
Klimafreundlich hergestellte Gehäuse für Batteriesysteme in E-Autos – das ist das Ziel eines Forschungsprojekts unter der Leitung des Fraunhofer IWU. Die aktuellen Batteriegehäuse mit Strukturen zur Lastverteilung und Temperaturregulierung, Rahmen, Deckeln sowie Bodenplatten bieten nach wie vor Optimierungspotenzial für CO2-einsparende Lösungen.
Im Projekt forschen 15 Partner interdisziplinär an neuen Leichtbau-Konstruktionsprinzipien, Leichtbaumaterialien und -produktionsverfahren. Dabei verfolgen die Partner einen Ansatz, der auch die Kreislauf- und Reparaturfähigkeit, Ressourcen- und Energieeffizienz, sowie Sicherheit und Brandschutz auf Konstruktions- und Materialebene in den Fokus rückt. Wie wir wissen, ist die Reichtweite eines der wichtigsten Argumente beim Kauf eines E-Autos. Je leichter die Gehäuse, umso mehr steigt die Reichweite der Elektroautos, da der Stromverbrauch sinkt.
„Die Energiedichte heutiger Batteriesysteme, auf die Batteriegehäuse wesentlich einzahlen, lässt sich noch deutlich steigern. Durch die Integration von neuen Leichtbauweisen und mehr Funktionen auf kleinerem Bauraum bei weniger Schnittstellen lässt sich Gewicht verringern und zugleich eine CO2-Einsparung von 15 Prozent erreichen. Über die Massereduktion erhöhen wir bei gleicher Batteriezellzahl die Energiedichte und somit die Reichweite. Durch die Ausführung des Gehäusedeckels in Faserverbundbauweise konnten wir dessen Masse um mehr als 60 Prozent reduzieren – verglichen mit der Referenz aus Stahl.“
Rico Schmerler, Projektleiter und Wissenschaftler der Abteilung Batteriesysteme am Fraunhofer IWU
Die Ansatzpunkte für den Leichtbau sind:
- Das Kombinieren von Einzelsystemen im Gehäuse, die bislang thermische und mechanische Aufgaben separat übernommen hatten. Beispielsweise sind Temperierkanäle direkt in Tragstrukturen wie in Querträgern integriert – gießtechnisch hergestellt am Fraunhofer IFAM.
- Die Funktionen Kühleinheit und Unterfahrschutz werden in einer Komponente, der Bodenplatte, verbunden. Ein in die Platte eingebrachter Aluminiumschaum absorbiert die Energie bei Steinschlag oder Unfällen. Im Verbund mit einem Phasenwechselmaterial (PCM) senkt der Aluminiumschaum zusätzlich den Energieaufwand zur Kühlung der Elektrobatterie. Die Bodenplatte wurde vom Fraunhofer IWU und dem Unternehmen FES/AES entwickelt und inklusive Schaum am Fraunhofer IWU gefertigt.
- Ein Fluid durchströmt die Kanäle und temperiert die Zellen nicht nur von unten, sondern auch seitlich. So wird weniger elektrische Energie für die Kühlung der Zellen benötigt und man kann an anderer Stelle im Auto auf Kühlelemente verzichten. Als Referenz und Technologieträger dient den Forschenden die Mercedes-EQS-Batterie.
- Offenporige Schäume ersetzen Pasten. Für eine hohe Leistungsfähige und Lebensdauer der Batterien ist eine optimierte Wärmeabfuhr in Richtung Außengehäuse essentiell. Im Projekt werden die schweren, nicht nachhaltigen Pasten durch umweltfreundliche Wärmeleitstoffe ersetzt. Hierfür metallisiert das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST per Plasmaverfahren offenporige, wiederverwendbare Schäume, die in Form von Matten in die Räume zwischen Batterie und Gehäuse eingelegt werden.
- Der bisherige Gehäusedeckel aus Stahl wurde durch eine neue Faserverbund-Deckelstruktur aus Kohlenstoff und Harz – sogenannte Towpregs – ersetzt, was nicht nur zu einer deutlichen Massereduktion führte, sondern auch zur erneuten Verwendbarkeit des Deckels.
„Wir setzen auf funktionsintegrierte Strukturen. Aufgaben, für die bisher verschiedene Module innerhalb der Batterie zuständig waren, integrieren wir in einem Bauteil – in diesem Fall in der Bodengruppe – und sparen so Bauraum und Schnittstellen. Die Bodenplatten schützen künftig vor Überhitzung und wenden bei Unfällen Beschädigungen des Batteriekerns ab.“
Rico Schmerler, Projektleiter und Wissenschaftler der Abteilung Batteriesysteme am Fraunhofer IWU
Die Ansatzpunkte für Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind:
- Eine biobasierte Flammschutzbeschichtung, entwickelt von Forschenden des Fraunhofer WKI wird an der Unterseite des Gehäusedeckels aufgetragen und verhindert die Ausbreitung von Feuer, das von darunter liegenden Batteriezellen ausgehen kann. Ein Bestandteil der Beschichtung ist das biobasierte Material Lignin, das erdölbasierte Werkstoffe substituiert und nicht brennbar ist.
- Das gesamte System aus Deckel, Rahmen und Bodenplatten wurde so konstruiert, dass es sich bis auf Komponentenebene zerstörungsfrei trennen und demontieren lässt.
- Materialreduktion durch Leichtbau und Design for Repair und Reuse durch wiederverwendbare Werkstoffe tragen zu einem geringeren CO2-Footprint bei.
Die vielfältigen Projektergebnisse sollen später auch auf andere Anwendungen und Branchen übertragen werden, in denen große Batterien zum Einsatz kommen – etwa in Zügen, Flugzeugen und Booten. Die Kühlsysteme ließen sich auf Lebensmittel- und Medizintransporte transferieren, die Brandschutzlösungen auf Gebäude.
(Quelle: Fraunhofer IWU)
Im Verbundprojekt „CO2-einsparende Leichtbaulösungen am Demonstrator Batteriegehäuse der nächsten Generation“ – kurz Coolbat – entwickeln Forschende des Fraunhofer IWU gemeinsam mit Partnern Batteriegehäuse der nächsten Generation für die E-Mobilität. Die zentrale Komponente des E-Autos soll leichter werden und beim Herstellen 15 Prozent weniger Kohlendioxid-Emissionen verursachen. Dazu werden Einzelsystemen kombiniert, Funktionen auf kleinerem Bauraum integriert, neuen Wärmeleitwerkstoffe und biobasierten Flammschutzbeschichtunge entwickelt.
Projektpartner sind der Auto-Entwicklungsring Sachsen FES/AES, Invent, Compositence, iPoint-systems, Tigres, die LXP Group, Basdorf, Lampe & Partner, die Unternehmen MID Solutions sowie Synthopol Chemie Dr. rer. pol. Koch., Trimet Aluminium, Mercedes-Benz sowie das Fraunhofer IFAM, das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST und das Fraunhofer WKI.
Das Projekt wurde 2021 bis 2024 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK im Rahmen des Technologietransfer-Programms Leichtbau (TTP-LB) gefördert und durch den Projektträger Jülich (PTJ) betreut.
Mehr Infos zum Projekt gibt’s auch im Bericht zum Projektstart 2021:
Funktionsintegration: Leichtere Batteriesysteme emittieren 15 Prozent weniger CO2
Quelle und weitere Infos: Pressemitteilung, Plastverarbeiter, Springer Professional, Ingenieur, Konstruktionspraxis
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