Eine digital gefertigte Treppe, die sich in den zweiten Stock windet. Eine hauchdünne, perforierte Betondecke, die den Schall absorbiert. Boden- und Wandmaterialien aus rezyklierten Abfallstoffen. Mit dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude NEST setzt sich die Empa gemeinsam mit über 150 Partnern aus Forschung, Wirtschaft und der öffentlichen Hand seit über acht Jahren dafür ein, dass neue Technologien und Materialien für ein ressourcenschonendes Bauen soweit entwickelt werden, dass sie den Sprung in den Markt schaffen.
Jüngstes Beispiel dafür ist die Unit «STEP2», die Ende August offiziell eröffnet wurde. Das zweistöckige Gebäudemodul vereint eine Reihe von Innovationen, die allesamt zum Ziel haben, den Material- und Energieverbrauch zu senken und einen kreislaufgerechten Umgang mit unseren Ressourcen zu fördern.
„Für uns als Hauptpartner dient die ‹STEP2›-Unit dazu, unser breites Chemie-Know-how in Zusammenarbeit mit den anderen Partnern in konkrete, neue und nachhaltige Lösungen für den Bausektor einfliessen zu lassen. Wir sind überzeugt davon, dass wahre, marktfähige Innovation nur entstehen kann, wenn Akteure entlang der gesamten Wertschöpfung auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“
Olivier Enger, Senior Innovation Manager, BASF
Das Konzept hinter allen Entwicklungen ist die „integrierte Architekturentwicklung“, bei der schon der der ersten Skizze alle relevanten Akteure an einem Tisch sitzen und von Beginn an mitdiskutieren. Das Resultat sind funktionale und ästhetisch einzigartige Bauinnovationen. Diese vier Technologien und Ideen zeigen, was Leichtbau und Recycling zur Ressourcenschonung beitragen können:
- eine multifunktionale und ressourcenoptimierte Geschossdecke: Als Rippen-Filigrandecke konzipiert, erlaubt sie Spannweiten bis 14 Meter und eignet sich damit besonders für den Büro- und Hochhausbau.
Entwickelt wurde die Decke vom Architekturbüro ROK zusammen mit dem Ingenieurbüro WaltGalmarini und Stahlton. Mit eigens entwickelten digitalen Planungsmethoden und 3D-gedruckten Schalungen für die vorgefertigten Elemente konnten sowohl der Materialaufwand als auch die CO2-Emissionen verglichen mit einer Beton-Flachdecke derselben Spannweite um rund 40 Prozent gesenkt werden. Neben ihrer strukturellen Funktion übernimmt die Decke zusätzlich weitere Aufgaben: Integrierte, 3D-gedruckte Boxen, die mit einem Tonschaum der BASF zur Schallisolation gefüllt sind, sorgen für eine angenehme Raumakustik, trotz schallharter Oberfläche. Ausserdem dient die Decke als thermische Speichermasse, wirkt damit ausgleichend auf die Raumtemperatur und ist ein wichtiger Bestandteil des Energiekonzepts der Unit. - Digital gefertigte Betontreppe: Ins zweite Stockwerk der Unit gelangt man über eine geschwungene Betontreppe mit dem klingenden Namen «Cadenza», die das symbolische Rückgrat des Gebäudes darstellt.
Für die Treppe hat das Team rund um den Lehrstuhl «Digital Building Technologies» der ETH Zürich und das Architekturbüro ROK das volle Potenzial von computergestütztem Design und 3D-Druck ausgeschöpft. Die 17 Treppenstufen wurden mit einer einzigen wiederverwendbaren 3D-gedruckten Schalung gefertigt, die eine komplexe und äusserst materialreduzierte Form erlaubt. Die Vorspanntechnik des Empa-Spin-offs re-fer, die auf einer Formgedächtnislegierung basiert, fixierte die aufeinander gefädelten Stufen. In die Realisierung des auffälligen Bauteils floss zudem die Expertise der ehemaligen BASF-Tochtergesellschaft Forward AM und New Digital Craft im Bereich Material und 3D-Druck der Schalung, sowie des Betonfertigteile-Herstellers SW Umwelttechnik und des Ingenieurbüros WaltGalmarini ein.
Gemeinsam haben sie eine einsatzreife Lösung für individuelle Bauvorhaben entwickelt, die sich nicht nur für massgeschneiderte Betontreppen eignet, sondern generell aufgrund der digitalen Planung und Fertigung zu effizienten und leistungsstarken Designlösungen beiträgt.
- Energiemanagement und Gebäudehülle: Das Ingenieurbüro WaltGalmarini hat für die Unit ein umfassendes Energie- und Behaglichkeitskonzept entwickelt. Die Fassade ist das zentrale Element, wenn es darum geht, das Raumklima zu optimieren und gleichzeitig die Energieeffizienz des Gebäudes zu steigern. Zum Einsatz kommt eine von Aepli Metallbau neu entwickelte Doppelhautfassade mit integrierter Beschattung und kontrollierter natürlicher Lüftung. Die Fassade ist selbst eine Versuchs- und Entwicklungsplattform: Mit wenig Aufwand können in den kommenden Jahren einzelne Module ausgewechselt und dadurch neue Technologien verbaut werden. In einer ersten Phase kommt etwa ein Fensterelement von New Digital Craft mit integrierter, 3D-gedruckter Struktur zum Einsatz, die dem Sonnenverlauf angepasste Beschattung liefert. Dafür brachte BASF im Bereich der digitalen Produktionstechnologien innovative 3D-Druckmaterialien ein, die zudem auch für den Druck der Treppenschalung verwendet wurden.
Der Gründer des jungen Unternehmens New Digital Craft war Interviewpartner als einer der Pioniere der Leichtbauwelt: „Handwerk und 3D-Druck bringen Leichtigkeit auf die Baustelle“
- Nach den Prinzipien des Upcyclings hat BASF gemeinsam mit Partnern Verfahren und Materialien entwickelt, um aus Abfallstoffen leistungsfähige Oberflächenbeläge zu schaffen: Die Kombination bestehender Verarbeitungstechnologien mit neuer Bindemitteltechnologie und (Rest-)Rohstoffen erlaubt es, Holzfaserplatten wie auch Textilreststoff und Kaffeesatz durch thermoplastische Verformung dreidimensional zu gestalten. Damit wurden individuell geformte Wandpaneele für die Unit gefertigt. Die Wandpaneele wie auch die Bodenplatten wurden aus Reststoffen von rezyklierten Denim-Fasern, gebrauchten Pappbechern und Kaffeesatz mit Hilfe eines innovativen Bindemittels und leistungsstarken Beschichtungen hergestellt. Für den Küchenbereich wurde ebenfalls in bekannten Verfahren ein neues Bindemittel eingesetzt, um mit Kaffeesatz langlebige, hochwertige Möbeloberflächen herzustellen. Die Verwendung dieser sonst ungenutzten, erneuerbaren Materialien reduziert nicht nur die Nachfrage nach neuen Rohstoffen, sondern auch den Ausstoss von Treibhausgasen. Auch für den Ausgleich sowie die thermische und akustische Isolation des Unterbodens, einer Hohlboden-Konstruktion, wurden BASF-Materialien verwendet. Dafür kam zum ersten Mal ein spritzbarer, nichtbrennbarer Tonschaum zum Einsatz.
Bild oben: Das NEST als Ursprung ressourceneffizienter Technologien für das Bauwesen mit der Unit «STEP2» als einer realen Innovationsumgebung. (Quelle: Empa, Rok Architekten | Zooey Braun)
Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung
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