Bauteile deutlich steigern – bei gleichbleibend hoher Qualität.

Leichtbauwelt: Was sind Ihre größten Hürden im Alltag eines Leichtbau-Start-ups – von der Akquise bis zur Projektabwicklung? 

Stefan Seidel: Wir stehen täglich vor einer ganzen Reihe spannender Herausforderungen, die sowohl technische als auch organisatorische Aspekte betreffen. Ein wichtiger Punkt ist die erforderliche Fachkenntnis, die für den Umgang mit modernen Werkstoffen wie Faserverbundmaterialien notwendig ist.
Eine der größten Herausforderungen für unser Unternehmen ist außerdem die anfängliche Sorge unserer Kunden, dass Composite-Bauteile durch Wasserstrahlbearbeitung Schaden nehmen könnten. Wir begegnen dem mit Pilotprojekten, Musterteilen und transparenten Prozessen, um die Sicherheit und Präzision unserer Technologie zu demonstrieren. So können wir Vertrauen aufbauen und gleichzeitig die wirtschaftlichen und qualitativen Vorteile unseres Verfahrens klar aufzeigen.

Leichtbauwelt: Welche einschneidenden Phasen haben Sie in den letzten Jahren geprägt oder sogar gestärkt?

Markus Dittrich: Ein prägendes Ereignis war der Start unserer unternehmerischen Tätigkeit fast zeitgleich mit dem Beginn der Corona-Pandemie. In dieser Phase war es besonders schwierig, Maschinen zu verkaufen, da Investitionen zurückgehalten wurden und viele unserer potenziellen Kunden sehr vorsichtig agierten.
Diese Situation hat uns gezwungen, flexibler zu denken und unser Geschäftsmodell anzupassen. Wir haben den Fokus auf Auftragsfertigung und Engineering-Dienstleistungen gelegt und konnten so trotz der Unsicherheit weiter wachsen. Rückblickend war diese Phase extrem lehrreich: Sie hat uns gezeigt, wie wichtig Anpassungsfähigkeit, Kundennähe und Kreativität sind, um auch in schwierigen Zeiten erfolgreich zu sein. Heute sehen wir diesen Schritt als entscheidend dafür, dass wir unser Unternehmen stabil aufgestellt haben und schneller auf die Bedürfnisse unserer Kunden reagieren können.

Leichtbauwelt: Welche drei Tipps geben Sie Gründerinnen und Gründern, die im technischen Umfeld starten wollen?

Markus Dittrich: Wenn ich Gründerinnen und Gründern drei Ratschläge mitgeben sollte, wären es diese:

  1. Kundenorientierung:  Hört genau zu, versteht die Bedürfnisse eurer Kunden und entwickelt Lösungen, die echten Mehrwert bieten.
  2. Anpassungsfähigkeit: Bleibt flexibel, passt euer Geschäftsmodell und eure Prozesse an, wenn sich Marktbedingungen oder Herausforderungen ändern.
  3. Innovationsgeist beibehalten: Verliert nie die Neugier und den Drang, neue Wege zu gehen. Innovationen sind oft der Schlüssel, um sich von der Konkurrenz abzuheben und langfristig erfolgreich zu sein.

Leichtbauwelt: Gibt es eine aktuelle Leichtbau-Innovation, die Sie besonders begeistert? 

Stefan Seidel: Besonders beeindruckt hat mich die Entwicklung von faserverstärkten Thermoplasten, weil sie gleich mehrere Vorteile vereinen: Sie ermöglichen eine schnelle, wirtschaftliche Fertigung, und bieten gleichzeitig hohe Stabilität und Festigkeit, die sonst nur mit aufwendigen Verbundwerkstoffen erreicht wird. Diese Materialien eröffnen völlig neue Möglichkeiten für den Leichtbau, etwa bei komplexen Geometrien oder größeren Serien.

Leichtbau ist eine Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz, weil …
~ … er Material- und Energieeinsatz minimiert und damit CO₂-Emissionen reduziert.

Das Interview für Leichtbauwelt ist mir wichtig, weil …
~ … wir damit den Mehrwert unserer Technologie für die Herstellung von Leichtbauteilen sichtbar machen und andere Unternehmen dazu inspirieren können, neue, ressourcenschonende Lösungen auszuprobieren.

Die Informationsplattform Leichtbauwelt bietet Inspiration, weil …
~… sie Einblicke in neue Technologien, Projekte und Trends vermittelt und so den Austausch innerhalb der Branche fördert.

Leichtbauwelt: In welchen Branchen und Anwendungen sehen Sie aktuell das größte Potenzial für Leichtbau?

Markus Dittrich: Leichtbau entfaltet meiner Ansicht nach den größten Nutzen in Branchen und Produkten, in denen Gewicht und Energieeffizienz entscheidend sind, um beispielsweise Reichweiten zu erhöhen. Dazu zählen vor allem die Luft- und Raumfahrt, Automotive und Mobilitätstechnologien.

Leichtbauwelt: Gibt es aus Ihrer Sicht ein „bestes“ Leichtbaumaterial – oder setzt sich der Materialmix durch?

Stefan Seidel: Ich sehe keinen direkten Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Werkstoffklassen. Vielmehr spielt die Anforderung an das Bauteil hinsichtlich Gewichtsreduzierung, sicherheitsrelevanter Aspekte wie Crashverhalten oder Recyclingfähigkeit eine entscheidende Rolle zur Auswahl des „richtigen“ Leichtbauwerkstoffes.

Leichtbauwelt: Lassen Sie uns ein bisschen träumen: Wenn Sie einen Wunsch für die Zukunft des Leichtbaus oder Ihres Unternehmens frei hätten – welcher wäre das?

Markus Dittrich: Wenn ich mir etwas für den Leichtbau und unser Unternehmen wünschen dürfte, dann wäre es, die komplette Wertschöpfungskette möglichst ressourceneffizient zu gestalten – von der Fertigung über die Nutzung bis hin zu Recyclinglösungen, die eine echte Kreislaufwirtschaft für nahezu alle Leichtbaubestandteile sicherstellen.

Unser Wunsch ist es, dass Novajet ein aktiver Teil dieser Wertschöpfungskette wird, um mit nachgewiesener Energie- und Ressourceneffizienz sowie mit Serientauglichkeit und hoher Qualität klare Wettbewerbsvorteile für unsere Kunden zu schaffen. Auf diese Weise können wir Innovation direkt mit Nachhaltigkeit verbinden und dazu beitragen, den Leichtbau verantwortungsvoll in neue Produktsparten zu transferieren.


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