Leichtbau ist in diesem Jahr ein, aber nicht DAS Fokusthema der Düsseldorfer Kunststoff-Messe K2019. Dennoch haben viele Aussteller Neues für den Leichtbau im Gepäck. Zu wichtig ist das Thema angesichts neuer werkstofflicher Herausforderungen, die vor allem in der E-Mobilität gebraucht werden.

Diese Herausforderungen betreffen nicht allein faserverstärkte Kunststoffe – vielmehr haben Hochleistungskunststoffe mengenmäßig einen deutlich höheren Marktanteil in der Automobilbranche, den sie rund um Batterie und Co bei den E-Mobilen noch weiter ausbauen können. Die Tatsache, dass die Kunststoffmesse im Gegensatz zur diesjährigen IAA, ausgebucht – und nun auch sehr gut besucht ist – zeigt, welche Bedeutung der Werkstoff trotz angeschlagenem Image für die Industrie hat. Und es zeigt auch, dass der Veranstalter Messe Düsseldorf mit dem Fokusthema Kreislaufwirtschaft ein gutes Gespür für den Trend der Zeit bewiesen hat.

Folgen Sie uns auf einen kleinen Streifzug durch die Messehallen in Düsseldorf und werfen Sie einen Blick auf diese Beispiele für Leichtbaulösungen. Ein Klick auf Halle und Standnummer bringt Sie direkt zum interaktiven Hallenplan der K2019.

Werkstoffe für den Leichtbau

Der Compoundeur Akro-Plastic zeigt gemeinsam mit den Schwestergesellschaften K.D. Feddersen, M.TEC und PolyComp auf der K2019 in Halle 6 / B42, was die Unternehmen der Feddersen-Gruppe rund um das Thema Kunststoffe zu bieten haben – mit dabei auch einiges für den Leichtbau relevante. Das kohlenstofffaserverstärkte Akromid B3 ICF 30 9 AM wird am IKV in Aachen beispielsweise im MDM-Prozess (Melt Deposition Modeling Prozess) eingesetzt. Aus der Akromid-Reihe glasfaserverstärkter Polyamide haben zwei Typen Zulassungen für öffentliche Verkehrsmittel bzw. die Freigabe für die Luftfahrt erhalten. Und um das Potenzial von Metall-Kunststoff-Hybriden voll ausschöpfen zu können, kooperiert Akro-Plastic nun mit Plasmatreat. Denn durch die aufgetragenen Plasmaschicht und der gezielten Modifikation des Kunststoffs zeigen Hybridbauteile bessere Eigenschaften. Erste Ergebnisse sind auf der Kunststoff-Messe zu sehen.

Asahi Kasei machte schon vor der K nicht nur durch neue Werkstoffe für den Leichtbau auf sich aufmerksam – sondern auch durch das fahrtüchtige Elektrokonzeptfahrzeug Akxy, das jetzt auch in Düsseldorf auf dem Stand in Halle 8a / J15 zu sehen ist.

Barlog Plastics zeigt mit den Kebablends Spezialcompounds ein breites Sortiment an neuen Werkstoffen für die Herausforderungen der Mobilität von morgen. Darunter fallen wärmeleitfähige Kunststoffe für das Thermomanagement von Batterien in Elektrofahrzeugen oder weichmagnetische Spritzgusswerkstoffe zur Magnetflussführung, z.B. für die kontaktlose Energieübertragung. Außerdem stellt das Unternehmen in Halle 6 / D76 neue Compounds für die elektromagnetische Abschirmung sowie ein breites Spektrum an Leichtbau-Materialien als Metallersatz vor. Teil des Portfolios sind unter anderem auch magnetische Compounds zur Realisierung besonders leichter Elektromotoren.

SMC für leichten Elektromotor

Ein großes Portfolio für den Leichtbau zeigt die BASF (Halle 5 / C21 – D21). Darunter einen Ultramid Partikelschaum aus einer Kombination verschiedener Polyamid 6 Typen. Er besitzt eine hohe Temperaturbeständigkeit, Steifigkeit und Festigkeit sowie Chemikalienbeständigkeit. Die geschlossenzellige Schaumstruktur bietet zudem eine gute Druckbeständigkeit. Ein Highlight ist das Reisemobil Vision Venture. Das von BASF und Hymer gemeinsam entwickelte Konzept-Fahrzeug ist ein seriennaher Ausblick auf die Zukunft des Reisemobils. Die Materialien eröffnen neue Freiheiten bei Leichtbau, Autarkie, Reiseerlebnis und Design. Mehr als 20 Hochleistungskunststoffe ermöglichen Weltneuheiten wie ein aufblasbares Dachzelt oder leichtgewichtige Natursteinverkleidungen. Slentite und Slentex sind eine neue Generation energieeffizienter Wärmedämmstoffe auf Aerogelbasis mit besonderen Materialeigenschaften. Neben dem Reisemobil zeigt das Unternehmen auch Anwendungsbeispiele in Carbonbeton-Fassadenelementen. Außerdem zeigt das Unternehmen den E-TPU Partikelschaumstoff Infinergy in Form von Mini-Beads. Diese ermöglichen dank verbessertem Formfüllverhalten schlankere Bauteilgeometrien.

Mit einem neuen Additiv für thermoplastische Materialien will BYK die Entwicklung von Fahrzeugkonzepten für den Leichtbau unterstützen. In Halle 5 / E17 präsentiert das Unternehmen BYK-MAX CT 4270. Das Additiv sorgt für eine effiziente Verstärkung von thermoplastischen Leichtbau-Verbundmaterialien. Basierend auf einem organomodifizierten Phyllosilikat und wurde als funktionaler Füllstoff entwickelt, der Talkum, Glasfasern oder andere traditionelle Mineralien in thermoplastischen Automobilteilen ersetzen kann.

Weniger Gewicht und Material sind auch das Ziel der Hydrocerol Chemical Foaming Agents (CFAs) aus den Masterbatches von Clariant in Halle 8a / J11. Die resultierenden feineren und langlebigeren Schaumstoffzellenstrukturen ermöglichen es, das Teilegewicht der Verpackung zu reduzieren – ohne wesentliche Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften.

Den Innenraum künftiger Automobile weiter gedacht hat Covestro und zeigt als Ergebnis partnerschaftlicher Entwicklungsarbeit eine flexible, leichtgewichtige Tischkonstruktion, die auf neue Nutzungsgewohnheiten im autonomen Fahrzeug zugeschnitten ist. Der in Halle 6 / A75-1 – A75-3 gezeigte Prototyp besteht aus Maezio Verbundwerkstoff und überzeugt durch dünnwandige Konstruktion, Ästhetik und Stabilität. Der Tisch kann faltbar gestaltet werden, so dass er zwischen den Rücksitzen verstaut werden kann und dadurch Platz spart. Eine unidirektionale Carbonfaseroptik und hochwertige Oberfläche sind die besonderen Merkmale des endlosfaserverstärkten thermoplastischen Verbundwerkstoffe auf Polycarbonat-Basis. Auf der K2019 sind Felgeneinsätze aus dem Werkstoff zu sehen, das Material kann aber auch in der Elektronik-Branchen eingesetzt werden.

CFRTP reduziert den CO2-Fußabdruck

Die Carbon Truck & Trailer GmbH (CarbonTT) in Stade beschäftigt sich mit der Konstruktion von Nutzfahrzeug-Chassis aus carbonfaserverstärkten Verbundwerkstoffen. Ein solches Bauteil aus Verbundwerkstoff zeigt Covestro ebenfalls am Messestand. Es wurde kontinuierlich unter Verwendung des Pultrusionsverfahrens aus einem Baydur PUL Polyurethan (PU)-Matrixsystem produziert.

Über die leichten Sandwichmaterialien von Econcore haben wir auf Leichtbauwelt schon vielfach berichtet. Sie sind in Halle 8a / C37 zu sehen.

Keine Neuheit – aber immer wieder neue Anwendungen findet das Polycarbonat von Evonik (Halle 6 / B28): Trogamid. Aufgrund seiner hohen Erweichungstemperatur und seiner Duktilität habe sich die Variante Trogamid HT als Schlagzähmodifikator für Epoxidharze in Verbundanwendungen innerhalb der Flugzeugindustrie bewährt. Durch den Einsatz in gängigen Matrixen würden Ermüdungsverhalten und Crash-Beständigkeit deutlich verbessert sowie typische Defekte wie Mikrorisse zuverlässig vermieden.

Lanxess konzentriert sich eigenen Angaben zufolge beim Thema Leichtbau auf die Hohlprofil-Hybridtechnik und die Thermoplast-Composites der Marke Tepex. In Halle 6 / C76 – C78 zeigt das Unternehmen aber auch Weiterentwicklungen der Durethan-Palette: ein hochtemperaturbeständiges blasformbares PA 6.6, sowie neue Hochtemperatur-Varianten der hydrolysestabilisierten PBT-Compound Reihe Pocan.

Lehmann & Voss zeigt Hochleistungscompounds für den Metallersatz im Automobilbau: Luvocom 25 basiert auf ForTii Ace, einer Hochtemperatur-Variante aus PPA des Polymerherstellers DSM. ein erster Anwendungsbereich sind Vollkunststoff-Getriebeschaltgabeln. Um deren Entwicklung in der ganzen Automobillieferkette voranzutreiben, wurde eine Kooperation zwischen DSM, CarNaTrix, eine Firma der KOKI Technik Transmission Systems GmbH, gegründet. Im Rahmen dieser Partnerschaft werden Materialien und Bauteilkonstruktionen entwickelt und optimiert, um neue neue Systeme im Getriebebereich zu ermöglichen. Ein Ergebnis dieser Kooperation wird auf dem Messestand Halle 8a / G33 an einem funktionsfähigen Demonstrators präsentiert. Luvotech 3-50154 ist ein Ergebnis einer weiteren Entwicklungskooperation und ein Compound, das spezielle für großvolumige Spritzgussteile im Automobilbau entwickelt wurde. Basierend auf dieser Technologie eröffnen andere Materialklassen, z.B. auf Basis PA66 und PPA, weitere Möglichkeiten für den Metallersatz und Leichtbau, so das Unternehmen.

Prozesstechnologie für den Leichtbau

Die Demoteile, die neue Entwicklungen für Pkw-Türmodule im Organomelt Verfahren zeigen, stellen für Engel Austria in Düsseldorf den nächsten Entwicklungsschritt im thermoplastbasierten Composite-Leichtbau der Großserie dar. Die Fertigungszelle in Halle 15 / B42 – C58 ist, so das Unternehmen, die weltweit erste, die drei unterschiedlich dicke Organobleche durch IR-Strahlung aufheizt, umformt und im selben Prozessschritt im Spritzguss eine hochwertige Sichtoberfläche ausformt.

Die Werkzeuge der Hexacut-Serie 068Eco, 067Eco und 066ECO sind einige der Messeneuheiten aus dem Composit-Bereich, die Hufschmied in Halle 3 / A93 präsentiert. Mit neuer Fräsergeometrie und einer Diamantbeschichtung erreichen diese laufruhigen Werkzeuge besonders hohe Standzeiten bei der Zerspanung von CFK/NE-Leichtmetall-Kombimaterialien. Die präzise und praktisch nachbearbeitungsfreie Zerspanung mit HEXACUT® Eco-Fräswerkzeugen demonstriert ein hochinteressantes Werkstück am eigenen Messestand: der Prototyp einer im HP-RTM-Verfahren hergestellten Kfz-Blattfeder auf Glasfaserbasis, der als Gemeinschaftsprojekt mit Krauss-Maffei entstand. Am Stand dieses Partners werden außerdem Glasfasermatten mit Hufschmied-Ultraschallklingen beschnitten.

Krauss Maffei stellt in Halle 15 / C24 – C27 die Automatic Film Insert (AFI)-Technologie für effizientes Schäumen ohne Trennmittel auf der K2019 vor. Eine dünne Folie wird dazu automatisch und faltenfrei in die obere und untere Hälfte einer Schäumform eingebracht. Die Technologie arbeitet materialsparend, schnell und präzise und macht so die Produktion von PUR-Bauteilen ein Stück weit effizienter. Außerdem ist am Stand eine Blattfeder aus GFK zu sehen, die etwa 60% leichter ist als ihr Pendant aus Metall. Chomarat hat die zugehörige Glasfaserverstärkung entwickelt, die für die Massenproduktion von Automobilteilen geeignet ist. Ihre Festigkeit kann bei Bedarf abschnittsweise erhöht werden.

Forschung für den Leichtbau

Carbonfasern werden aus polymeren faserförmigen Vorläufermaterialien hergestellt, den Präkursoren. Gegenwärtig basieren 95 Prozent der Carbonfasern auf dem Weltmarkt aus erdölbasiertem Polyacrylnitril (PAN) als Präkursor. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP hat nun Präkursoren aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelt. Dank eines neuen Ofens, der Temperaturen bis 2.900 °C erzeugt, konnten die Forscher biobasierte Carbonfasern herstellen, deren Eigenschaften teilweise die von herkömmlichen PAN-basierten Carbonfasern erreichen. Infos dazu gibt es beim Fraunhofer IAP auf der K2019 in Halle 7 / SC01

Durch neue Bauweisen und den intelligenten Einsatz von Faserverbundwerkstoffen ist es Wissenschaftlern des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) der TU Dresden gelungen, eine mobile Spritzgießtechnologie zu entwickeln. Diese mobilen Spritzeinheiten eignen sich, um hybride Bauteilstrukturen aus flächigen Metall- oder Faserkunststoffverbund-Halbzeugen mit zusätzlichen Funktionselementen aus Kunststoff zu versehen. Das Institut präsentiert seine Entwicklungen in Halle Halle 7 / SC08

Recycling wird zur Herausforderung

Dieser kleine Rundgang durch die Hallen der K-Messe zeigt vor allem die Flexibilität des Materials Kunststoff. Doch eigentlich ist es nicht mehr nur noch „ein“ Material. Es ist vielmehr eine Werkstoffklasse. Denn die für den Anwendungsfall so zielgenau zu erreichenden Eigenschaften sind nicht ohne Additive, Füllstoffe und verstärkende Fasern möglich. Umso wichtiger ist es, für ein späteres Recycling die Kunststoffe so sortenrein wie nur irgendmöglich wieder zu verwerten.

Viele weitere News zum Thema Leichtbau, ob aus Forschung, Rohstoffentwicklung oder Prozesstechnologie gibt’s hier: K2019

Bild oben: Ihr komplettes Leistungsspektrum zeigt die Kunststoffbranche auf der K 2019 vom 16. bis 23. Oktober in Düsseldorf. 3.330 internationale Aussteller stellen ihre neuesten Entwicklungen vor. Die Netto-Ausstellungsfläche liegt bei 178.000 m2, das Düsseldorfer Messegelände mit allen 19 Hallen ist komplett ausgebucht. (Quelle: Messe Düsseldorf | ctillmann)


Christine Koblmiller

Autor: Christine Koblmiller, Redakteurin, Gründerin, Fachjournalistin aus Leidenschaft

Mit dem Metamagazin Leichtbauwelt.de hat sie 2018 den Schritt in die Selbständigkeit gewagt und mit Leichtbauwelt ein neues Medienformat geschaffen.
Christine Koblmiller ist seit 1995 Redakteurin für technische B2B-Fachzeitschriften. Für diese Fachmagazine der SVHFI (Süddeutscher Verlag Hüthig Fachinformation) hat sie als eBusiness-Projektmanager Industrie den Online-Bereich maßgeblich mitgestaltet und schon 2001 crossmediale Angebote eingeführt. Mehr über Christine Koblmiller unter Conkomm, auf Xing oder LinkedIn.

„Leichtbau fasziniert und begeistert Techniker. Ich bin überzeugt davon, dass der Markt für ein Angebot wie Leichtbauwelt.de reif ist.“

 

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