Was wissen wir über biogene Composites als Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität?

Im Projekt Emprobio arbeiten die Partner an energie- und materialeffizienten Produktionsprozessen für biogene Kunststoffe (EMProBio) – ein zentraler Ansatz, um das Ziel der EU-Klimaneutralität bis 2050 erreichen zu können. Das betrifft auch die Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren – und für den Leichtbau insbesondere den Bereich der faserverstärkten Kunststoffe.

Am 1. Januar startete das Vorhaben, das Herstellungsprozesse von Kunststoffbauteilen umweltfreundlicher machen soll. Das gemeinsame Ziel der EMProBio-Forschungsgruppe: Über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg sollen Kunststoffprodukte weniger Energie und natürliche Ressourcen verbrauchen. Das auf zwei Jahre angelegte Projekt wird vom Freistaat Thüringen mit rund 982.000 Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus gefördert.
Die Forschungsgruppe setzt sich aus Wissenschaftlern der 5 Forschungseinrichtungen des ThZM, aus wissenschaftlichem Nachwuchs und einem Industriebeirat (Thüringer Unternehmen der Kunststoffbranche bzw. Experten zum Thema CO₂-Neutralität/Nachhaltigkeit) zusammen. Das Thüringer Zentrum für Maschinenbau (ThZM) ist ein im Jahr 2013 ins Leben gerufenes Projekt von fünf Forschungseinrichtungen in Thüringen: TU Ilmenau, Hochschule Schmalkalden, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung e. V. (GFE) und Günter-Köhler-Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung GmbH (ifw).

Nachhaltige Produktionsstrategien, um Ressourcen (Energie und Rohstoffe) zu schonen sowie die Emissionen zu reduzieren sind vielfach Gegenstand der Forschung. Ebenso werden Materialsubstitutionen betrachtet, um durch Verbundwerkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen weniger Energie und Ressourcen zu verbrauchen und gleichzeitig CO zu binden. Dazu gewinnen gerade in Composites derzeit neben technischen Fasern (Glas, Carbon, Aramid) auch Naturfasern aus nachwachsenden Rohstoffen wie Flachs, Hanf, Jute oder Holz an Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund liegt der Schwerpunkt des Projektes deshalb auf hochgefüllten Verbundwerkstoffen mit Naturfasern und polymerer Matrix (biogene Kunststoffe).

Rezyklierbarkeit, Formbarkeit und kohlenstoffbindende Naturfasern als Eigenschaftskombination dieser Werkstoffe entlasten die Umwelt erheblich. Naturfasern und die nötigen Additive beeinflussen jedoch die Werkstoffeigenschaften sowie das Werkstoffverhalten beim Verarbeiten und die Eigenschaften in späteren Lebensphasen der Produkte. Um diese Auswirkungen beurteilen zu können, fehlen noch ausreichende wissenschaftliche Grundlagen. Will man die Besonderheiten der biogenen Kunststoffe zu berücksichtigen, müssen angepasste Techniken für Urformen, Trennen und Fügen entwickelt werden – beispielsweise angepasste Spritzgießverfahren oder additive Fertigungsmethoden.

Darüberhinaus erfordert das Herstellen und das Verarbeiten biogener Kunststoffe Transparenz zu Energie- und Ressourceneinsatz. Denn für eine wirklich nachhaltige Produktgestaltung sind die Besonderheiten dieser Materialien bestenfalls bereits in der Entwicklung zu berücksichtigen. Zudem müssen nach geltenden Regeln und Gesetzen – digitale Produktpässe oder Lieferkettengesetz – entsprechende Nachweise zu den Umweltauswirkungen erbracht werden.

Ziele des Projekts sind deshalb:

  • Entwicklung energie- und materialeffizienter Urformprozesse für biogene Kunststoffe (Spritzgießen, additive Fertigung)
  • Entwicklung recyclingfähiger, energie- und materialeffizienter Fügeverfahren für biogene Kunststoffe (Kleben, Schraubverbindungen)
  • Entwicklung effizienter, bildbasierter Prüfverfahren zur Qualitätskontrolle biogener Kunststoffbauteile
  • Entwicklung einer Systematik zur transparenten Bewertung und Optimierung der Material- und Energieeffizienz von biogenen Kunststoffen in Produktionsprozessen

Der Lösungsweg der Forschenden orientiert sich an der Produktionskette. Als Beispiel für die Untersuchungen werden Bauteile aus dem Fahrzeuginnenraum herangezogen und biogene Compounds aus Naturfaser und PP/PE-Matrix untersucht. Als Alternative dient ein auf Cellulose basierender Werkstoff.

Die Kunststoffteile werden spritzgegossen oder durch granulatbasierter Extrusion additiv hergestellt. Die Baugruppe aus dem Kunststoff-Teil und einem dünnwandigen, metallischen Blech wird durch Kleben oder Schraubverbindungen gefügt. Bildbasierte Messverfahren optimieren dabei den Fertigungsprozess. Der Ressourcenverbrauch wird analysiert und auf Energie- und Materialeffizienz hin angepasst.

Das Vorhaben soll den Weg für die Thüringer Kunststoffverarbeiter zur Transformation vom klassischen Zulieferbetrieb im Sinne der „verlängerten Werkbank“ zu einem Qualitätslieferanten von Bauteilen aus biogenem Kunststoff mit einem erweiterten Serviceportfolio ebnen.

Bild oben: Projektlogo (Quelle: ifw Jena)


Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung, Pressemitteilung

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